Die Koalition aus Grünen und CDU hat den Entlassungsantrag der Opposition gegen Innenminister Thomas Strobl (CDU) mit ihrer Mehrheit im Landtag abgewehrt. Zuvor hatten Regierungsparteien und Ministerpräsident Kretschmann (Grüne) Strobl ihre Unterstützung versichert.
Bei der namentlichen Abstimmung gaben 145 Abgeordnete ihre Stimme ab, 52 stimmten für die Entlassung von Innenminister Strobl, 92 dagegen. Eine Zwei-Drittel-Mehrheit ist somit nicht zustande gekommen. Sieben der 100 Abgeordneten der Koalition nahmen nicht an der Abstimmung teil, drei davon waren entschuldigt. Das bedeutet, drei Abgeordnete der Grünen und ein CDU-Parlamentarier blieben der Abstimmung fern. Der CDU-Abgeordnete Reinhard Löffler enthielt sich.
Ministerpräsident Kretschmann hatte zuvor den Entlassungsantrag der Opposition gegen seinen Innenminister zurückgewiesen. Die Einstellung des staatsanwaltschaftlichen Verfahrens gegen eine Geldauflage in Höhe von 15.000 Euro in der sogenannten Polizei-Affäre sei "keine Verurteilung", sagte Kretschmann im Landtag.
Für Kretschmann gilt die "Unschuldsvermutung"
Das Verfahren gegen Strobl sei damit aus der Welt geschafft, so Kretschmann. "Es bedeutet, dass die Unschuldsvermutung gilt." Kretschmann hielt SPD und FDP vor, "mit zweierlei Maß" zu messen.
Strobl hatte ein Anwaltsschreiben an einen Journalisten weitergereicht. Kretschmann erinnerte daran, dass auch der heutige Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD) wegen eines Posts bei Twitter 5.000 Euro zahlen musste. Schmidt hatte als Staatssekretär im Bundesfinanzministerium im Zusammenhang mit Durchsuchungen der Staatsanwaltschaft Osnabrück einen kleinen Teil des Durchsuchungsbeschlusses auf Twitter veröffentlicht.
Kretschmann: "Hat alles seine Richtigkeit"
Kretschmann sagte dazu, der Vorwurf sei "in einem ordentlichen und rechtsstaatlichen Verfahren" aus dem Weg geräumt worden. "Das hat alles seine Richtigkeit."
BW-Innenminister will Geldauflage zahlen Kommentar: "Strobl hat den Bogen überspannt"
BW-Innenminister Strobl will das Angebot der Staatsanwaltschaft annehmen, gegen eine Geldauflage die Ermittlungen in der Polizei-Affäre einzustellen. Peter Heilbrunner kommentiert.
In Richtung SPD und FDP sagte Kretschmann, es sei bemerkenswert, "dass sie sich heute so empören, während sie damals still waren". Der Ministerpräsident erklärte, es müsse immer das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gelten. Er sei ein entschiedener Gegner von jedem "moralischen Furor, Scharfrichtertum und Vorverurteilung".
Strobl habe "Erfolgsbilanz"
Kretschmann entgegnete außerdem, Strobl habe in Sachen Innere Sicherheit eine Erfolgsbilanz. "Wir haben eine der niedrigsten Kriminalitätsraten in Deutschland." Zudem sei die Polizei personell und finanziell so stark aufgestellt wie noch nie in der Geschichte des Landes. Der CDU-Politiker stehe auch für eine "wehrhafte Demokratie". Deshalb bleibe Strobl Innenminister.
SPD-Fraktionschef Andreas Stoch betonte dagegen, Strobl habe Recht gebrochen. "Es gibt nur einen Weg, Schaden vom Land abzuwenden: Und das wäre unverzüglich vom Amt des Innenministers zurückzutreten." Sein FDP-Kollege Hans-Ulrich Rülke nannte die Affäre den "Tiefpunkt" der politischen Kultur in der Landesgeschichte. Der Innenminister tauge nicht als Vorbild für die Landespolizei, deren oberster Dienstherr er ist. Strobl sei "eine Schande für die baden-württembergische Polizei."
SPD und FDP zweifeln daran, dass wirklich alle Abgeordneten von Grünen und CDU hinter Strobl stehen. AfD-Fraktionschef Bernd Gögel nannte die Debatte über den Antrag eine "Showveranstaltung".
Grüne und CDU auf einer Linie
Die Fraktionschefs der Grünen und der CDU, Andreas Schwarz und Manuel Hagel, wiesen den Entlassungsantrag ebenfalls zurück. "Er ist unseriös und in der Sache unbegründet", sagte Schwarz. Er forderte SPD und FDP auf, sich auf die Sacharbeit im Untersuchungsausschuss zu konzentrieren und auf "abwegige Personaldiskussionen und billige Polemik" zu verzichten.
Hagel hielt der Opposition "Skandalisierung" vor. Die Kritik werde "immer schriller, immer hämischer und ja, immer verletzender". Hagel forderte SPD und FDP auf, sich auf die "wahren Probleme" der Menschen in der Krise zu konzentrieren.
Grüne Jugend: Vertrauen in Strobl ist "stark geschwächt"
Die Grüne Jugend hält die sogenannte Polizei-Affäre um den Innenminister noch längst nicht für erledigt. "Mit der Einstellung des staatsanwaltschaftlichen Verfahrens ist die Sache nicht aus der Welt geschaffen", teilten die Sprecherinnen der Grünen Jugend in Baden-Württemberg, Aya Krkoutli und Elly Reich mit. Sie widersprachen damit auch Kretschmann. "Die sogenannte Brief-Affäre hat das Vertrauen in den Minister stark geschwächt und es wirkt leider nicht so, als sei der Minister an der Aufklärung der Sache interessiert."
"Es ist längst klar, dass Innenminister Strobl kein Vorbild für die Polizei sein kann", erklärten Krkoutli und Reich. Er stehe nun aber in der Verantwortung, die "verschiedenen besorgniserregenden Meldungen aus seinem Ressort aufzuklären und das Problem strukturell anzugehen. Das ist das Mindeste, was wir erwarten".
Junge Union hält Äußerungen der Grünen Jugend für absurd
Die Junge Union (JU) nannte die Äußerungen der Grünen Jugend "absurd und frei von jeglicher faktischen Grundlage". Mit der Einstellung des Verfahrens sei "in einem Rechtsstaat die Sache selbstredend aus der Welt geschaffen", sagte der JU-Landeschef Florian Hummel. "Dass ausgerechnet die Grüne Jugend sich nun um die baden-württembergische Polizei sorgt, entbehrt angesichts vergangener Frontalangriffe auf unsere Polizei aber nicht einer gewissen Komik", so Hummel.