Die Zahl der Kliniken wird im Zuge der bundesweiten Krankenhausreform vermutlich kleiner werden. Ob und wie sich das auch in der Rhein-Neckar-Region auswirkt, ist noch unklar. Das baden-württembergische Sozialministerium hat ein Gutachten erstellen lassen und vor einigen Tagen veröffentlicht, das die Krankenhauslandschaft sowohl im gesamten Land, als auch in der "Versorgungsregion Heidelberg" beschreibt. Daraus ergeben sich existenzbedrohende Folgen für kleinere Krankenhäuser.
Die problematische Ein-Prozent-Regel
Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) definiert bundesweit Qualitätskriterien für 65 Leistungsgruppen. Beispiele sind: Allgemeine Innere Medizin, Allgemeine Chirurgie, Infektiologie, Notfallmedizin oder Spezielle Kinder- und Jugendchirurgie. Die Länder weisen den Krankenhäusern Leistungsgruppen zu. Voraussetzung sind Qualitätsstandards und eine Mindestzahl von behandelten Patienten. Und hier kommt die Ein-Prozent-Regel ins Spiel.
Das Land erkennt ein Krankenhaus als Versorger für eine Leistungsgruppe nur dann an, wenn es in der "Region Heidelberg" mindestens ein Prozent der Patienten einer Leistungsgruppe behandelt, also zum Beispiel jährlich mindestens ein Prozent aller Herzpatienten im Norden Baden-Württembergs.

Existenzgefahr für kleinere Krankenhäuser
Das kann für kleinere Krankenhäuser zur Existenzgefahr werden. Wenn sie wegen geringer Fallzahlen keine Leistungsgruppen bekommen, sollen sie "konsolidiert", also im Endeffekt geschlossen werden. Denn dann gibt es auch kein Geld über die sogenannte Vorhaltepauschalen. Das gilt besonders in Bereichen wie Geriatrie, Kardiologie und Intensivmedizin, sagt das Gutachten, weil viele Standorte in diesen Bereichen nur geringe Fallzahlen haben.
Welche der 44 Krankenhäuser gefährdet sind, ist heute schwer zu sagen, Spekulationen schaden jedem einzelnen Standort. Aber: Kleine Häuser in Heidelberg und Mannheim sind wegen der Nähe der Uniklinika Heidelberg und Mannheim, die in einen Verbund gehen wollen, besonders unter Druck. Sie müssen versuchen, durch Kooperationen und Zusammenschlüsse die entsprechende Größe zu erreichen. Das Sozialministerium teilt die Leistungsgruppen in einem so genannten Dialogverfahren zu.
Künftig zwölf Prozent weniger Fallzahlen?
Betten und gleichartige Abteilungen abzubauen, also Überkapazitäten, ist ausdrückliches Ziel der Krankenhausreform. Damit sollen die ständig steigenden Gesundheitskosten reduziert werden, damit auch die Krankenkassenbeiträge nicht immer weiter steigen.
Das Gutachten spricht also von "Konsolidierung und Zentralisierung" und geht davon aus, dass künftig weniger Betten gebraucht werden: Bis 2035 soll in der Region Heidelberg die Zahl der vollstationären Fälle um zwölf Prozent sinken. Und damit würde auch die Zahl der benötigten Krankenhausbetten stark zurückgehen.
Krankenhäuser im Neckar-Odenwald-Kreis kaum gefährdet
Kaum gefährdet sind Krankenhäuser in Gebieten der Region, die etwas abgelegen liegen, wie zum Beispiel die Neckar-Odenwald-Kliniken. Sie bleiben trotzdem erhalten, weil ihre geografische Lage und Erreichbarkeit entscheidend für die Grundversorgung ist. Ob aber allein der politische Wille zum Erhalt von Krankenhäusern ausreicht, wie im Rhein-Neckar-Kreis mit den vier GRN-Kliniken, wird sich zeigen, wenn die auszugleichenden Defizite größer werden
Alternatives Szenario im Gutachten
Einen schwierigen Punkt gibt es allerdings in dem Gutachten: Es spricht auch von der Möglichkeit, dass die Zahl der vollstationären Fälle gar nicht sinkt, sondern um rund sechs Prozent bis 2035 im ganzen Land steigt, wenn es nicht mehr ambulante Behandlungen gibt. Dafür gibt es aber keine regionale Aufschlüsselung für die Versorgungsregion D (Heidelberg). Eine deutliche Zunahme an ambulanten Behandlungen wäre also Voraussetzung für den Bettenabbau.
Noch ist die Krankenhausreform nicht in Stein gemeißelt, es fehlen noch drei Rechtsverordnungen zur Durchführung. Eine neue Bundesregierung könnte noch Änderungen vornehmen.