„Tag der Demokratie“

Ausstellung in Lörrach zur „Revolution von 1848/49“ – Was bedeutet Freiheit heute?

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Rainer Volk
Rainer Volk (Foto: SWR, Christian Koch)

Mit einer Sonderausstellung widmet sich das Dreiländermuseum in Lörrach der Revolution von 1848/49 und ihrer Bedeutung für die Gegenwart. Eröffnung ist am Lörracher „Tag der Demokratie“, den die Stadt alljährlich feiert, weil der Revolutionär Gustav Struve am 21. September 1848 vom Balkon des Lörracher Rathauses die „Deutsche Republik“ ausrief.

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Dreiländermuseum Lörrach - "Der Ruf nach Freiheit - Revolution 184849 und heute" (Foto: SWR, Rainer Volk)
Historische Fahne der Bürgerwehr Lörrach von 1848

Ausstellung will nicht nur zurückblicken

„Die Revolution 1848 kommt im Untertitel vor, aber der Zusatz 'und heute', ist wichtig“, sagt der neue Leiter des Dreiländermuseums Jan Merk. Für den Historiker ist es das erste Ausstellungsprojekt in Lörrach. Die Schau, die bis Mai 2024 von etwa 60 Begleitveranstaltungen ergänzt wird, soll neue Wege gehen.

Diese Ausstellung will nicht nur zurückblicken. Im Titel „Der Ruf nach Freiheit – Revolution 1848/49 und heute“ stecke ein Programm, sagt Jan Merk, Leiter des Dreiländermuseums der Stadt: Hinter „Revolution 1848/49 stehe der Zusatz „und heute“. „Wir wollen wirklich nicht an der Geschichte stehen bleiben, sondern weitergehen.“

Freiheit ist ein Thema, was jeden und jede betrifft und wir erhoffen uns davon, dass damit auch Menschen angesprochen werden, die vielleicht nicht die typischen Museumsgänger und Geschichtsinteressierten sind, dass das auch Menschen sind, die sich mit heute und morgen beschäftigen.

Dreiländermuseum Lörrach - "Der Ruf nach Freiheit - Revolution 184849 und heute" (Foto: SWR, Rainer Volk)
Das Ausstellungsteam: Aurea Hardt, Selina Thomann, Waldtraud Hupfer, Jan Merk

Unterschiedliches Revolutionsgeschehen in den drei Ländern

Mit Glaubensfreiheit oder sexueller Freiheit etwa. Optisch fällt auf: Obwohl der 1.Stock im Dreiländermuseum nur 400 Quadratmeter Fläche bietet, wirkt das Arrangement locker. Farblich getrennt gibt es drei Bereiche. Die „rote Zone“ konzentriert sich auf das Revolutionsgeschehen. Weil sich das im Dreiländereck so gehört, zeigen die Macher Parallelen und Unterschiede zwischen Deutschland, wo am Ende die Freiheit unterdrückt wurde, der Schweiz, wo 1848 eine stabile Demokratie entstand, und Frankreich, wo nach wenigen Monaten Napoleon III. an die Macht kam.

Dreiländermuseum Lörrach - "Der Ruf nach Freiheit - Revolution 184849 und heute" (Foto: SWR, Rainer Volk)
Videokubus im "gelben Bereich": Schauspieler haben Zitate von Beteiligten an der Revolution 1848 inszeniert

Schauspieler haben historische Zitate von Revolutionären inzeniert

Im „gelben Bereich“ sind Videoclips in drei großen Würfelelementen zu sehen: Schauspieler und Schauspielerinnen des Jugendtheaters „Tempus Fugit“ haben Zitate wichtiger Personen der Revolution inszeniert – auch von Amalie Struve, der Frau von Gustav Struve:

 Die Männer ringen nach dem hohen Ziele, freie Wesen zu werden, indem sie des Vaterlandes Fesseln brechen. Doch der anderen Hälfte der Menschheit die Ketten abzunehmen, daran denkt die Mehrzahl der Männer immer noch nicht.

 Freiheit und demokratische Grundordnung sind wieder gefährdet

Im dritten Teil, dem „blauen Bereich“ geht es um die Gegenwart. Hier merkt jeder, weshalb das Museum nicht einfach Ausstellung vor 25 Jahren zur Revolution von 1848 neu aufgelegt hat. Die Welt hat sich seither gewandelt, Freiheit und demokratische Grundordnung seien weltweit, aber auch in Deutschland, in Gefahr, betont die die wissenschaftliche Mitarbeiterin Selina Thomann.

Dreiländermuseum Lörrach - "Der Ruf nach Freiheit - Revolution 184849 und heute" (Foto: SWR, Rainer Volk)
Transparent zur Ausstellung im Eingang des Dreiländermuseums Lörrach

Welche Freiheiten sind mir wichtig?

Am Ende des Rundgangs soll sich das Publikum fragen, was ihm Freiheit bedeutet. Welche Freiheiten ihm wichtig sind, welche verzichtbar wären, damit andere Menschen freier leben könnten. Eine Litfaßsäule bietet Platz, Gedanken zu diesem Thema aufzuschreiben.

Ausstellungskonzept ist politisch und clever

Das Lörracher Dreiländermuseum schlägt mit seiner Schau einen Bogen von der Mitte des 19.Jahrhunderts in die Gegenwart. Das Konzept ist sehr politisch und clever, hat Wucht. Wenn man bedenkt, dass das Team nur fünf Monate Vorbereitungszeit hatte, ist das Resultat mehr als respektabel.

