Ergebnisse des DKV-Reports 2023

So gesund lebt Deutschland

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Steffi Stronczyk
Steffi Stronczyk (Foto: SWR)
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SWR1

Die DKV (Deutsche Krankenversicherung AG) und die Sporthochschule Köln untersuchten in diesem Jahr zum siebten Mal das Gesundheits- und Bewegungsverhalten der Deutschen.

Professor Dr. Ingo Froböse leitet die Studie für die Sporthochschule Köln. Im SWR1 Interview verrät er, was der DKV-Report uns in diesem Jahr über unsere Fitness, Ernährung und Gesundheit sagen kann. Eins steht dabei fest: Wir sitzen zu viel und bewegen uns immer noch zu wenig. Dabei können laut einer neuen Metaanalyse schon knapp 4.000 Schritte am Tag ausreichen, um das Risiko eines frühen Todes zu verringern.

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SWR1: Gibt es einen auffälligen Trend in dieser aktuellen Studie?

Prof. Ingo Froböse: Ja, der auffällige Trend ist, dass wir Corona schon mal ein bisschen kompensiert haben. Das ist schon mal ganz schön. Das heißt, nach Corona war es ganz schlimm, wobei es jetzt immer noch nicht gut ist. Wir haben nämlich fünf Benchmarks, also fünf Hürden, über die man springen muss. Das ist das Thema Bewegung, Ernährung, Stress, Rauchen, Alkohol. Da sind die Deutschen insgesamt immer noch nicht gut, denn nur 17 Prozent erfüllen diese Benchmarks.

Rheinland-Pfälzer leben am gesündesten

SWR1: Wie sieht es da konkret für Rheinland-Pfalz aus?

Froböse: Da kann ich Ihnen die beste Nachricht des Tages überhaupt übermitteln. In Rheinland-Pfalz sind es über 20 Prozent, nämlich exakt 20,9 Prozent, und das ist letztendlich die größte Anzahl derer, die es überhaupt erfüllen. Wenn wir in Ihren Nachbarort schauen, nur kurz über die Grenze nach Hessen, da sind es nur 13 Prozent, 13,4 exakt. Die liegen ganz unten, nämlich an vorletzter Stelle. Nur die in Nordrhein-Westfalen sind noch schlechter.

Junge Menschen besonders gestresst

SWR1: Jetzt geht es in der Studie auch um die persönliche Stressbelastung, die steigt, oder auch gestiegen ist. Wie sieht es da im Moment aus?

Froböse: Also die Stressbelastung ist grundsätzlich stabil. Allerdings muss man das etwas differenzieren. Frauen kommen damit viel besser klar. Männer sagen zwar, es ist alles gut, aber wenn man etwas tiefer bohrt, ist das bei Weitem nicht so gut. Und insbesondere die Gruppe der Jüngeren klagt sehr früh schon über Stress. Die 18- bis 29-Jährigen stehen wohl so unter Druck, dass wir uns da große Sorgen machen müssen. Die haben durch den Stress echt Einschränkungen des Wohlbefindens.

Zwei Frauen knien auf Matten und praktizieren Yoga-Übungen. (Foto: © Colourbox.de -)
Viele Deutsche, vor allem jüngere Leute, leiden unter Stress. Was dabei helfen kann, ist Bewegung, zum Beispiel in Form von Yoga.

SWR1: Wir gucken mal aufs Rauchen und auf den Alkoholkonsum.

Froböse: Wir wissen, dass etwa 80 Prozent der Menschen nicht rauchen. Das ist ja schon mal gut. Auf der anderen Seite kann man sagen, 20 Prozent tun es leider immer noch. Beim Alkohol sind wir bei 72-73 Prozent, die einen vernünftigen Umgang mit Alkohol haben, das heißt maximal ein Gläschen am Tag. Darüber kann man auch diskutieren. Aber wir sind ja immer noch Kulturmenschen, das sollten wir auch bleiben. Und dazu gehört natürlich immer ein gewisser Genuss. Bei Alkohol und Rauchen sind wir stabil – nicht gut, aber auch nicht sehr schlecht. Es zeigt sich auch kein neuer Trend, sodass wir nicht erkennen können, dass es besser wird.

Der Trend geht dahin, dass die Menschen sich sehr viel bewusster und vernünftiger ernähren.

SWR1: Stichwort Fleischkonsum – wie sieht es da mit den Deutschen aus? Essen wir noch viel Fleisch?

Froböse: Ja. Aber wir haben eine deutlich höhere Sensibilität und wir fragen insgesamt auch nach einem Verhältnis zu Obst und Gemüse und so weiter. Da sind 53 Prozent auf einem guten Weg. Das ist auch gut so. Das heißt, wir sind im Augenblick eine geteilte Nation, so kann man es beschreiben. Aber der Trend geht dahin, dass die Menschen sich sehr viel bewusster und vernünftiger ernähren. Der Trend des Vegetarischen nimmt zu, vegan nicht so unbedingt. Dahinter steckt nicht unbedingt das Thema Gesundheit, aber der bewusste Umgang unter dem Aspekt der Ökologie – das ist der Weg in die richtige Richtung.

Deutsche sitzen über neun Stunden am Tag

SWR1: Großes Sorgenkind ist immer die Bewegung. Die kommt ganz oft zu kurz. Wir sitzen zu viel, gehen zu selten. Wie schneiden wir da dieses Mal ab?

Froböse: Ich sage Ihnen jetzt eine tragische Zahl. Wir sitzen im Schnitt 554 Minuten am Tag. Wenn man das mal überlegt, dann ist das eine Zahl von über neun Stunden, die wir täglich sitzen. Neben dem Liegen noch. Das kann man nicht wirklich schönreden, es ist wirklich dramatisch. Gerade auch die Gruppe der 18- bis 45-Jährigen, also die in Studium, Beruf und Ausbildung sind, die sitzen sogar am häufigsten. Je älter wir werden, desto mehr bewegen wir uns dann auch in der Freizeit. Da muss man wirklich sagen: Home Office und Computerarbeitsplätze, die helfen uns überhaupt nicht, Bewegung zu finden. Hier ist es deutlich dramatischer geworden. Wir haben in den letzten drei, vier Jahren 1,5 Stunden mehr Sitzzeiten.

Es sind über neun Stunden, die wir täglich sitzen. Das kann man nicht wirklich schönreden, es ist wirklich dramatisch.

SWR1: Und wie kriegen wir den Poppes hoch?

Froböse: Das ist eine gute Frage. Erstmal Bewegung in der Bildung mehr wertschätzen. Im Augenblick habe ich den Eindruck, dass über die Diskussion zu Bundesjugendspielen und anderen Themen die Bewegung aus der Bildung komplett verschwindet. Und zum zweiten können auch die Unternehmen der Bewegung und auch der Pause und damit der Regenration mal etwas mehr Raum geben. Das Stichwort lautet hier betriebliche Gesundheitsförderung. Hier erwarte ich von den Arbeitgebern auch mal einen richtigen Schritt in die richtige Richtung. Das machen nämlich viele nicht, hier für die Arbeitnehmer*innen Bewegungsanreize anzubieten.

Das Gespräch führte SWR1 Moderatorin Steffi Stronczyk.

Den DKV-Report 2023 finden Sie unter ergo.com. Weitere Informationen zu Professor Ingo Froböse finden Sie bei der Deutschen Sporthochschule Köln.

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