Am heutigen Donnerstag haben gegen 11 Uhr beim zweiten bundesweiten Warntag auch in Baden-Württemberg wieder mancherorts Sirenen aufgeheult. Probewarnmeldungen wurden zudem auf Handys geschickt, teils mit lautem Signalton. Damit sollte getestet werden, wie gut die technische Infrastruktur der Warnsysteme in Deutschland funktioniert - und wo noch nachgebessert werden muss. Allerdings machten dabei nicht alle Gemeinden mit.
Test für Katastrophenschutz Warntag: Cell Broadcast - viele Handynutzer bekamen eine Nachricht
Das neue Warnsystem Cell Broadcast wurde am 8. Dezember bundesweit getestet. Alle Besitzer eines Smartphones sollten eine kurze Textnachricht vom Katastrophenschutz erhalten.
Pannen beim ersten Warntag vor zwei Jahren
Als "fehlgeschlagen" hatte das Bundesinnenministerium den ersten Warntag im September 2020 bezeichnet. Unter anderem, weil die Probemeldungen über die Warn-Apps NINA und KATWARN gut eine halbe Stunde später ankamen als geplant. Verbesserungen und ein jährlicher Warntag wurden angekündigt. Der für 2021 geplante Warntag wurde jedoch abgesagt, der diesjährige von September in den Dezember verschoben.
Für die Stadt Freiburg war dies auch der Grund, auf eine Teilnahme am Donnerstag zu verzichten. "Auf derartige Unwägbarkeiten wollten wir uns nicht einlassen", teilte die Feuerwehr mit. Außerdem fänden die Sirenenproben der Stadt seit vielen Jahren am jeweils letzten Samstag im März und Oktober statt. Die Bevölkerung sei dafür sensibilisiert.
Viele Sirenen wurden nach Kaltem Krieg abgebaut
Die Teilnahme der Kommunen und Landkreise war freiwillig. Auch in Göppingen blieben die Sirenen stumm - allerdings aus einem anderem Grund: "Auf eine Sirenenwarnung wird an diesem Tag verzichtet, da diese noch nicht flächendeckend vorhanden sind", hieß es dazu vorab bei der Stadt. Reutlingen wollte sich ebenfalls nicht an dem Warntag beteiligen. Nach Angaben der Feuerwehr sind die mobilen Sirenen eingelagert. Die jeweiligen Abteilungen würden aber im Rahmen ihrer Dienste an den mobilen Sirenen üben.
Das Sirenensystem ist bundesweit lückenhaft. Vielerorts waren die Anlagen nach dem Ende des Kalten Krieges abgebaut worden, weil man glaubte, sie nicht mehr zu benötigen. Inzwischen hat ein Umdenken stattgefunden. Der Bund unterstützt die Länder zwar bei der Aufstellung neuer und der Modernisierung alter Sirenen mit einem Förderprogramm. Die Mittel sind nach Angaben der Kommunen im Land aber bei weitem nicht ausreichend. Für Baden-Württemberg wurden 11,6 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.
Auch in Stuttgart musste das System erst wieder aufgebaut werden: Eine stadtweite Sirenenwarnung werde "in den kommenden Jahren geplant", so ein Stadtsprecher. Im benachbarten Landkreis Esslingen gibt es derzeit nur in 16 der 44 Kommunen Sirenen. Im Rhein-Neckar-Kreis gibt es ebenfalls mehrere kleinere Orte, die überhaupt keine Sirenen besitzen.
Bundesweite Übung Warntag: Wo in der Region Stuttgart Sirenen heulen
Zum Warntag am Donnerstag werden auch etliche Sirenen in der Region Stuttgart getestet. Aber nicht überall ist ein Heulton zu hören - denn viele Anlagen existieren gar nicht mehr.
Diese Orte nehmen am Warntag teil
In Karlsruhe sind nach Angaben der Stadt 59 elektronische Anlagen an das stationäre Sirenennetz im Stadtkreis angeschlossen. Auch Bruchsal hatte sich vorbereitet: "Wir lösen alle 44 Sirenen auf unserer Gemarkung aus", sagt Bernd Molitor vom Ordnungsamt. Der Gemeinderat habe die Anlagen Mitte der 1990er Jahre vom Bund übernommen und seitdem jährlich gewartet. Von einem "fast flächendeckenden Sirenennetz" spricht auch die Stadt Lörrach.
Auch Mannheim war beim Warntag dabei. Laut Stadt gibt es seit 2017 ein fast flächendeckendes Sirenennetz mit 65 Sirenen. Im Neckar-Odenwald-Kreis verteilen sich 114 funktionstüchtige Sirenen auf 27 Städte und Gemeinden.
Weitere Städte, die mitmachten, waren Heilbronn, Sigmaringen, Horb, Freudenstadt, Tübingen und Bad Herrenalb. An einigen Orten in BW war außerdem der Einsatz von Lautsprecherwagen geplant.
Sirenen der neuesten Generation in Aalen
In Aalen wurden Sirenen der neuesten Generation eingesetzt. Ihr Name: Mobela. Mobela ist eine weiße, fußballgroße Halbkugel, die einen 360-Grad-Rundlautsprecher enthält. Die Sirene kann mittels eines Steuergeräts unterschiedliche Heultöne von sich geben - oder auch live ins Mikrofon gesprochene Texte und aufgezeichnete Warnbotschaften.
Erstmals Warnung per Textnachricht aufs Handy
Viele Handys gaben Donnerstagvormittag einen lauten Signalton von sich, vibrierten und blinkten. Getestet wurde das sogenannte Cell-Broadcast-Verfahren, mit dem Behörden Textnachrichten verschicken können. Netzbetreiber hatten darüber bereits im November per SMS informiert. Die meisten neueren Smartphones sind abgedeckt. Allerdings unterstützen nicht alle Handys die Technologie, so das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Probewarnungen gab es auch über Warn-Apps wie NINA.
Anlass für die Einführung von Cell Broadcast war die Flut in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen im Sommer 2021. Bei der Naturkatastrophe starben 180 Menschen, davon 135 in Rheinland-Pfalz. Damals zeigte sich, dass die bisherigen Warnsysteme nicht ausreichten, um die Bevölkerung flächendeckend vor der Gefahr zu warnen.
Bei älteren Geräten muss Cell Broadcast in den Einstellungen aktiviert werden, bei neusten Handys kommen Meldungen der höchsten Warnstufe automatisch und lassen sich auch nicht abstellen. Was sonst noch zu beachten ist, wird im Video erklärt:
Gefahrenmeldungen in Radio und Fernsehen
Auch der SWR ist an das Warnsystem angeschlossen und informiert grundsätzlich im Gefahrenfall über Radio, Fernsehen und online. Die Probemeldung am Warntag war in den Verkehrsnachrichten um 11 Uhr zu hören, im Fernsehen wurde sie als Text eingeblendet. Erstmals testete der SWR zudem Benachrichtigungen über 5G-Broadcast. Mit dieser Technologie soll es im Gefahrenfall künftig möglich sein, schnell zu informieren und Fernsehprogramm direkt zu übertragen.