Sie ist endlich da: In Ulm ist am Freitagmorgen die neue Fußgängerbrücke über die Blau eingesetzt worden. Ein ökologisches Vorzeigeprojekt, nennt es die Stadt Ulm, die Brücke besteht aus Flachsfasern und Bioharz. Für einen privaten Bauherrn nicht leistbar, kritisiert der Bund der Steuerzahler. Auf jeden Fall eine Ehe mit Hindernissen.
"Smart Circular Bridge" kommt in Ulm an
Die zahlreichen Brücken, über die der Tieflader in den vergangenen zwei Tagen von den Niederlanden bis nach Ulm gefahren ist, hat vermutlich niemand gezählt. Viel wichtiger als die Brücken unter dem Fahrzeug war ohnehin die Brücke auf dem Fahrzeug. Die "Smart Circular Bridge" ist in der Nacht zum Freitag auf dem Ulmer Münsterplatz angekommen. Passend zur Geschichte gab es beim Einbau der Brücke an der nahegelegenen Blau wieder eine Panne.
Brückeneinbau: Kran gibt den Geist auf
Mit einem großen Kran sollte die Brücke am frühen Freitagmorgen eingesetzt werden. Doch der große Kran verweigerte seinen Dienst. Ersatz musste her. Zwei Stunden später war es dann soweit. Kran Nummer zwei nahm die Brücke an den Haken und setzte sie zentimetergenau an ihr neues Zuhause. In der Ulmer Innenstadt verbindet sie jetzt das Ufer der Blau mit einer Insel in dem kleinen Flüsschen. Wie lang sie das tun wird, ist derzeit völlig offen. Denn die "Smart Circular Bridge" ist ein Experiment. Es gibt weltweit nur drei Exemplare. Sie wurden in einem Forschungsprojekt unter der Leitung der Technischen Universität Eindhoven entwickelt.
Pleiten, Pech und Pannen beim Brückenprojekt
2016 wurde bei einer Hauptprüfung die Vorgängerbrücke als eingeschränkt tauglich bewertet. Der Ulmer Gemeinderat hatte dem neuen Projekt im Jahr 2023 zugestimmt. Der erste Hersteller der Brücke meldete Insolvenz an. Eine zweite Firma übernahm das Projekt. Sie stellte im vergangenen Jahr einen neuen Brückenkörper her, ausschließlich aus Naturprodukten, wie Hanf und Harz. Doch der Steg hielt Belastungstests nicht stand. Ein dritter Hersteller wagte einen neuen Versuch. Herausgekommen ist jetzt der Steg, der seit Freitag in Ulm liegt.
Ökobrücke in Ulm wurde deutlich teurer
Die Kosten sind entsprechend aus dem Ruder gelaufen. Ursprünglich war die "Smart Circular Bridge" mit 330.000 Euro kalkuliert worden. Zuletzt wurden Baukosten in Höhe von 880.000 Euro genannt. Eine im klassischen Stil erbaute Brücke, mit den Maßen 5,40 auf 9 Meter, hätte rund 350.000 Euro gekostet. Der Bund der Steuerzahler hat die Stadt Ulm deshalb kritisiert. "Für einen privaten Bauherrn sei das Projekt nicht leistbar gewesen", heißt es dazu im jüngst veröffentlichten Schwarzbuch.
"Schwarzbuch" zu Steuerverschwendungen Bund der Steuerzahler rügt Stadt Ulm für "Ökobrücke"
Der Bund der Steuerzahler kritisiert die Stadt Ulm in seinem "Schwarzbuch" für den Bau einer Fußgängerbrücke. Der Bau wird doppelt so teuer wie eine konventionelle Brücke.
Letzte Hürde auf der Zielgeraden
Es passt zur ganzen Geschichte der kleinen Brücke, dass es sogar auf dem Weg nach Ulm noch eine letzte Hürde zu überwinden gab. Weil der Tieflader eine Sperrung auf der A8 nicht umfahren konnte, hat sich die Anlieferung um einen weiteren Tag verzögert. Mit Polizeibegleitung wurde der Schwerlader dann bis zum Münsterplatz begleitet.
Die Smart Circular Bridge muss jetzt noch mit den Gehwegen an beiden Enden verbunden werden. Dann kann die Stadt Ulm ihr Vorzeigeprojekt endlich freigeben. Es soll im Frühjahr 2025 soweit sein. Man stelle sich mit dem Projekt der Verantwortung für innovative Lösungen im Ingenieurbau und in der Architektur, heißt es aus dem Rathaus. Auch aus Ehen mit Hindernissen sollen schon glückliche Ehen entstanden sein.