Reihenhäuser in Ulm: Lange Jahre war auf dem Immobilienmarkt vor allem eins gefragt: Tempo!

Steigende Zinsen und hohe Sanierungskosten

Immobilien in Ulm: "Junge Familien können sich kein Haus mehr leisten"

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Maren Haring
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Volker Wüst
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Der Wind auf dem Immobilienmarkt in Ulm hat sich gedreht: Plötzlich wird so manches Haus zum Ladenhüter, weil sich viele Interessenten kein Eigenheim mehr leisten können.

Lange Jahre war auf dem Immobilienmarkt in Ulm vor allem eins gefragt: Tempo! Wer ein kleines Reihenhäuschen kaufen wollte, frisch auf dem Markt, der kam am besten gleich mit der Finanzierungsbestätigung in der Tasche zur ersten Besichtigung. Bei niedrigen Zinsen und hoher Nachfrage stiegen die Preise.

Bis im vergangenen Jahr erst steigende Baupreise und dann steigende Zinsen der Entwicklung Einhalt geboten. Und als dann Russland in die Ukraine einmarschierte, legte der Markt in Ulm eine Vollbremsung hin. "Seitdem hat sich gerade der Markt für Einfamilienhäuser und Häuser, die nicht barrierefrei und älter sind, deutlich gewandelt", sagt der Ulmer Makler Johannes Hirn.

Junge Familien können sich Häuser nicht mehr leisten

Die Hauptkäufergruppe sei weggebrochen: junge Familien mit wenig Eigenkapital. Sie könnten es sich schlichtweg nicht mehr leisten. Für diese Gruppe gab es in den letzten etwa anderthalb Jahren nur schlechte Nachrichten. Die steigenden Bauzinsen beispielsweise. Die Finanzierung eines Kredits ist deutlich schwieriger geworden.

Stephan Kinzer vom Immobiliencenter der Sparkasse Ulm rechnet vor: Bei einem Kredit über 300.000 Euro lagen die Zinsen noch 2022 bei gut einem Prozent, die Tilgung grob bei zwei Prozent. Macht drei Prozent Belastung monatlich und somit 750 Euro. Inzwischen liegt der Zins bei vier Prozent und die Tilgung bei anderthalb Prozent. Macht pro Monat: 1.375 Euro - satte 625 Euro mehr als noch im Vorjahr.

Hohe Kosten für Sanierung

Hinzu kommt, dass viele Häuser sanierungsbedürftig sind. Da geht es von Schäden an der Bausubstanz bis zur eigenen Gestaltung des Bades. Vor allem aber die energetische Sanierung steht im Moment im Fokus: Eine neue Heizung, die Dämmung der Fassade - für all das gibt es viele Regeln und auch manche Pflichten, so Lars Häußler von der Regionalen Energieagentur in Ulm. Da führt schnell ein Eingriff zum nächsten, wenn nach dem Gebäudeenergiegesetz beispielsweise das Dach gedämmt werden muss.

Für Hausbesitzer in Baden-Württemberg können schnell 60.000 bis 70.000 Euro fällig werden, so Häußler. Beispielsweise dann, wenn das Gebäude ein Dach mit Nord-Süd-Ausrichtung hat und 60 Prozent der Südhälfte mit Photovoltaik belegt werden müssen. Da lassen viele die Finger vom Kauf eines gebrauchten Häuschens - vor allem, weil die Preise noch nicht so deutlich sinken, dass die steigenden Sanierungskosten aufgefangen werden können.

Immobilienmarkt in Ulm: Haus verkaufen wird schwieriger

Für Verkäufer bedeutet das: Sie bekommen ihre Häuser nicht mehr so einfach los. Oder müssen mit dem Preis runter. "Es gibt aber auch viele Leute, die dann sagen: 'Okay, dann vermiete ich lieber', weil die Mieten in den letzten Monaten stark gestiegen sind", sagt Makler Johannes Hirn.

Stephan Kinzer von der Sparkasse Ulm erklärt, im Moment könne es bis zu ein Jahr dauern, bis ein Haus verkauft wird. Er glaubt, dass die Preise sinken könnten. Lars Häußler von der Energieagentur hofft, dass das neue Gebäudeenergiegesetz bald mehr Sicherheit bringt. Und rät Käufern, eine lange Checkliste zu Besichtigungen mitzunehmen.

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