Ein Mann drückt mit Kraft gegen einen hellgrauen Grabstein auf einem Friedhof in Aalen, im Hintergrund Bäume, Gräber und Wiese. (Foto: SWR, Frank Polifke)

Prüfung zur Standsicherheit

Warum auf Friedhöfen in Aalen an Grabsteinen gerüttelt wird

Stand
AUTOR/IN
Frank Polifke
Frank Polifke (Foto: SWR, SWR - Alexander Kluge)
ONLINEFASSUNG
Christine Janke
SWR Aktuell Autorin Christine Janke (Foto: SWR)

In Aalen sind alle 7.000 Grabmale auf den Friedhöfen überprüft worden. An jeden einzelnen wurde Hand angelegt, um seine Standsicherheit zu überprüfen. Wichtig ist dabei ein kleines Gerät.

Wie standsicher sind eigentlich noch die Grabsteine auf den Friedhöfen Aalens (Ostalbkreis)? Um das zu klären, hat die Stadt einen externen, zertifizierten Bauwerksprüfer eingesetzt. Er und sein Assistent haben jedes einzelne der rund 7.000 Grabmale überprüft. Dafür haben sie zwei Tage gebraucht. 74 Grabmale wurden beanstandet - das sei ein gängiger Anteil von einem bis zwei Prozent, so Bauwerksprüfer Ingo Beuker.

Kipp-Tester für Prüfung der Grabmale auf Aalener Friedhöfen

Um herauszufinden, ob ein Grabstein noch sicher steht, braucht der Prüfingenieur auch eigene Muskelkraft. Trotz eines kleinen Vermessungsgeräts - eines Kipp-Testers: ein Rohr, etwa so lang wie ein Fernglas, links und rechts zwei fahrradähnliche Griffe. Der Kipp-Tester funktioniert mit schierer Körperkraft: Beuker drückt ihn gegen den Grabstein, manchmal mit Unterstützung des Unterleibs.

Ein etwa handlanges, zylinderförmiges Gerät wird von zwei Händen an einen Grabstein gehalten. Mit einem sogenannten Kipp-Tester wird auf Friedhöfen in Aalen überprüft, ob ein Grabstein noch standsicher ist. (Foto: SWR, Frank Polifke)
300 Newtonmeter - diese Kraft muss ein Grabstein ohne zu wackeln aushalten. Für die Überprüfung der Standsicherheit der Grabmäler auf den Friedhöfen in Aalen wird ein sogenannter Kipp-Tester angesetzt.

Leuchtendgelbe Warnhinweise für Wackelkandidaten

Die meisten der rund 7.000 Grabmale auf den elf Friedhöfen Aalens lassen sich von der Rüttelei durch das Gerät nicht beeindrucken. 74 allerdings wackeln, einer sogar direkt bei der ersten Berührung. Für diesen braucht es auch keinen Kipp-Tester mehr. Ein solcher Stein ist allerdings eine seltene Ausnahme.

An die Wackelkandidaten werden leuchtendgelbe Hinweise geheftet mit der Aufschrift "Vorsicht, Unfallgefahr!" und Informationen darüber, was der "Nutzungsberechtigte" des Grabes nun zu tun hat: nämlich "unverzüglich", das heißt innerhalb von vier Wochen, einen Steinmetz zu informieren, der das Grabmal wieder standfest macht. Bei besonders wackeligen Steinen sogar innerhalb von zwei Wochen.

Externe Prüfung für die Unabhängigkeit

Ingo Beuker und sein Assistent sind aus dem niedersächsischen Nordhorn auf die Ostalb gekommen. Manche Kommunen rütteln selbst an den Grabsteinen. Die denunzierenden gelben Klebezettel sorgen aber auch schon mal für böses Blut: Manche beanstandeten Grabnutzer wittern Absicht seitens der Verwaltung, daher engagieren Kommunen auch externe Firmen.

Ein gelber Warnzettel mit "Vorsicht, Unfallgefahr!" prangt an einem Grabstein. Auf den Friedhöfen in Aalen wurden alle Grabmäler auf ihre Standsicherheit überprüft. 74 von 7.000 müssen gesichert werden. (Foto: SWR, Frank Polifke)
Auf 74 Grabsteinen auf den Friedhöfen in Aalen prangt ein solcher Zettel. Diese Steine sind nicht mehr standsicher und müssen nachgebessert werden.

Normalerweise prüft Ingo Beuker größere Bauwerke, Brücken zum Beispiel. Mehrere Tage war er nun in Aalen am Werk. Die "Bauwerke" auf den Friedhöfen sind vielleicht weniger imposant, doch wenn sie dem unbedarften Friedhofgänger auf den Zeh fallen, schmerzt es dennoch. Um solche Folgen zu vermeiden, lässt die Friedhofsverwaltung jedes Jahr im Frühling die Grabmale überprüfen.

Winter hinterlässt Spuren

Die Jahreszeit ist bewusst gewählt, denn es ist der Winter, der den Steinen zu schaffen macht. Fließt Wasser in die Ritzen und gefriert, können die Grabmale und ihre Verankerung im Boden beschädigt werden - das Grabmal wird wackelig.

Mehr zu Friedhöfen und Bestattung

Singen

Lebensraum für Wildbienen und Schmetterlinge Modellprojekt "Insektenfreundlicher Friedhof" in Singen

Der Waldfriedhof in Singen (Kreis Konstanz) soll ein Paradies für Insekten werden. Als einer von vier Friedhöfen im Land ist er Teil eines Modellprojekts vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND).

Trier

Prozess wegen Bestattungsrecht in Trier Gericht: Grab in Privat-Kapelle in der Eifel zulässig

Ein Ehepaar aus dem Eifelkreis Bitburg-Prüm darf sich in seiner privaten Hof-Kapelle per Urnenbestattung beerdigen lassen. Das hat das Verwaltungsgericht Trier entschieden.