Die Große Jugendkammer des Landgerichts Tübingen hat einen 18-Jährigen wegen versuchtem Totschlag, gefährlicher Körperverletzung und Volksverhetzung zu sechs Jahren und sechs Monaten Jugendgefängnis verurteilt. Er muss 25.000 Euro an das Opfer bezahlen. Seit Mitte Februar wurde der Prozess am Landgericht Tübingen verhandelt.
Der 18-Jährige hat im Juni letzten Jahres beim Reutlinger Jugendzentrum "Zelle" nach einem heftigen Streit mit einem Springmesser auf einen US-Amerikaner eingestochen. Der Mann wurde dadurch so schwer verletzt, dass er nur mit einer Notoperation überlebt hat. Im Prozess sollte das Motiv des Angeklagten geklärt werden. Er war schon vorher mit rechtsextremen Parolen und Aktionen auch im Internet aufgefallen.
Angeklagter fühlte sich durch das Opfer provoziert
Der Angeklagte nahm das Urteil ganz ruhig auf. Er sei damals ein Nazi gewesen, sagte der Richter. Zwei Tage vor der Tat habe der Angeklagte auf dem Reutlinger Marktplatz ein rechtsextremes Lied abgespielt und den verbotenen "Hitlergruß" gezeigt.
Grund für die Auseinandersetzung beim Jugendzentrum "Zelle" war laut Gericht eine hitzige Diskussion. Der US-Amerikaner wollte mit dem Angeklagten laut Gericht über seine politische Gesinnung diskutieren und hatte ihn auf sein Äußeres angesprochen. Der Angeklagte trug damals eine Glatze und Springerstiefel. Er habe sich in die Enge getrieben gefühlt und dann dem Mann das Messer in die Brust gestoßen. Danach soll er noch den verbotenen Hitlergruß gezeigt haben.
Unstete Lebensgeschichte des Angeklagten
Der Angeklagte hatte laut Richter kein geregeltes Leben geführt. "So eine Lebensgeschichte kann man niemandem wünschen", sagte der Richter. Er sei von Wohngruppe zu Wohngruppe gewechselt und sei damals obdachlos gewesen. Er riet dem Angeklagten bei der Urteilsverkündung: "Nutzen Sie die Zeit, um eine neue Sicht auf Ihr Leben zu bekommen." Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.