Nach dem Ende des bundesweiten Lokführer-Warnstreiks am Freitagabend will die Deutsche Bahn am Samstag wieder das normale Angebot im Personenverkehr auf die Schiene bringen. Das teilte sie am Freitagabend mit. "Einzelne wenige ausfallende Züge als Folgewirkung aus dem Streik der GDL sind insbesondere im morgendlichen Betriebsanlauf möglich", hieß es. "Die Züge werden vor allem in den Vormittagsstunden sehr stark belegt sein", sagte Bahn-Sprecher Achim Stauß. Viele Fahrgäste haben ihre Reisen verschoben - ein großer Teil davon dürfte nun am Samstag in die Züge drängen.
Der Warnstreik der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) bei der Bahn führte am Freitag in Baden-Württemberg im Fern- und Regionalverkehr zu starken Einschränkungen. Bis zum Tagesende sei es bundesweit zu Verspätungen und Zugausfällen gekommen, teilte die Deutsche Bahn mit. Demnach fuhr die DB lediglich nach einem Notfahrplan mit einem stark reduzierten Angebot an Fahrten.
Jeder fünfte Fernzug sollte fahren
Seit Donnerstagabend um 22 Uhr bestreikte die GDL den Personenverkehr, im Güterverkehr begann der Warnstreik bereits vier Stunden früher. Die Arbeitsniederlegung endete im Güterverkehr um 18 Uhr, im Personenverkehr ging der Warnstreik am Freitag um 22 Uhr offiziell zu Ende.
Im Fernverkehr bot die Bahn gemäß eines Notfahrplans rund 20 Prozent des normalen Programms an. Im Regionalverkehr war die Lage in Deutschland sehr unterschiedlich. In Baden-Württemberg versuchte die Bahn, bei Regionalbahnen zumindest teilweise einen Zwei- oder Drei-Stunden-Takt aufrecht zu erhalten. Auf anderen Strecken hingegen wurde laut Bahn kein Notprogramm angeboten.
Auch im Güterverkehr waren die Auswirkungen des Warnstreiks gravierend. Aufgrund des Winterchaos in Bayern hatten sich rund 170 Güterzüge aufgestaut, wie die Bahn am Donnerstag mitteilte.
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GDL-Chef Weselsky gibt sich schon siegessicher
Zuletzt hatte die GDL bei der Bahn am 15. und 16. November zum Warnstreik aufgerufen. Mit dem neuerlichen Ausstand erhöht die Gewerkschaft den Druck auf die Bahn nach dem Scheitern der Tarifgespräche. Gewerkschaftschef Claus Weselsky gab sich am Freitag zuversichtlich, mit dem Warnstreik die Forderungen seiner Organisation gegenüber dem Bahnvorstand durchsetzen zu können. "Wir werden sie knacken", sagte Weselsky vor Demonstrierenden in Potsdam.
Der GDL-Vorsitzende trat bei einer Kundgebung am Rande der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Länder auf. Mit der Aktion wollte der Beamtenbund dbb, dessen Mitglied die GDL ist, Solidarität mit den Lokführern demonstrieren.
Weselsky: Keine Streiks mehr in diesem Jahr
Nach dem aktuellen Bahnstreik können Bahnreisende erst einmal durchatmen. Bis zum 7. Januar plant die Lokführergewerkschaft keine weiteren Streiks, wie Weselsky am Mittwoch im MDR sagte. Danach sollen die Arbeitskämpfe aber länger und intensiver werden. Derzeit läuft noch eine Urabstimmung der GDL-Mitglieder über häufigere und längere Arbeitskämpfe. Das Ergebnis wird für den 19. Dezember erwartet. "Wir sind zu jeder Zeit und an jedem Ort verhandlungsbereit", betonte DB-Personalvorstand Martin Seiler am Mittwoch.
