Mit einem Bagger werden Trümmer beseitigt.  (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)

Nach der Hochwasserkatastrophe

Kreis Ahrweiler beziffert Flutschäden auf mehr als 3,7 Milliarden

Stand

Nach der Hochwasserkatastrophe im Juli hat der stark zerstörte Kreis Ahrweiler eine erste geschätzte Schadenssumme genannt. Die Rede ist von mehr als 3,7 Milliarden Euro - alleine bei kommunalen Einrichtungen.

Das teilte die Kreisverwaltung rund dreieinhalb Wochen nach der Katastrophe am Samstag in Bad Neuenahr-Ahrweiler mit. Am Dienstag wird sich die Ministerpräsidentenkonferenz unter anderem mit der Wiederaufbauhilfe für die betroffenen Regionen in Rheinland-Pfalz beschäftigen.

Nach wie vor großer Räumungsbedarf

Die geschätzten und vorläufigen milliardenschweren Kosten der Kommunen im Ahrkreis betreffen nach Kreisangaben unter anderem Teile der Infrastruktur, Schulen, Kindertagesstätten und Sportanlagen. Der Aufbaustab des Landes Rheinland-Pfalz hatte im Vorfeld der Ministerpräsidentenkonferenz betroffene Städte und Kreise um eine Meldung der Schadenshöhe gebeten.

Zweistelliger Milliardenbetrag wohl nötig für Wiederaufbau

Die Mainzer Staatskanzlei teilte auf Anfrage mit, insgesamt sei die Schadensschätzung noch nicht abgeschlossen. Es sei absehbar, dass das Ausmaß der Zerstörungen noch gewaltiger sei als nach der Oder-Flut, teilte Regierungssprecherin Andrea Bähner mit. Es könne davon ausgegangen werden, dass es nötig sein werde, einen zweistelligen Milliardenbetrag für einen Wiederaufbaufonds zur Verfügung zu stellen.

Abseits der Schadensermittlung laufen die Aufräumarbeiten weiter. Tausende Einsatzkräfte und Helfer haben unzählige Lastwagen mit Müll und Unrat abtransportiert, Häuser entkernt, Bürger versorgt und die Strom- und Trinkwasserversorgung in Teilen wieder hergestellt. Dennoch stehen die rund 42.000 betroffenen Bürger noch ganz am Anfang - der Wiederaufbau wird Jahre dauern, sind sich Experten und Politiker sicher.

"Es geht weiterhin darum, zu räumen, Ölentsorgung und die Lage bei der Bevölkerung zu stabilisieren", sagte der Leiter des Krisenstabes des Landes für das Ahrtal, Thomas Linnertz. Und meint damit auch: Versorgung mit Essen, Unterkunft, Kraftstoff und Kleidung. Prekär sei die Lage immer noch in der Verbandsgemeinde Altenahr. "Dort hat es die größten Zerstörungen gegeben an den privaten Häusern, aber auch an der Infrastruktur", sagte Linnertz.

Stromversorgung in Altenahr teils wiederhergestellt

In Altenahr ist laut Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) die Stromversorgung zumindest teils wiederhergestellt, nach wie vor funktionierten viele Hausanschlüsse aber nicht. In Bad Neuenahr-Ahrweiler ist laut ADD weiter kein Trinkwasser aus dem Leitungsnetz verfügbar. Rund 90 Prozent der Haushalte würden mit Brauchwasser versorgt, das abgekocht werden müsse.

Die Wegesituation verbessere sich aber stetig. In Bad Neuenahr-Ahrweiler ist bereits vom Technischen Hilfswerk (THW) eine Behelfsbrücke gebaut worden, fünf weitere im Ahrtal hat das THW in der Planung. Hinzu kommen mehrere Ersatzbrücken, die federführend von der Bundeswehr errichtet werden.

