2021 hat Jan Klein ein echtes Horrorjahr erlebt. Den ganzen Sommer lang hat es geregnet, erzählt der Biowinzer aus Kröv an der Mosel. "Da sind mir rund 70 Prozent der Trauben kaputtgegangen", erinnert er sich. Pilze hatten die Reben befallen.
"Das war ein Ausnahmejahr," sagt Klein. Doch er rechnet damit, dass das noch öfter passieren könnte. Denn wegen des Klimawandels herrscht im Moseltal immer häufiger feucht-warmes Wetter. Es sind die perfekten Bedingungen für Schädlinge wie den echten und den falschen Mehltau.
Neue Sorten sind resistent gegen Pilzerkrankungen
Winzer Klein vom Weingut Staffelter Hof hat deshalb vorgesorgt. Auf rund einem Viertel seiner Weinbergsflächen, westlich von Kröv, hat er sogenannte Piwi-Reben gepflanzt. Piwi steht für Pilzwiderstand. Sorten wie Sauvignac oder der Donauriesling wurden extra gezüchtet, um Schädlingen standzuhalten.
"Sie werden nicht so schnell krank und sie sind auch robuster, was Trockenheit angeht", sagt Klein. Das biete ihm Sicherheit sagt er, angesichts der ungewissen Zukunft im Klimawandel. Selbst wenn der Weißburgunder in einem heißen Jahr verbrennt oder der Riesling von Pilzen befallen werde, könne er künftig auf die Piwis zurückgreifen.
Mit Piwis den Einsatz von Pestiziden reduzieren
Bis jetzt sind Piwis vor allem für Biowinzer interessant, denn die dürfen keine Fungizide spritzen, um ihre Reben vor den Pilzen zu schützen. Sie verwenden Spritzmittel aus Kupfer und Schwefel. "Doch die haften nur an der Oberfläche der Pflanzen und werden vom Regen schnell abgewaschen", sagt Winzer Jan Klein.
Chemische Mittel schützen die Pflanzen hingegen von innen. "Dafür sind sie allerdings auch nicht billig", sagt Klein, "und sie schaden der Artenvielfalt in den Weinbergen". Weshalb inzwischen auch viele konventionelle Winzer darüber nachdenken, pilzresistente Rebsorten zu pflanzen.
Organisiert sind sie zum Beispiel bei der neuen Vereinigung "Vision Mosel". Rund 30 Winzer von Koblenz über Trier bis Luxemburg haben sich unter diesem Namen zusammengetan, um Piwi-Weine bekannter zu machen. "Rund 200 Kilometer Mosel sind vertreten", sagt Klein: "Es ist Wahnsinn, was für eine Dynamik das angenommen hat."
Hochschule Geisenheim: Piwis sind Chance für Weinbau
Das große Interesse für das Thema bescheinigt auch Hans Reiner Schultz, Präsident der Hochschule für Weinbau in Geisenheim. Schultz stammt selbst aus Neumagen-Dhron an der Mosel und sieht in den Piwis eine Chance für die Region: "Ich merke, dass auch hier an der Hochschule immer mehr Studenten nach Piwis fragen. Da ist schon eine große Aufgeschlossenheit da."
Trotzdem empfiehlt Schultz den Kollegen, auch weiterhin Riesling anzubauen. Die Sorte sei robust und komme mit den veränderten klimatischen Bedingungen gut klar und gehöre zur Identität der Mosel. Piwi-Weine mögen gut schmecken, so der Hochschulpräsident, aber eben nicht genauso wie der Klassiker.
Weinpräsentation heute und morgen in Traben-Trarbach
Das weiß auch Jan Klein. Seine alten Riesling-Stöcke hegt und pflegt der Winzer deshalb weiter. Auf seinen wertvollsten Steillagen würde er auch vorerst keine Piwi-Weinberge anlegen. "Doch immer wenn ich neupflanzen muss, denke ich natürlich drüber nach", sagt der Kröver.
Inzwischen hat Klein auch schon die ersten Piwi-Weine abgefüllt -genauso wie 15 seiner Kollegen von "Vision Mosel". Wer probieren will, wie die neuen Sorten schmecken, kann heute und morgen die erste Verkostung der Gruppe in Traben-Trarbach besuchen. Beginn ist jeweils um 14 Uhr in der Vinothek "die Mosel".