 

Die Revolution von 1848 /49

Zeitwort 21.09.1848: Gustav Struve ruft die Deutsche Republik aus

Wer auf die Geschichte der Demokratie in Deutschland zurückblickt, kann Lörrach, die Stadt im deutsch-französisch-schweizerischen Dreiländereck, nicht übersehen.

SWR2 Zeitwort SWR2

Geschichte Die Badische Revolution 1848 – Auftakt zur liberalen Demokratie

"Völkerfrühling" nennen Historiker die Aufstände in Europa im März und April 1848. Besonders rebellisch waren die Bürger in Baden. Sie kämpften gegen Unterdrückung und für Freiheit.

SWR2 Wissen SWR2

Ausstellung „Jetzt machen wir Republik!“ – Konstanzer Ausstellung zeigt Badische Revolution von 1848/49

1848 forderten die Badischen Revolutionäre „Freiheit, Gleichheit, soziale Gerechtigkeit und einen grundlegenden Umbau des Staates. Die Konstanter Ausstellung „Jetzt machen wir Republik!“ zeigt die historischen Ereignisse der Revolution in der Bodensee-Region und stellt aktuelle Bezüge her.

SWR2 am Morgen SWR2

Demokratie heute

Gefahr für die Demokratie Neue Mitte-Studie 2023: Alarmierende Normalisierung von rechtsextremen Haltungen

Die Zahl derjenigen, die ein geschlossen rechtsextremes Weltbild besitzen, habe sich in den letzten zwei Jahren verdreifacht, sagt Beate Küpper, Sozialpsychologin und Mitautorin der "Mitte-Studie 2023" der Friedrich Ebert Stiftung. Das sei ein massiver Anstieg und hinzu kommen weitere zwanzig Prozent der Befragten, die sich in einem Grau-Bereich befänden, also den Aussagen der Studie weder zustimmen, sie aber auch nicht ablehnen, so die Mitautorin der Studie.
Besonders bei den Wählern der AfD sei ein rechtsextremes Weltbild sehr stark verbreitet, sodass man davon ausgehen müsse, dass die Wählerinnen und Wähler ausdrücklich das meinen und wählen was die Partei ihnen als Themen anbiete. Auch umgekehrt muss man sagen, dass die AfD die Themen vertritt, die den Einstellungen ihrer Wählerschaft entsprechen und das wären insbesondere Fremdenfeindlichkeit und Nationalchauvinismus, sagt Beate Küpper und warnt davor, die Zustimmung zur AfD als Protest anzusehen.
Zu dem eklatanten Anstieg in der Zustimmung zu rechten Haltungen meint Küpper: "Ich gehöre nicht zu denjenigen, die alarmistisch unterwegs sind, aber ehrlich gesagt, bereitet mir das Sorgen, vor allem wenn wir uns den großen Graubereich ansehen. Hier müssen wir leider sehen, dass wir es mit einer Normalisierung zu tun haben, bei der Menschen nicht mehr erschrecken, wenn sie antidemokratische Positionen hören oder sie mit Abwertung, Hass und Hetze konfrontiert sind." Die Normen der Grundwerte einer Demokratie, die auf Empathie, Akzeptanz und Toleranz beruhen, würden dadurch aufgelöst.
Politisch sei jetzt "Schutz, Einbindung und Rückendeckung für diejenigen geboten, die unmittelbar bedroht sind", fordert Küpper als Konsequenz aus der Studie. Nicht die Sorgen der sogenannten "Wutbürger" ernst nehmen, sondern die Ängste derjenigen vielen, die Sorge haben, dass ihnen die "Demokratie unter den Händen zerbröselt".

SWR2 am Morgen SWR2

Demokratie lebt von der Beteiligung Staatsrätin für Bürgerbeteiligung in Baden-Württemberg: „Gehört werden ist extrem wichtig“

In Baden-Württemberg wird seit Jahren Demokratiebeteiligung ganz direkt erprobt: Mitglieder von Bürgerräten werden repräsentativ, aber per Zufallsprinzip ausgewählt. Das Land hat dafür ein eigenes Amt: Barbara Bosch, ehrenamtliche Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung betont in SWR2 dessen Bedeutung: „Die Menschen nehmen ihre demokratischen Rechte weniger wahr als früher“.

SWR2 am Morgen SWR2

Netzwerk Film & Demokratie Rechte Angriffe auf die Kultur: „Kunst ist demokratierelevant“

„Es ist erschreckend, wie rechte Tendenzen Einfluss auf die Kultur nehmen und nehmen wollen“, sagt Michael Schäfer vom Bundesverband Regie. Es werde Stimmung gemacht gegen unliebsame Ausstellungen, Theatervorstellungen würden gestört, exponierte Einzelpersonen privat abgemahnt und online mit Hassrede überzogen.

SWR2 Kultur aktuell SWR2

Forum Die bekämpfte Partei – Soll die AfD verboten werden?

Michael Risel diskutiert mit
Prof. Dr. Eckhard Jesse, Extremismusforscher, Universität Chemnitz
Prof. Dr. Heribert Prantl, Autor und Kolumnist, Süddeutsche Zeitung
Andreas Speit, freier Journalist und Autor, Hamburg

SWR2 Forum SWR2

Tandem Ohnmacht statt Zukunft – der Soziologe Stefan Schulz warnt vor den Folgen einer alternden Gesellschaft

Stefan Schulz hat Soziologie studiert und publiziert Bücher und Podcasts. In “Die Altenrepublik” warnt er vor den Gefahren der Demographie für die Demokratie und zeigt Lösungswege.

SWR2 Tandem SWR2