Mit dem Mahnmal vor dem Jüdischen Friedhof in Kusterdingen-Wankheim (Kreis Tübingen) beginnt dort ein neues Kapitel der Erinnerungskultur. Es erinnert an 56 Menschen, die von den Nazis getötet wurden. Auf dem Jüdischen Friedhof gibt es bereits einen Gedenkstein mit 14 Namen, der kurz nach dem zweiten Weltkrieg entstand. Der Förderverein für jüdische Kultur in Tübingen arbeitet an der Erhaltung der Anlage.
Recherchen in internationalen Archiven
Die Informationen über die jüdischen Opfer mit Bezug zu Tübingen und Wankheim sind in Aluminiumseiten eingebrannt und online jederzeit abrufbar. Am Montag wurde das Mahnmal offiziell eingeweiht. Damit soll an das Anliegen des Shoah-Überlebenden Viktor Marx angeknüpft werden. Die 14 Namen auf dem Gedenkstein, den er errichten ließ, stehen auch im neuen Gedenkbuch. In das Ringbuch können Lebensgeschichten von weiteren Opfern des Holocaust in Zukunft einfach aufgenommen werden.

Nach Angaben des Landratsamts hat das Kreisarchiv Tübingen in nationalen und internationalen Archiven für das neue Gedenkbuch recherchiert. Den Lebensgeschichten sind jeweils etwa 20 Anmerkungen beigefügt. Kreisarchivar Wolfgang Sannwald sind die Quellenbelege ein großes Anliegen:
Wir haben uns wirklich immer bemüht, alles sauber exakt zu belegen, damit es überhaupt keine Frage darüber gibt. Gab es den Holocaust wirklich oder nicht? Das sind die Schicksale, das sind die Menschen, die das erleben mussten.
Der Münsinger Künstler Jochen Meyder hat das Gedenkbuch aus Aluminium entworfen. Es ist umgeben von Metallplatten, die mehr als zwei Meter hoch sind. Es liegt dort aus, wie auf einem Pult.

Jüdischer Friedhof wird erhalten, nicht restauriert
Im Jahr 1941 fand die letzte Beisetzung auf dem Jüdischen Friedhof statt. Der Förderverein für jüdische Kultur in Tübingen hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Gedenkstätte zu erhalten. Dabei geht es ausdrücklich um eine Konservierung statt um eine Restaurierung, erzählte der stellvertretende Vorsitzende dem SWR:
Es wird nichts restauriert, es wird erhalten, was jetzt da ist. Was jetzt verloren ist, ist verloren und man versucht es so zu halten, dass es weiterhin lesbar ist - wenigstens in dem Zustand, wie es heute ist.
Zum jüdischen Verständnis von Gedenken gehört laut Karl, dass das sichtbar Vergehende dazu gehört. Bis Ende des Jahres will der Verein mit den Arbeiten auf dem Jüdischen Friedhof in Wankheim fertig sein. Die Erinnerung an die ehemalige jüdische Gemeinde im Kusterdinger Ortsteil soll so noch lange bleiben. Das Gedenkbuch bietet dazu seit Montag eine weitere Gelegenheit.