Kaffee servieren, in der Küche helfen oder ein Schwätzchen mit den Gästen halten. Rentner Carlos Andrade aus Brasilien arbeitet seit drei Monaten im Hotel Kleiner Riesen in Koblenz. Er blüht bei der Arbeit richtig auf. "Ich laufe hier rum, rede mit den Gästen und frage, ob sie zufrieden sind", sagt er. "Die Gäste merken nicht, dass ich so alt bin - 86!"

Das Hotel am Koblenzer Rheinufer hat nach eigenen Angaben vor allem in den Sommermonaten mit fehlendem Personal zu kämpfen. Der Fachkäftemangel sei aber nicht der einzige Grund gewesen Senioren einzustellen - auch der soziale Gedanke spiele für Hotelmanager André Hülsenitz eine große Rolle.
Auf die Idee eine Kampagne zu starten, sei er durch seinen Vater gekommen, erzählt er. "Der sitzt Zuhause in der Rente und langweilt sich, hat keine Aufgabe mehr", sagt der 40-Jährige. So gehe es bestimmt vielen älteren Menschen.
Das Plakat der Kampagne sorgt für Aufmerksamkeit
Das Plakat mit der Aufschrift "Rente? Zu jung für Langeweile? Wir suchen Verstärkung mit Lebenserfahrung in flexibler Teilzeit" habe schon viele Leute angesprochen, sagt André Hülsenitz.
So war es auch bei Carlos Andrade. Der 86-Jährige hat früher als Chef der Bordverpflegung bei einer brasilianischen Fluggesellschaft am Frankfurter Flughafen gearbeitet. Er fühle sich zu fit, um den ganzen Tag faul auf dem Sofa zu liegen. "Ich achte auf meine Linie, ich mache Yoga und Gymnastik, aber ich habe Sorge, dass ich auch einen Bauch bekomme. Ich muss mich bewegen und deswegen bin ich hier", sagt er mit einem Augenzwinkern.

Das Hotel Kleiner Riesen in Koblenz freue sich über jeden Bewerber, sagt der Hotelmanager. Mit Carlos hätten sie schon einen echten Glücksgriff gemacht. Darüber seien sie sehr froh.
Koblenzer Bäckerei bietet Bewerbern Wechselprämie
Auch die Bäckerei Kamp in der Koblenzer Vorstadt sucht mit einem Plakat und in den sozialen Medien nach Fachkräften. Inhaber Sascha Kamp, der das Geschäft in 3. Generation führt, bietet Bewerbern 500 Euro Wechselprämie, wenn sie bei ihm anfangen.
Der 51-jährige Bäckermeister spürt nach eigenen Angaben schon seit Jahren, dass immer weniger junge Leute seinen Beruf erlernen möchten. Zu seiner Ausbildungszeit habe es vier Berufsschulklassen mit Lehrlingen aus Koblenz gegeben. Heute sei es gerade mal eine Klasse mit Schülerinnen und Schülern aus Koblenz und der Umgebung. Sascha Kamp sagt, es gebe zu viele neue, attraktive Berufsfelder und immer mehr junge Menschen würden studieren.

Bäckerei sucht weiter nach Fachkräften
Bei der Suche nach Fachkräften verlange der Bäckerei-Inhaber nur noch selten nach einer Bewerbung, meist bleibe es bei einem Telefonat, um die Hemmschwelle so niedrig wie möglich zu halten. Durch seine Plakat-Aktion habe er schon zwei neue Verkäuferinnen einstellen können. Darüber freue er sich sehr, sagt er.
Nach eigenen Angaben fehlen aber immer noch zwei Mitarbeitende. Seit Februar vergangenen Jahres habe er montags einen Ruhetag eingeführt. Vielleicht komme bald sogar noch der Sonntag hinzu. Zwei Schichten pro Tag an sieben Tagen in der Woche könnten sonst mit seinem jetzigen Team nicht mehr voll besetzt werden, so Kamp.