Noch sind die meisten Baubetriebe in Baden-Württemberg zwar gut ausgelastet, allerdings befürchten sie, dass sich das ändern wird: Die Anzahl der Genehmigungen für Wohnungsbauten ist nach Angaben der Bauwirtschaft Baden-Württemberg gesunken - im Juni 2022 um elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Bauherren sagen Projekte ab - aus Angst vor überfordernden Kosten
Im privaten Wohnungsbau hätten auch deutlich mehr Häuslebauer als sonst ihre Aufträge wegen der Unsicherheiten bereits storniert, so Markus Böll, Präsident der Bauwirtschaft Baden-Württemberg am Donnerstag. Seit Jahren würden Bauherren immer neue und zusätzliche Kosten aufgebürdet.
"Die Messlatte für Bauherren liegt zu hoch. Viele Bauwillige springen da nicht mehr drüber, sondern sie springen ab."
Im "Wirtschaftsbau" hielten sich Unternehmen mit neuen Aufträgen etwa für Fabrikgebäude zurück. Investiert werde aber in neue Lagerhallen, so der Verein.
Viele Aufträge für die Bauindustrie sind öffentliche Investitionen
Einzig die öffentliche Hand investiere nach wie vor viel, etwa in den Ausbau der Elektro-Ladeinfrastruktur im Straßenbau. Aus Sicht der Bauwirtschaft aber längst nicht genug, um die Dellen aus den anderen Bereichen aufzufangen.
Der Verein kritisierte auch zu lange Planungsverfahren und Koordinationsprobleme. Deswegen komme unter anderem der flächendeckende Ausbau des Glasfaserkabelnetzes nur schleppend voran. Im Land verfügten momentan rund 60 Prozent aller Haushalte über einen Glasfaseranschluss. Vor allem im ländlichen Raum gebe es erhebliche Lücken.
Fachkräftemangel weiter Problem für die Baubranche
Trotz gestiegener Ausbildungsquoten klagen gut 40 Prozent aller Bauunternehmen über zu wenig Personal. Hauptgrund sei der demografische Wandel. Außerdem werde es immer schwieriger, Fachkräfte aus dem Ausland zu gewinnen. Das Lohnniveau habe sich mittlerweile insbesondere in den osteuropäischen Ländern deutlich an den Westen angepasst.
Verbandspräsident Markus Böll schlägt vor, mehr finanzielle Anreize zu schaffen - für ausländische Kräfte, aber auch für das bestehende Personal. Er kann sich zum Beispiel vorstellen, dass Unternehmen älteren Mitarbeitenden Angebote machen, freiwillig länger zu arbeiten - über das Renteneintrittsalter hinaus. Erfolgschancen dafür sieht Böll nur, wenn sich das für die Menschen finanziell richtig lohne.