Protest nach Einstellung der Ermittlungen zu Pföhler

Angehörige von Opfern der Ahrflut bringen Skulpturen nach Mainz

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Hinterbliebene der Flutkatastrophe haben 135 Skulpturen vor der Staatskanzlei in Mainz aufgestellt. Sie wurden als Symbol für die zu Tode gekommenen Menschen per Schiff von Remagen gebracht.

Die Aktion hat das Ehepaar Orth initiiert, das in der Flutnacht seine Tochter Johanna verlor. In Mainz übergab das Ehepaar auch einen an Ministerpräsidentin Dreyer adressierten Brief. In dem Schreiben wird die Entlassung von Justizminister Mertin gefordert. Er sei seiner Verantwortung nicht gerecht geworden und habe die Beschwerden der Hinterbliebenen nicht berücksichtigt. In der vergangenen Woche hatte die Staatsanwaltschaft Koblenz die Ermittlungen zur tödlichen Flutkatastrophe eingestellt.

Die Behörde begründete die Entscheidung unter anderem damit, dass es sich bei der Flut um eine außergewöhnliche Naturkatastrophe gehandelt habe, deren extremes Ausmaß für die Verantwortlichen des Landkreises Ahrweiler nicht konkret vorhersehbar gewesen sei. Hinterbliebene von Opfern wollen diese Entscheidung nicht akzeptieren. In zwei Fällen wurde Beschwerde eingelegt.

Per Schiff von Remagen nach Mainz

Die 135 weiß eingepackte Statuen eines Kölner Künstlers sind am Samstagmorgen auf dem Rhein von Remagen nach Mainz gebracht worden. Sie sollen an die Opfer der Ahrflut erinnern, die in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 im Ahrtal ihr Leben lassen mussten, und eine Botschaft übermitteln.

Es war eine symbolhafte Fahrt, um ihr Anliegen nach Mainz zu Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) zu bringen und auch die Menschen entlang der Strecke damit zu erreichen: Sie wollen eine Anklage gegen den ehemaligen Landrat des Kreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler (CDU). Die Einstellung des Verfahrens sei für sie ein Justizskandal. Der Leitende Oberstaatsanwalt Mario Mannweiler hatte die Einstellung des Verfahrens damit begründet, dass es nicht genug konkrete Beweise gebe, um Pföhler wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen anzuklagen.

135 Skulpturen erinnern auf Bootsfahrt an Opfer der Ahr-Flut
Protest und Botschaft: 135 Skulpturen sollen auf der Bootsfahrt an die Opfer der Ahr-Flut erinnern.

Initiatoren der Beschwerde sind Mitorganisatoren

In zwei Fällen war danach Beschwerde gegen die Entscheidung eingelegt worden. Die Initiatoren der Aktion gehören dazu. Sie sprechen von einem Schlag ins Gesicht der Betroffenen. 

Bei der Flutkatastrophe waren im Rheinland-Pfalz 136 Menschen ums Leben gekommen, davon 135 in der Ahr-Region und einer im Raum Trier. Ein Mensch gilt noch immer als vermisst.

Die 135 Skulpturen waren bereits Mitte Februar zum Abschluss der Beweisaufnahme im Flut-Untersuchungsausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags vor dem Parlament in Mainz aufgebaut worden.

Dernau

SWR Podiumsdiskussion in Dernau "Die Leute im Ahrtal haben guten Grund, wütend zu sein"

Wut, Trauer, Empörung und Unverständnis. Dass nach der Flutkatastrophe im Ahrtale keine Anklage erhoben wird, können viele Menschen nicht nachvollziehen. Das wurde auf einer SWR-Podiumsdiskussion in Dernau deutlich.

SWR4 am Montagabend SWR4

Weitere Infos zum Flutkatastrophe

RLP

Sondersitzung des Rechtsausschusses Ermittlungen zur Flut im Ahrtal: Das Verfahren ist noch nicht beendet

Thema im Rechtsausschuss: Die Staatsanwaltschaft wird wegen der Flutkatastrophe keine Anklage erheben. Justizminister Mertin (FDP) wollte das nicht bewerten.

Der Vormittag SWR1 Rheinland-Pfalz

Bad Neuenahr-Ahrweiler

Storytelling-Podcast Die Flut – Warum musste Johanna sterben?

Juli 2021: Die 22-jährige Johanna Orth aus Bad Neuenahr-Ahrweiler ist auf dem besten Weg in eine erfüllte Zukunft. Gerade fertig mit der Ausbildung, frisch verliebt und mit der Aussicht auf eine eigene Konditorei. Dann reißt sie die Flutwelle aus dem Leben. Der Host Marius Reichert ist selbst in Bad Neuenahr-Ahrweiler zu Hause und berichtete als Reporter aus Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz über die Flut. Er kennt die Schicksale der Betroffenen - auch die Geschichte von Johanna. Zusammen mit ihren Eltern begibt sich Marius auf die Suche nach Antworten rund um die Ereignisse dieser verhängnisvollen Nacht: Wie kam Johanna ums Leben? Wie konnte es so weit kommen? Warum wurde Johanna nicht früher gewarnt? Wer trägt Verantwortung? Johanna soll den mehr als 180 Todesopfern der Flut ein Gesicht geben, so der Wunsch der Eltern, denn der Schrecken dieser Katastrophe darf nicht in Vergessenheit geraten. Mithilfe verschiedener Gesprächspartner - Betroffene, Angehörige, Politiker:innen, Einsatzkräfte, Expert:innen - geht Marius Reichert diesen Fragen auf den Grund. Die ersten sechs Folgen sind am 1. Juli 2022 erschienen. Ein Update zum zweiten Jahrestag erscheint am 7. Juli 2023: Wie geht es den Orths zwei Jahre nach der Katastrophe und wie steht es um die Aufarbeitung? 

Der Podcast ist eine Produktion von SWR und WDR. 

Hier noch eine Warnung: In diesem Podcast werden die Todesumstände von Johanna und der Umgang mit ihrem Tod explizit beschrieben. Wenn euch Themen wie Tod, Trauer oder Suizid belasten oder ihr selbst von den Ereignissen betroffen wart und traumatisiert seid, dann hört euch den Podcast besser nicht an oder nicht allein. Hilfe findet ihr z.B. bei der Telefonseelsorge oder beim Traumhilfe-Zentrum im Ahrtal: www.thz-ahrtal.de

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SWR