Wenn Ortsbürgermeister Reinhard Grasnick (SPD) aus seinem Schlafzimmerfenster schaut, sieht er sieben Windräder. Insgesamt drehen sich sogar 42 Rotoren auf dem Ranzenkopf, einem Berg in der Nähe seiner Gemeinde Burgen. Nur diese Anlagen stehen alle auf dem Land der Nachbardörfer Wintrich, Brauneberg, Veldenz und Gornhausen. "Wir sehen zwar die Windräder, aber wir sehen kaum Geld", sagt Grasnick.
Denn Burgen bekommt zwar, wie alle Städte und Dörfer in der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues, rund 30.000 Euro im Jahr aus einem Solidarpakt, in den die Pachteinnahmen aus der Windkraft fließen. Wenn die Gemeinde aber eigene Windräder hätte, würde sie deutlich mehr Geld verdienen, sagt der Ortsbürgermeister. Zwei Angebote von Firmen liegen ihm vor, die gerne drei Windräder in Burgen bauen wollen: "Wir reden hier von Pachteinnahmen von 500.000 Euro im Jahr. Und das ist natürlich unvorstellbar viel Geld für uns."
Ortsbürgermeister fühlt sich von Verbandsgemeinde ausgebremst
Das Geld würde zum Beispiel reichen, um das Gemeindehaus und den Kindergarten zu renovieren und ein Neubaugebiet zu erschließen. Die finanziell klamme Gemeinde könnte Kredite abbezahlen, in den Hochwasserschutz investieren und Straßen erneuern. Doch seit zwölf Jahren bleibt der Gemeinde dieser Geldsegen verwehrt. Solange kämpft der Ortsbürgermeister schon erfolglos für eigene Windräder in Burgen.
Inzwischen ist die Technik aber fortgeschritten und auch die naturschutzrechtlichen Kriterien wurden aufgeweicht, sodass ein Standort wieder ins Spiel kommt: der sogenannte Ameisenhügel, ein bewaldeter Berg, etwas oberhalb der Ortschaft. Hier wollen zwei Projektentwickler nun Windräder aufstellen.
"Die Firmen könnten da jetzt richtig Geld verdienen", sagt Grasnick. Nie standen die Chancen auf Windkraft in Burgen also besser als jetzt. Deshalb fordert der Ortsbürgermeister von der Verbandsgemeinde, mit den Planungen sofort loszulegen.
Windkraftplanung erst nach der Kommunalwahl
Der Verbandsgemeinderat, der bei der Planung Windkraftanlagen das letzte Wort hat, hat diesen Antrag allerdings mit großer Mehrheit abgelehnt. Der Rat will sich erst nach der Kommunalwahl im Juni mit dem Thema befassen. Für Grasnick "ein unglaublicher Vorgang". Er fühlt sich von den Fraktionen ausgebremst: "Was unsere Umwelt angeht, ist es kurz vor zwölf. Und wir leisten uns, dass wir noch ein halbes Jahr verlieren. Das tut weh."
Verbandsbürgermeister Leo Wächter (CDU) hält die Entscheidung des Rates hingegen für richtig. Denn nach der Kommunalwahl werde es im Moseltal wieder neue Ortsbürgermeister geben: "Und ich fände es unlauter, bei den Windkraftplänen schon Fakten zu schaffen, ohne mit den neuen Verantwortlichen der Kommunen darüber gesprochen zu haben."
Wächter will alle einbinden, sagt er, um einen Konsens hinzubekommen. Es sei sinnvoller, ein Gesamtkonzept für den Bau weiterer Windräder in der Verbandsgemeinde zu erarbeiten. So sei es in den vergangenen zehn Jahren immerhin gelungen, ohne Protest rund 40 Windräder zu bauen - mehr als die meisten Kommunen im Land. Dafür gelte es aber die Interessen aller Ortschaften zu berücksichtigen.
Denn einerseits wollen zum Beispiel auch Monzelfeld, Veldenz und Wintrich weitere Windkraftanlagen errichten. Und andererseits gebe es Dörfer, die langsam genug Rotoren in ihrer Nachbarschaft haben.
Gornhausen will sich gegen Burgener Windräder wehren
Gornhausen ist so ein Beispiel. Schon jetzt ist der kleine Hunsrückort oberhalb von Burgen regelrecht umzingelt von Windrädern. Ortsbürgermeister Stefan Wagner (parteilos) ist daher "nicht begeistert" von den Plänen des Nachbardorfes: "Dann kämen hier noch drei weitere Räder dazu und dann stehen die wirklich in allen Richtungen rund um das Dorf." Denn die drei Windräder auf dem Ameisenhügel wären von Burgen zwar nicht zu sehen. "Wir würden aber direkt draufschauen", sagt Wagner. "Und dagegen werden wir uns auf jeden Fall wehren."
Der Ortsbürgermeister von Burgen, Reinhard Grasnick, kann den Ärger nicht verstehen. "Bei den 40 Rotoren da oben können drei weitere nicht stören", findet Grasnick. Er wird daher weiter für seine Windräder kämpfen. Denn er befürchtet, dass die Gemeinde sonst wieder nicht zum Zug kommt - genauso wie vor zwölf Jahren.