Der kleine Milan hat die Augen weit geöffnet. Unzählige Schläuche führen zu seinem Kopf, an seine Arme. Einer davon ist ein Beatmungsschlauch. Doch der soll jetzt, nach neun Tagen, endlich raus. "Das ist immer ein sehr besonderer Moment", sagt Janina Stenzel. "Schafft er es wirklich ohne das Beatmungsgerät, oder muss man ihn ganz schnell wieder intubieren?" Solche Momente sorgen auch bei erfahrenen Pflegerinnen wie Janina immer wieder für Herzklopfen.
Pflegerin: Kinderkrankenpflege wird oft unterschätzt
Janina arbeitet seit vier Jahren auf der Station "Salge", der Kinder-Intensivstation der Freiburger Uniklinik. Sie liebt ihren Job, auch die ständige Hektik, die Bereitschaft, jeden Moment in eins der Zimmer zu rennen, wenn der Alarm blinkt. Auch die Begleitung der Eltern, die sich häufig in emotionalen Ausnahmesituationen befinden, die Schicksale der schwer kranken Kinder, die hier behandelt werden - mit alldem komme sie zurecht. Aber sie sagt auch: "Vielen ist nicht klar, was wir hier leisten." Die Kinderkrankenpflege werde in der Bevölkerung oft unterschätzt.
Klinikgebäude ist in die Jahre gekommen
Dazu kommt, dass die Räume der Station längst zu klein sind. Das Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin der Freiburger Uniklinik ist über 50 Jahre alt. Janina hofft, dass sich das bald ändert: Der Neubau der Kinderklinik ist bald fertig und soll 2024 bezogen werden.
Hören Sie hier die Radioreportage von SWR-Reporter Jan Lehmann in SWR4 Baden-Württemberg:
Überbelastung in der Pflege: Oft ans Aufhören gedacht
Was Janina wirklich an ihre Grenzen bringt, ist das permanente Einspringen für kranke Kolleginnen und Kollegen - zuerst während der Pandemie, jetzt wegen der massiven Grippe- und Erkältungswelle. Dann muss sie kurzfristig zusätzliche Schichten übernehmen, auch nachts, obwohl sie eigentlich frei hätte. Mehrmals habe sie schon überlegt, ihren Job an den Nagel zu hängen. "Aber mir ist nichts eingefallen, was mir genauso viel Spaß macht." Auch der große Zusammenhalt im Stationsteam habe sie immer wieder neu motiviert.
Hoher Krankenstand: Täglich fallen Pflegekräfte aus
Auch Stationsleiterin Stefanie Weide macht die Personalnot zu schaffen. "Im Moment haben wir täglich mit Krankheitsausfällen zu kämpfen", berichtet Weide. Derzeit mache sie kaum etwas anderes, als nach Vertretungen zu suchen. Man müsse inzwischen sogar Mitarbeitende aus dem Urlaub holen. Die Intensivstation "Salge" ist personell eigentlich relativ gut aufgestellt. Fünf Pflegekräfte kümmern sich bei normaler Besetzung um bis zu zehn Intensivpatienten. Dass bislang immer alle Stellen besetzt werden konnten, liegt wohl auch am guten Ruf der Station und der Freiburger Uniklinik.
Intensivpflege: Viel Fachwissen, hohe Verantwortung
Trotz der hohen Belastung will Janina weitermachen. Gerade macht die 28-Jährige eine Weiterbildung zur sogenannten pädiatrischen Intensivfachkraft. Eigentlich ist sie das längst - nur noch nicht auf dem Papier und mit der entsprechenden Gehaltsklasse. Sie legt bei Kindern Infusionen und Magensonden, dosiert Medikamente, kontrolliert Sauerstoff- und Blutwerte. All das inmitten schreiender Kleinkinder, blinkender und schrillender Alarmsignale. Da ist höchste Konzentration gefordert.
Arbeit mit Kindern gibt auch viel zurück
Zurück zum kleinen Milan: Gemeinsam mit dem Oberarzt befreit Janina den eineinhalbjährigen Jungen von seinem Beatmungsschlauch. Vorsichtig, aber bestimmt zieht sie den Schlauch aus seinem Rachen. Der Junge röchelt kurz, dann fängt er an, selbständig Luft zu holen. Janina ist erleichtert und zufrieden. "Wenn man sieht, wie die Kinder wieder alleine atmen und wie sie dann auch unsere Station verlassen, das gibt einem schon echt viel zurück."
Die Kinderklinik der Freiburger Uniklinik wird neu gebaut. Die Herzenssache unterstützt das Projekt:
Freiburg: Eine Kinderklinik der Zukunft Lebenszeit statt Wartezeit
Familien mit kranken Kindern verbringen viel Zeit im Krankenhaus und in der Ambulanz. Damit das Leben trotzdem weitergeht, plant die Kinderklinik einen Neubau mit einem ganz neuen Konzept.