Ein Notarzt des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) berichtete, dass es in Deutschland sehr schwierig sei, nachts Rettungshubschrauber mit Seilwinde zu organisieren. Die Ausstattung damit sei schlecht. Solche Einsätze in der Nacht und bei schlechten Wetterverhältnissen seien zudem gefährlich, unter anderem wegen Stromkabeln. "Das nachts zu machen ist ein Stück weit eine Illusion", so der Notarzt.
Nach der Flutkatastrophe hatte es Kritik gegeben, dass die rheinland-pfälzische Polizei nicht über Rettungshubschrauber mit Winde zur Luftrettung verfügt. Am Flutabend hatten die Behörden unter anderem einen solchen Hubschrauber in Hessen angefordert, der auch mehrere Menschen rettete, bis er wegen der Dunkelheit den Einsatz abbrechen musste.
Später Hubschraubereinsatz wirft Fragen auf Flutkatastrophe: Warum flog die Bundeswehr erst am nächsten Tag?
Während der Flut im Ahrtal war der Bedarf an Hubschraubern mit Seilwinden groß. Nach SWR-Recherchen hat die Bundeswehr einen solchen Hubschrauber ganz in der Nähe stationiert. Zum Einsatz kam er aber erst am nächsten Morgen.
DRK-Notarzt lobt Unterstützung durch Ex-Minister Lewentz
Der DRK-Notarzt lobte den unkomplizierten Austausch mit dem damaligen Innenminister Roger Lewentz (SPD) nach der Flutnacht vom 14. auf den 15. Juli 2021. Der Minister habe ihm angeboten, sich regelmäßig mit ihm auszutauschen. Lewentz habe ihm in den Tagen nach der Katastrophe geholfen, Rettungshubschrauber für den Einsatz zu organisieren. Vieles habe damals nur über kurze Wege funktioniert. "Deshalb habe ich auch den Minister kontaktiert", berichtete der Notarzt.
"Unbürokratischer Austausch mit ADD-Einsatzleitung war kaum möglich"
Der Notarzt und ein weiterer DRK-Mitarbeiter kritisierten bei ihren Zeugenaussagen im U-Ausschuss dagegen die Kommunikation mit der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD). Nachdem die Behörde die Einsatzleitung im Ahrtal übernommen hatte, sei ein unbürokratischer Austausch damals schwierig gewesen. Vieles lief den Angaben zufolge dann über E-Mail-Verkehr. Zudem seien E-Mails von der ADD-Einsatzleitung erst Tage später beantwortet worden.
Management bei Rettungseinsätzen im Fokus
In einer früheren Sitzung des Untersuchungsausschusses hatten sich mehrere Bürgermeister über die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion beschwert. Die ADD habe in den Tagen nach der Flut zu wenig unterstützt. Die Landesbehörde hatte damals von den betroffenen Kreisen die Einsatzleitung übernommen. Die Hilfe sei unkoordiniert und am tatsächlichen Bedarf vorbei geleistet worden, kritisierten sie.
Zeugenbefragung im U-Ausschuss Campingplatzbetreiber: Keine Hilfe von Behörden in RLP nach der Flut
Im Untersuchungsausschuss des Landtags zur Ahr-Flut haben am Freitag vor allem die betroffenen Campingplätze im Mittelpunkt gestanden. Zeugen bemängelten fehlende Unterstützung durch die Behörden.
Gutachten zum Krisenmanagement der ADD beschlossen
Der Untersuchungsausschuss beschloss aufgrund der Schilderungen der Zeugen, ein Gutachten zum Krisenmanagement der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) erstellen zu lassen. Dabei geht es um Maßnahmen der Behörde in den ersten drei Wochen nach der Flutnacht vom 14. zum 15. Juli 2021, wie der Ausschussvorsitzende Martin Haller (SPD) am Freitag nach einer nichtöffentlichen Sitzung in Mainz mitteilte.
Grundlage für das Gutachten sollen auch Zeugenbefragungen sein, die für den 20. Januar kommenden Jahres im Untersuchungsausschuss geplant sind. Dazu sollen neben anderen ADD-Präsident Thomas Linnertz, der Leiter des ADD-Referats Brand- und Katastrophenschutz, Heinz Wolschendorf, und die ehemalige ADD-Vizepräsidentin Begoña Hermann geladen werden. Das Gutachten werde dann als Grundlage für die weitere Beweisaufnahme dienen, sagte Haller. Diese soll dazu am 24. März fortgesetzt werden, wenn das Gutachten vorliegt.
Befragung der Staatsanwaltschaft zur Ahrtal-Flut ist verschoben
Ursprünglich sollten am Freitag auch zwei Oberstaatsanwälte aus Koblenz gehört werden. Ihre Befragung wurde aber auf Anfang nächsten Jahres verschoben. Die Oberstaatsanwälte ermitteln gegen den ehemaligen Landrat des Kreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler (CDU) und dessen ehrenamtlichen Einsatzleiter. Gegen Pföhler besteht der Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung, weil er nicht rechtzeitig gewarnt und evakuiert haben soll. Pföhler hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. Der Untersuchungsausschuss will über den Stand der Ermittlungen informiert werden.
In dem Ermittlungsverfahren geht es auch um den Tod von zwölf Bewohnerinnen und Bewohnern des Lebenshilfehauses in Sinzig, die in der Flut ums Leben kamen. Ihre Betreuer hatten nicht genug Zeit, alle rechtzeitig ins sichere Obergeschoss des Gebäudes zu bringen.
Die Lage nach der Flutkatastrophe Weitere vier Millionen für Personalkampagne an der Ahr
In den von der Flutkatastrophe zerstörten Regionen in Rheinland-Pfalz läuft der Wiederaufbau. Viel ist geschafft, viel ist noch zu tun. Hier die aktuelle Lage.
Der Untersuchungsausschuss soll klären, welche Versäumnisse es bei der Flutkatastrophe gab und wer dafür verantwortlich ist. Die Flut hatte in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 für verheerende Zerstörungen gesorgt, 135 Menschen starben alleine in Rheinland-Pfalz.