Personalmangel in Rheinland-Pfalz (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Jens Büttner)

Demografie, Corona, Krankmeldungen

Warum überall in Rheinland-Pfalz Personal fehlt

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Matthias Weber

Ob Bahn, Schwimmbad oder Restaurant: Immer mehr Unternehmen in Rheinland-Pfalz finden derzeit zu wenig Personal. Warum ist das so - und wird das nach Ende der Sommerferien besser?

In den letzten Tagen war es vor allem die Bahn, die wegen Personalmangels für Schlagzeilen sorgte. Weil es immer wieder kurzfristige Ausfälle gebe, müsse tagtäglich neu geplant werden, teilte eine Bahn-Sprecherin dem SWR mit. Deshalb müssten auf sogenannten Randstrecken hin und wieder Züge gestrichen werden, damit sie auf den Hauptstrecken fahren könnten. Betroffen sind derzeit vor allem der Norden des Landes sowie die Pfalz.

Aber auch in vielen anderen Bereichen führt der Mangel an Arbeitskräften seit Wochen zu spürbaren Folgen für die Menschen: Viele Hotels und Restaurants haben ganz oder zeitweise geschlossen, Handwerker und Handwerkerinnen sind immer schlechter zu bekommen, Schwimmbäder sind seltener geöffnet und im Supermarkt sind weniger Kassen verfügbar.

Zahlreiche Unternehmen von Personalmangel betroffen

Das Münchner ifo-Institut berichtete Anfang August, deutschlandweit sei jedes zweite Unternehmen von Personalmangel betroffen; in der Dienstleistungsbranche sogar 54 Prozent.

Auch in Rheinland-Pfalz ist die Situation prekär. "Die Betriebe suchen händeringend nach Personal", sagt Heidrun Schulz, die Chefin der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundesagentur für Arbeit. Bei ihrer Behörde waren im Juli für Rheinland-Pfalz 47.700 offene Arbeitsstellen gemeldet, rund 21 Prozent mehr als vor einem Jahr.

Demografische Entwicklung als Grundproblem

Dabei haben die Engpässe verschiedene Ursachen - allerdings mit einem Grundproblem: "Seit 2003 beschäftigt uns jetzt der demografische Wandel", sagt Michael Böffel, der bei der IHK Pfalz den Geschäftsbereich Ausbildung leitet, dem SWR. Immer weniger Schulabgänger führten immer mehr zu einer "fühlbaren Unterbesetzung".

Dazu komme, dass sich immer mehr Menschen für akademische Berufe entschieden - und gegen handwerkliche Berufe oder Dienstleistungsberufe. "Die demografische Entwicklung können wir nicht ändern", so Böffel. "Und wir brauchen auch Akademiker - aber nicht so viele."

Corona führt zu mehr Krankmeldungen

Die Pandemie hat die bestehenden Personalprobleme noch einmal deutlich verschärft. Zunächst einmal einfach dadurch, dass durchschnittlich mehr Beschäftigte krankgeschrieben sind. In diesem Sommer erhöhte sich die Zahl der Krankmeldungen bei der Krankenkasse Barmer deutlich: Von 64 Arbeitsunfähigen je 10.000 Versicherten in der 22. Kalenderwoche (29. Mai bis 4. Juni) bis auf 123 in der 26. Kalenderwoche (26. Juni bis 2. Juli).

Die meisten Krankgeschriebenen verzeichnete in dieser Woche demnach Niedersachsen mit einer Rate von 171 je 10.000 Anspruchsberechtigten, Rheinland-Pfalz lag mit 154 Betroffenen auf Rang drei.

Verschiebungen auf dem Arbeitsmarkt

Aber Corona hat auch zu erheblichen Verschiebungen auf dem Arbeitsmarkt geführt. Branchen, die nicht als systemrelevant gelten - also etwa Gastronomie, Reisebranche, Friseur- und Fitnessstudios, Schwimmbäder und Diskotheken - durften ihre Dienstleistungen phasenweise gar nicht oder nur stark eingeschränkt anbieten. Es habe zwar "keine Massenflucht der Beschäftigten" gegeben, betont Enzo Weber, Arbeitsmarktökonom bei der Bundesagentur für Arbeit, im Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Aber die Zahl der Neueinstellungen in diesen Branchen sei gesunken - mit Folgen bis heute.

Zu erheblichen Verschiebungen im personellen Bereich führte schließlich auch die von Corona ausgelöste zunehmende Digitalisierung. In Rheinland-Pfalz arbeiteten laut Statistischem Landesamt 2021 etwa 24 Prozent der Beschäftigten ganz oder teilweise im Homeoffice. Dazu kamen die Schülerinnen und Schüler, die phasenweise per Fernunterricht betreut werden mussten. "Das kostet viele Mitarbeiter", erklärt Michael Böffel von der IHK Pfalz. Diese fehlten nun an anderer Stelle.

Problemlösung: Mehr Menschen in den Arbeitsmarkt

Auch das Ende der Sommerferien werde keine spürbare Entlastung bringen, sagt die Landeschefin der Arbeitsagentur, Schulz. "Auch wenn die Beschäftigung nach den Ferien erfahrungsgemäß steigt, wird sich die große Nachfrage nach Arbeitskräften vermutlich nicht ändern."

Nötig sei nun, mehr Menschen in den Arbeitsmarkt zu bringen - da sind sich IHK und Arbeitsagentur einig. Vor allem müsste es eine höhere "Erwerbsbeteiligung von Frauen" geben, betont Schulz. Auch die Einwanderung von Fachkräften aus dem Ausland müsse gezielt unterstützt werden.

Arbeitsmarktforscher Weber empfiehlt den Unternehmen aber auch, bei den Jobs flexibler zu werden. So sollten sie etwa "stärker auf sozialversicherungspflichtige Jobs mit größerem Stundenumfang setzen - statt auf die vielen Mini-Jobs", sagte Weber im Interview mit SWR1.

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