Die Zukunft der Arbeit beginnt in Koblenz hinter einer schlichten Glastür im Industriegebiet. Versteckt zwischen einer Handelsfirma und einem Paketzentrum führen kahle Betontreppen hinauf in den ersten Stock eines Bürohauses. Hier hat die Marketing- und KI-Agentur "247 GRAD" ihren Sitz.
Einen festen Büroplatz hat hier keiner. Mit ihren Laptops sitzen mehr als 40 Marketingexperten, Software-Designer oder Mediengestalter locker in verschiedenen "Arbeitsinseln". Gleich daneben steht ein Bücherregal oder ein Kühlschrank mit Limonade und Bier. Was hier offenbahr zählt, ist viel Raum und Zeit für kreative Ideen. Und von denen hat vor allem Sascha Böhr viele.
Jungunternehmer aus Koblenz gilt als Vorreiter für Künstliche Intelligenz
Der Koblenzer IT-Kaufmann hat die Agentur 2010 gegründet. Heute ist er 39 Jahre alt und leitet sie mit seinem Geschäftspartner Thomas Berg. Die beiden gelten weit über die Grenzen der Stadt hinaus als Spezialisten für KI-basierte Systeme im Marketing und der Unternehmenskommunikation.
In der Vergangenheit haben Böhr und sein Team schon mehrmals die Arbeitsabläufe vieler Social-Media-Kanäle, Marketing-Agenturen und Unternehmen verändert. Ihre erste Software nutzen nach eigenen Angaben mehr als 250.000 Plattformen in den Sozialen Netzwerken weltweit.
Ein weiteres Marketing-Programm sei derzeit bei rund 200 großen Konzernen wie BMW, der Lufthansa und anderen im Einsatz, erklärt Böhr. Auch der Koblenzer Energieversorger EVM nutzt einen virtuellen Kundenberater, den das Team um Böhr entwickelt hat. Mit ihm können Kunden der EVM im Internet chatten.
"Mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz werden wir jetzt ein ganz anderes Level erreichen. Wir wollen Rheinland-Pfalz zu einem der führenden KI-Standorte in der Bundesrepublik machen", sagt der junge KI-Unternehmer aus Koblenz selbstbewusst.
Böhrs neustes Projekt heißt "nuwacom". Dieses intelligente Computerprogramm soll vor allem das Marketing und den Journalismus revolutionieren. "Redakteure haben damit wieder mehr Zeit, um sich um ihre ureigenen Aufgaben wie die Recherche zu kümmern. Die KI hilft dann vollautomatisch bei der Texterstellung", schildert Böhr seine Entwicklung. Ein besonders Ziel sei es dabei, die Sicherheit und die Qualität der Daten zu gewährleisten, erklärt Sascha Böhr.
Künstliche Intelligenz soll Arbeit verändern
Was Künstliche Intelligenz bereits im Arbeitsalltag der Agentur bedeutet, schildert Marketing Manager Frederick Kromm. Er verantwortet Werbestrategien für den Nürburgring und andere große Unternehmen. Dafür nutze er bereits seit etwa drei Jahren vorhandene KI-Programme wie Chat-GPT. Spezielle Anwendungen entwickeln eigene Programmierer.
Mehr Zeit auf der Arbeit dank Künstlicher Intelligenz
"Seitdem habe ich vor allem mehr Zeit", schildert Frederick Kromm. Früher habe er zum Beispiel bis zu drei Stunden für eine Werbe-Anzeige auf Facebook gebraucht, erzählt der Marketingspezialist für Soziale Netzwerke. "Heute sind das 15 Minuten, wenn es schnell gehen muss". Inzwischen entwirft er mit KI komplette Werbekampagnen, plant Fotoshootings oder verfeinert seine Ideen.
Dadurch habe er im Durchschnitt jetzt pro Tag etwa ein Drittel mehr Zeit für seine Kunden, sagt Frederick Kromm. "Es geht darum, wirklich zu verstehen, welche Bedürfnisse der Mensch hat", meint der Marketing-Profi. Menschliche Fähigkeiten wie Kreativität, Einfühlungsvermögen oder andere soziale Kompetenzen würden dabei immer wichtiger.
Diese Sichtweise auf eine Arbeitswelt, in der Künstliche Intelligenz eine immer größere Rolle spielen wird, will Agenturgründer Sascha Böhr in ganz Rheinland-Pfalz vorantreiben. Im Juli plant er deshalb eine landesweite KI-Konferenz in Koblenz.