Die Liste der Krankenhäuser in der Region Koblenz, denen es schlecht geht, scheint immer länger zu werden: Schließung der Paracelsus Klinik in Bad Ems, Schließung der Akut-Abteilungen im Krankenhaus Lahnstein, Insolvenz der DRK-Kliniken und finanzielle Probleme beim Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein (GKM).
Ärzte und Kommunalpolitiker fordern neues Krankenhaus
Im Rhein-Lahn-Kreis herrscht deshalb helle Aufregung: Es gebe mittlerweile viel zu wenig Krankenhausplätze und die Notaufnahmen seien überlastet, sagen Mediziner aus Bad Ems, die sich im Verein Bad Emser Ärztekollegium e.V. zusammengeschlossen haben.
Bei einer Pressekonferenz am Mittwochnachmittag forderten Ärzte, Pflegepersonal und Kommunalpolitiker, dass die stationäre Versorgung im Kreis wieder gesichert wird - mit einem neuen 120-Betten-Krankenhaus und einem angeschlossenen medizinischen Versorgungszentrum.
Gesundheitsministerium sieht keinen Bedarf
Das Gesundheitsministerium in Mainz sieht keinen Bedarf dafür, in Bad Ems ein neues Krankenhaus zu bauen. Für die Versorgung von Patientinnen und Patienten im Rhein-Lahn-Kreis würden die Krankenhäuser in Nastätten, Montabaur und Koblenz ausreichen.
Das Ministerium teilt weiter mit, dass es dem bisherigen Betreiber des Krankenhauses in Bad Ems nicht gelungen sei, das Haus angemessen auszulasten und wirtschaftlich zu betreiben. Und weil die Immobilie ja noch stehe, gebe es auch keine Gründe einen Neubau zu fördern.
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Patienten werden bis nach Bayern ins Krankenhaus geschickt
Laut den Ärzten ist die Lage aber schon jetzt bedenklich: Im Rhein-Lahn-Kreis könnten Patientinnen und Patienten nur noch schlecht oder gar nicht mehr versorgt werden, bemängelten die Ärzte in Bad Ems. In ihren Arztpraxen führe das dazu, dass die Mitarbeiter oft stundenlang telefonieren müssten, um ein freies Krankenhausbett für ihre Patienten zu finden. Manchmal seien die Wege dann enorm weit.
Nach Angaben der Mediziner kommt es regelmäßig vor, dass nur ein Krankenhaus in einem anderen Bundesland noch jemanden aufnehmen kann. Die Patienten würden dann also nach Hessen und Nordrhein-Westfalen, und manchmal auch bis nach Bayern geschickt.
Ärzte beobachten nach eigenen Angaben eine Art Triage
Aus Sicht des Bad Emser Ärztekollegiums ist das aber nicht das einzige Problem: Die Haus- und Fachärzte beobachten nach eigenen Angaben auch eine Art Triage. Das ist in der Medizin eine Priorisierung nach Schwere der Erkrankung. Gerade bei älteren Menschen und Menschen mit Behinderungen komme diese in den Kliniken immer wieder vor. Die Patienten würden dann in schlechtem Gesundheitszustand und oft ohne richtige Diagnose aus dem Krankenhaus entlassen.
Auch diese Beobachtungen weist das Gesundheitsministerium in Mainz zurück: Die Krankenhäuser in den umliegenden Orten könnten eine ausreichende Akut-Versorgung leisten. Es komme darauf an, dass sich die Betreiber der Reha-Einrichtungen besser mit den umliegenden Krankenhäusern abstimmten. Die Kliniken seien grundsätzlich für ein besser "funktionierendes Einweisermanagement offen". Das könne die Prozesse beschleunigen.
Ärzte und Mitarbeiter berichten von dramatischen Fällen
Eine Mitarbeiterin einer Hausarztpraxis in Bad Ems schilderte bei der Pressekonferenz am Mittwoch beispielsweise den Fall einer 37-jährigen Frau, die von verschiedenen Krankenhäusern nach kurzen Diagnosen immer wieder in die Praxis zurückgeschickt worden sei. Nach gut einer Woche sei sie ins Koma gefallen, weil sie einen Gehirntumor gehabt habe.
Allgemeinmedizinerin Hildegard Simons nannte einen Fall eines älteren Mannes, der immer wieder zwischen Krankenhaus und Hausarzt hin und her gependelt sei, weil er Blutarmut und Wasser im Bauch gehabt habe: "Ich wollte ihn einweisen in ein Krankenhaus. Es war erstmal sehr problematisch ein Krankenhaus zu finden. Dort wurde er noch nicht mal abgeladen, sondern direkt wieder nach Hause geschickt, weil keine Kapazitäten da seien. Mir wurde dann zugesagt, dass er montags kommen könnte. In der Nacht auf Montag ist der Patient dann verstorben."
Auswirkungen auf den Rettungsdienst
Die fehlenden Plätze in den Notaufnahmen sorgten zudem immer häufiger bei Rettungsdiensten in der Region für Schwierigkeiten, sagen die Ärzte. Sie müssten weitere Wege fahren, um ihre Patienten in ein Krankenhaus zu bringen. Während dieser Zeit könnten sich die Sanitäter nicht um andere Notfälle kümmern.