Ein Berg von kaputten Möbeln türmt sich vor dem Haus von Bruno Kesseler auf. Drinnen röhren die Bautrockner, um die Nässe aus den Wänden zu bekommen. Brauner Schlamm klebt in allen Ecken und Nischen. "Das Wasser hat hier einen Meter hoch gestanden, nicht so hoch wie bei der Flutkatastrophe", sagt Bruno Kesseler: "Aber diesmal ist alles voller Matsch."
Wir sind nur am Räumen und am Räumen und wissen nicht, wie es weitergehen soll.
Zum zweiten Mal in drei Jahren hat der Mann aus dem Jünkerather Ortsteil Glaadt fast alles verloren, was er besitzt. Das Wohnzimmer, die Küche, die gesamte untere Etage ist zerstört. "Der Fernseher ist uns weg geschwommen", sagt der Anwohner: "Wir sind nur am Räumen und am Räumen und wissen nicht, wie es weitergehen soll."
Drei Jahre nach der Flut noch kein Hochwasserschutzkonzept
Zumal jetzt die Angst noch größer geworden ist, dass solche Katastrophen immer wieder passieren können. Zumindest, wenn beim Hochwasserschutz in Glaadt weiter nichts passiert. Drei Jahre lang habe sich die Gemeinde jetzt Zeit gelassen, kritisiert Kesseler, bis jetzt wieder 40 Häuser überflutet wurden. Und er ist nicht der Einzige, der sich ärgert.

Die Stimmung: Ängstlich und verzweifelt
Auch Silke Meyer hat diese Vorwürfe in der vergangenen Woche oft gehört, wenn sie mit Betroffenen gesprochen hat. Die Stimmung im Ort? "Ängstlich, verzweifelt, resigniert", sagt Meyer, die für das Deutsche Rote Kreuz die Hochwasserhilfe in der Vulkaneifel organisiert. Unterstützt werden die Bürger aber auch von anderen Organisationen wie der Caritas und der Diakonie. Sie beraten die Betroffenen, vermitteln Ansprechpartner und Gebäudetrockner.

Viele Glaadter haben nach der Flut eine Versicherung abgeschlossen
Finanzielle Hilfe allerdings können sie keine bieten. Auch an die Fluthilfe des Landes kommen die Glaadter nicht ran. Denn die Mittel dürfen nur für die Bewältigung der Katastrophe von 2021 abgerufen werden. Immerhin, sagt Meyer, seien die meisten Betroffenen - wie auch Bruno Kesseler - versichert gegen Elementarschäden. Anders als vor drei Jahren werden sie also nicht selbst auf den Kosten sitzen bleiben - auch so eine Lehre aus der Flut.

Aber haben die Kommunen auch etwas aus der Flut gelernt? Genau das fragen sich viele Anwohner, sagt Meyer. Und sie erheben schwere Vorwürfe gegen die Gemeinde: "Das ist natürlich, wenn man wieder betroffen ist, nur sehr, sehr schwer auszuhalten, wenn sie das Gefühl haben, dass das Unglück hätte vermieden werden können."
100 Liter Regen pro Quadratmeter
Ob eine bessere Vorsorge überhaupt viel geändert hätte? Schwer zu sagen. Die Verbandsgemeinde Gerolstein argumentiert mit höherer Gewalt. Rund um Glaadt seien 100 Liter Regen pro Quadratmeter runtergegangen, der Pegel des Glaadtbachs und auch des Mühlengrabens seien binnen Sekunden gestiegen. Die Wirkung von Hochwasserschutz: begrenzt.
Trotzdem: Drei Jahre lang hat sich die Kommune nun Zeit gelassen beim Hochwasserschutz. Vergangenes Jahr haben Fachleute sich die Gefahrstellen im Ort zum ersten Mal seit der Flutkatastrophe angesehen. Es gab eine Bürgerversammlung zum Hochwasserschutz. Doch umgesetzt wurde bisher kaum etwas. Die Pläne seien noch in der Entwicklung, heißt es bei der Verbandsgemeinde.
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Ein Ingenieurbüro soll Hochwasserschutz für das ganze Kylltal entwickeln
Ingo Klinkhammer, Pressesprecher der Feuerwehr Gerolstein, kann daher verstehen, dass die Leute aufgebracht sind: "Die Stimmung ist gedrückt, die Menschen wollen Taten sehen." Eines der Probleme sei aber, dass für das gesamte Kylltal nur ein einziges Ingenieurbüro mit einem Hochwasserschutzkonzept beauftragt wurde: "Und da gibt es so viele Nebenbäche, die da rein fließen. Das ist schon eine Wahnsinnsaufgabe."

Es gelte bei jeder Maßnahme zu bedenken, welche Auswirkungen sie auf den weiteren Verlauf des Gewässers habe. Wenn an einer Stelle ein Hindernis aus dem Bach entfernt wird, fließt er dort auch schneller und kann andernorts Schäden verursachen. Daher müsse so ein Konzept durchdacht sein, argumentiert Klinkhammer.
Erste Bauarbeiten an der Kyll und dem Glaadtbach beauftragt
Ortsbürgermeister Norbert Bischof geht das alles trotzdem nicht schnell genug: "Bis das Konzept steht, haben wir schon die dritte Flut. Die Anwohner wollen jetzt sehen, dass es vorangeht." Also hat der Dorfchef Termine mit Unternehmern gemacht und schon die eine oder andere Erdarbeit beauftragt: "Ende nächster Woche könnte der Bagger schon hier vorfahren."

Die Einmündung des Glaadtbachs in die Kyll etwa soll verbreitert, ein Wehr im Mühlengraben gebrochen werden. "Die Gewässer brauchen mehr Platz, damit sich das Wasser verteilen kann", erklärt Bischof. Bei dem Unwetter hatte sich Treibholz unter den Brücken gesammelt und die Bäche verstopft. Das Wasser staute sich und lief durch den Ort. Das soll künftig verhindert werden. Das wünscht sich auch Bruno Kesseler, auch wenn der verbesserte Hochwasserschutz für ihn und seine Familie zu spät kommt.