Die Gewerkschaft hatte vor rund zwei Wochen die Tarifverhandlungen mit der Bahn für gescheitert erklärt und einen Warnstreik angekündigt. Knackpunkt ist vor allem die Forderung der GDL, die Arbeitszeit für Schichtarbeiter von derzeit 38 auf 35 Stunden zu senken, bei vollem Lohnausgleich. Die Bahn lehnt dies angesichts des Fachkräftemangels als nicht machbar ab. Sie verweist darauf, dass sie dann in den entsprechenden Berufen zehn Prozent mehr Personal bräuchte.
Die Gewerkschaft fordert außerdem bei einem Jahr Laufzeit 555 Euro mehr Lohn pro Monat sowie 3.000 Euro Inflationsprämie. Die Bahn hat bislang ein Angebot unterbreitet, das elf Prozent mehr Lohn und eine Inflationsprämie von bis zu 2.850 Euro vorsieht - gestreckt auf eine Laufzeit von 32 Monaten. Wann und wie wieder miteinander gesprochen wird, ist unklar.
Weitere wichtige Informationen zum Warnstreik der GDL gibt es hier:
- Welche Züge fahren noch während des Streiks?
- Ist auch der Nahverkehr vom Streik betroffen?
- Kann ich meine Reise wegen des Streiks verschieben?
- Wo kommt es zu massiven Zugausfällen?
Zugausfälle auch noch kurzfristig möglich
Nach Angaben der Bahn verkehrte die DB Regio Baden-Württemberg am Freitag den ganzen Tag über nach einem Notfallplan. Allerdings betont die Bahn auf ihrer Internetseite auch, dass es "bei den Notfallplänen noch zu kurzfristigen Änderungen und Zugausfällen kommen" könne. Der Notfahrplan für Baden-Württemberg weist auf manchen Strecken einzelne Zugverbindungen aus, zum Teil wird ein Drei-Stunden-Takt in Aussicht gestellt. Auf anderen Strecken dagegen wird laut Bahn kein Notprogramm angeboten.
Massive Zugausfälle im Bodenseeraum
Die Fahrgäste der Bodensee-Oberschwaben-Bahn (BOB) mussten mit besonders vielen Ausfällen rechnen. Diese Züge werden nämlich vermehrt von Lokführern und Lokführerinnen gefahren, die in der GDL organisiert sind und sich am Streik beteiligten, sagte der GDL-Ortsvorsitzende aus Friedrichshafen. Sowohl die Gäubahn Singen–Stuttgart, die Bodenseegürtelbahn zwischen Friedrichshafen und Radolfzell (Kreis Konstanz) als auch der Fernverkehr von Lindau nach München waren massiv von dem GDL-Streik beeinträchtigt.
Der Seehas zwischen Engen und Konstanz wurde hingegen nicht bestreikt. Die Lokführer und Lokführerinnen dort sind bei der Schweizerischen Bundesbahn angestellt und nahmen nicht am GDL-Streik teil.
Auch S-Bahnen von Warnstreiks betroffen
Laut der Deutschen Bahn fielen auch mehrere S-Bahn-Linien wegen des bundesweiten Streiks komplett aus. Das betraf unter anderem die Linie S2 Kaiserslautern-Mosbach, die Linie S51 zwischen Heidelberg und Aglasterhausen sowie die S4 Germersheim-Bruchsal der S-Bahn Rhein-Neckar. Die Linie S9 auf der Strecke zwischen Karlsruhe und Mannheim sowie die Linie S5 zwischen Heidelberg, Sinsheim und Eppingen verkehrten im zwei Stunden-Takt.
Am Mannheimer Hauptbahnhof reagieren Bahnreisende mit gemischten Gefühlen auf den Warnstreik. Viele Pendler haben sich bereits im Voraus auf den Streik eingestellt und haben Verständnis für die Streikenden, andere sind frustriert, weil sie bis zu eine Stunde auf alternative Verbindungen warten müssen:
Im Raum Stuttgart sollte es laut Bahn ebenfalls Ausfälle und Verspätungen geben. In einer Mitteilung hieß es, Ziel der S-Bahn Stuttgart sei es, die nachfragestärkste Linie S1 zwischen Herrenberg und Kirchheim/Teck am Freitag nach Möglichkeit durchgängig in einem Stundentakt zu fahren. Seit Donnerstagabend sollten Fahrgäste auf den Linien S2 bis S6/S60 ebenso keine S-Bahn-Fahrten mehr einplanen wie auch am Freitag nach 22 Uhr, so die DB.