Vom Hochwasser zerstörte Straßen: "Da herrscht Chaos"

Neben 60 Brücken, die bei dem verheerenden Hochwasser kaputtgegangen sind, sind zahlreiche Straßen zerstört worden. Viele sind noch gesperrt. "Da herrscht noch Chaos", sagte die Sprecherin des Landesbetriebs Mobilität Rheinland-Pfalz in Koblenz. Man sei noch bei der Schadensaufnahme, neu gebaut werde noch nicht. Es könne sein, dass manche Straßen nach dem Aufräumen, wenn sie nicht beschädigt seien, freigegeben würden.

Laut Krisenstab sind im Kreis Ahrweiler bereits gut 60 Hausarztpraxen wieder geöffnet. Knapp 20 Praxen seien aber noch nicht am Start, arbeiteten aber daran, teilte eine Sprecherin des Krisenstabs mit. Die medizinische Versorgung sei auf jeden Fall gewährleistet. Bereits geöffnet seien auch 14 Apotheken, hinzu kommen laut Sprecherin sechs Zahnarztpraxen. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) betreibt außerdem drei mobile Arztpraxen in Ahrweiler, Kalenborn und Rech. Das Krankenhaus in Bad Neuenahr-Ahrweiler sei derzeit noch in einem Notbetrieb, plane aber von Mitte des Monats an eine Normalisierung des Betriebs, hieß es vom Krisenstab.

Ahrweiler, Antweiler, Altenahr, Schuld, Insul, Bad Neuenahr-Ahrweiler

SWR-Datenanalyse zur Flutkatastrophe an der Ahr Noch ein Vermisster - Aktuelle Daten und Fakten

Mehr als 130 Tote, Tausende sind obdachlos. Hunderte Gebäude sind weggerissen. Satellitenbilder zeigen annähernd, wie groß die Zerstörung an der Ahr ist. Eine SWR-Datenanalyse.

Mehr als drei Wochen nach Hochwasser immer noch Vermisste

Am 14. und 15. Juli hatte extremer Starkregen an der Ahr eine Flutwelle ausgelöst und weite Teile des Tals unter Wasser gesetzt und zerstört. Rund 42.000 Menschen sind von den Folgen betroffen. Die Zahl der Todesopfer durch das Hochwasser liegt im Land weiter bei 142. 141 davon starben im Ahrtal. Weit über 700 Menschen wurden verletzt, 16 Personen werden immer noch vermisst. Es sind über 4.000 Kräfte von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk (THW), Polizei, Bundeswehr und anderen Hilfsorganisationen im Einsatz.

Aktuelle Berichte, Videos und Reportagen Dossier: Leben nach der Flutkatastrophe

Die Flutkatastrophe an der Ahr und in der Region Trier liegt fast drei Jahre zurück. Manches ist repariert oder wiederaufgebaut, doch vieles noch lange nicht geheilt. Das ist der aktuelle Stand.

Rheinland-Pfalz

Wiederaufbau im Ahrtal Nach der Flut: Wissenswertes und Hilfsangebote für Anwohner

Nach der Flutkatastrophe in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli ist der Wiederaufbau der Infrastruktur in vollem Gange. Die Herausforderungen und Aufgaben sind dabei vielfältig.

Koblenz

Mögliche Versäumnisse der Behörden Staatsanwaltschaft hat schon 25 Hinweise zur Flutkatastrophe

Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat eine Mail-Adresse für die Sammlung von Hinweisen zur Flutkatastrophe an der Ahr eingerichtet. Sie wird auch genutzt.

Landkreis Ahrweiler

Staatsanwaltschaft informiert über Verfahren Nach Flutkatastrophe im Ahrtal: Ermittlungen gegen Landrat

Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat nach der Flutkatastrophe im Ahrtal Ermittlungen gegen Landrat Pföhler aufgenommen. Es geht um den Verdacht der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung durch Unterlassen.

SWR Aktuell Rheinland-Pfalz SWR Fernsehen RP

Stand
AUTOR/IN
SWR