In Nagold (Kreis Calw) ist eine Frau im falschen Doppelgrab auf dem städtischen Friedhof beerdigt worden. Nach wie vor gibt es bei der Suche nach einer Lösung keine Einigung zwischen der Stadt Nagold und den Angehörigen.
Evren beendet Zusammenarbeit mit Rechtsanwalt
Nach der Beerdigung hatte sich Meryem Üge Evren an einen Rechtsanwalt aus Herrenberg (Landkreis Böblingen) gewandt. Der Vorschlag der Stadt, ihren Mann umzubetten, sei für sie nicht nachvollziehbar. "Ich fühle mich machtlos und ohnmächtig", sagt Evren. "Mein Mann liegt nicht im falschen Grab, ich habe keinen Fehler gemacht."
Evren habe zuletzt das Vertrauen in die Arbeit des Anwalts wegen Befangenheit verloren und die Zusammenarbeit mit ihm beendet, so erklärte sie dem SWR. Sie sei nun auf der Suche nach einem neuen Rechtsbeistand. Ihr Anwalt war für eine Stellungnahme bisher nicht zu erreichen.
Was war passiert?
Im Februar ist irrtürmlich eine andere Frau in der eigentlich für Evren reservierten Doppelgrabhälfte bestattet worden - neben dem Ehemann. Er verstarb im vergangenen Jahr.
Als die 50-Jährige während der Beerdigungszeremonie die Totengräber darauf ansprach und auf die Verwechslung aufmerksam machte mit: "Stopp, stopp! Das ist mein Grab!", sei sie nicht ernst genommen worden. Stattdessen sei Evren gebeten worden zu gehen. "Die hielten mich für eine Verrückte", erzählte Evren dem SWR.
Grab nebeneinander war letzter Wille des Ehemanns
Evren kannte die Verstorbene, die jetzt in dem Doppelgrab liegt. Das Schicksal ihres Ehemanns und das der toten Frau brachte sie zusammen: "Wir haben uns im Klinikum Tübingen kennengelernt, als mein Mann wegen der Krebserkrankung behandelt wurde."
Ein Grab nebeneinander sei der letzte Wille ihres Mannes gewesen, bevor dieser an der Krebserkrankung starb, so Evren. Für das Doppelgrab auf dem Friedhof habe sie rund 6.000 Euro bezahlt, um eines Tages neben ihrem Mann bestattet zu werden. Eine Urkunde der Nagolder Friedhofsverwaltung, die dem SWR vorliegt, bestätigt diese Angaben. Damit hat sie das Nutzungsrecht für das Doppelgrab - das heißt: Dritte dürfen dieses nicht nutzen.
Wie ist die Rechtslage?
Die Angehörigen der toten Frau zeigten sich im persönlichen Gespräch mit Evren zwar verständnisvoll, so die 50-Jährige, doch dem Wunsch, die Verstorbene in ein anderes Grab umzubetten, möchten sie nicht nachkommen, hieß es. Das störe die Totenruhe. Auch die Stadt Nagold beruft sich auf die geltende Rechtslage.
Evren habe laut Grabnutzungsrecht gegenüber der Stadt einen Anspruch darauf, dass die Verstorbene aus ihrem Grab umgebettet wird. Nach Angaben von Experten könne eine Umbettung nach Paragraph 41 Landesbestattungsgesetz erfolgen.
Laut dem Gesetz dürfen Verstorbene "nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde ausgegraben werden." Bei der Behörde handelt es sich um die Stadt Nagold. Die Störung der Totenruhe ist demzufolge nicht betroffen.
Oberbürgermeister entschuldigt sich für Fehler
Dem Friedhofsamt Nagold unterlief offenbar eine Verwechslung. Nagolder Oberbürgermeister Jürgen Großmann (CDU) hat sich für den Fehler inzwischen entschuldigt. Die Stadt bemühe sich seither um eine Einigung aller Beteiilgten.
Stadt bietet Umbettung des Ehemanns an
Die Stadt hält an ihrem Vergleichsvorschlag fest: Die Umbettung von Evrens Ehemann in ein neues Doppelgrab. Die Kosten für das aktuelle Grab würden Evren erstattet werden.
Die Stadt warte auf eine Antwort des Anwalts von Evren zum genannten Vorschlag. "Bei allem berechtigten Unmut und Ärger, gilt es aber auch die Pietät zu wahren", so Nagolds OB Großmann.