Wie die Rhein-Neckar-Verkehrs GmbH (RNV) dem SWR mitteilte, war der Bus- und Straßenbahnverkehr nicht vom Streik der GDL betroffen. Dennoch fuhren weniger Straßenbahnen und Busse als üblich in der Region, denn es herrscht Personalmangel.
Auch die Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK) waren von dem Warnstreik der GDL nicht betroffen. Alle Bus- und Trambahnlinien der VBK verkehrten demnach regulär.
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Zugbindung ist aufgehoben
Die Bahn wies darauf hin, dass alle Fahrgäste, die ihre für Donnerstagabend und Freitag geplante Reise aufgrund des Streiks der GDL verschieben möchten, ihr Ticket "zu einem späteren Zeitpunkt nutzen" können. Die Zugbindung sei aufgehoben, das Ticket gelte dabei für die Fahrt zum ursprünglichen Zielort, auch mit einer geänderten Streckenführung.
Speziell für Fahrkarten des Baden-Württemberg-Tarifs mit Gültigkeit innerhalb des Streikzeitraums wies die Bahn darauf hin, dass diese bis einen Tag nach Ende des Streiks "flexibel genutzt werden" können. Zulässig seien auch Umwege. "Alle für den Streikzeitraum gültigen Einzel- und Pauschalpreisfahrkarten des Baden-Württemberg-Tarifs können kostenlos storniert oder umgetauscht werden."
Bahn-Beauftragter und BW-Verkehrsminister attackieren GDL
Verkehrsstaatssekretär Michael Theurer (FDP) kritisierte die Warnstreiks der GDL im kalten Dezember als "fast unerträglich". Der Schienenbeauftragte der Bundesregierung sagte im SWR: "Ich hoffe, dass beide Tarifpartner das schaffen, möglichst schnell und ohne Belastung für die Fahrgäste zu einer Einigung zu kommen." Gerade in der Vorweihnachtszeit kämen die Warnstreiks ungünstig. "Es ist bitterkalt im Moment. Es sind Schülerinnen und Schüler, Studierende, Kinder betroffen und viele Menschen. Es ist fast unerträglich, wenn gestreikt wird." Man müsse auch an die Familien im Land denken.
Auch der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) attackierte die Gewerkschaft. "Der Streik der GDL ist jetzt gerade keine Werbung", sagte der Politiker in der SWR-Sendung in Anspielung auf das ohnehin ramponierte Image der Deutschen Bahn. Hermann zeigte zudem sein Unverständnis für die Forderung der Lokführer-Gewerkschaft, die Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich abzusenken. "Ich kann nicht nachvollziehen, wie man in einer Situation, in der es zu wenig Personal gibt, auf die Idee kommen kann, die Arbeitszeit auch noch zu verkürzen."
Welche Rechte haben Fahrgäste während des Warnstreiks? Das erklärt ein Experte aus der SWR-Rechtsredaktion in einem SWR-Extra:
Fahrgastverband Pro Bahn kritisiert Kurzfristigkeit
Der Zeitpunkt der Warnstreikankündigung am Mittwochabend stieß auf Unmut beim Fahrgastverband Pro Bahn: "Was wir kritisieren, ist die Kurzfristigkeit. Wir möchten, dass zwei Tage vorher bekanntgegeben wird, dass gestreikt wird, damit sich der Fahrgast darauf einstellen kann", sagte der Bundesvorsitzende Detlef Neuß. "Es geht hier auch um den Nahverkehr, es geht hier auch um Pendler, die zur Arbeit kommen müssen. Das ist Daseinsvorsorge", sagte Neuß im SWR.
Die Deutsche Bahn kritisierte, die GDL vermiese Millionen unbeteiligten Menschen das zweite Adventswochenende. Ein Streik so kurz nach dem Wintereinbruch und so kurz vor dem Fahrplanwechsel sei verantwortungslos und egoistisch, so Bahnvorstand Seiler.