Vater Ziyad Salem betreut seinen achteinhalb Monate alten Sohn Omran Salem, der mit einem Atemwegsinfekt auf der Intensivstation der Kinderklinik des St. Joseph-Krankenhauses liegt und non-invasiv beatmet wird (CPAP-Beatmung). Die Kinderklinik des St. Joseph Krankenhauses ist wegen einer Infektionswelle stark überlastet. Auch in anderen Berliner Kinderkliniken ist die Lage schwierig. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Christoph Soeder)

Offener Brief an die Landesregierung

Überlastete Kinderkliniken in BW warnen vor fatalen Folgen - Fachgipfel geplant

Stand

Die Kinderkliniken in Baden-Württemberg sind vollkommen überlastet. Nun nehmen die Ärztinnen und Ärzte die Politik in die Pflicht - mit ganz konkreten Forderungen.

Mit einem eindringlichen Appell an die Landesregierung warnen 23 Kinderkliniken in Baden-Württemberg: Wegen der überlasteten Notaufnahmen könnten falsche Entscheidungen getroffen werden, mit katastrophalen Konsequenzen. Das steht in einem offenen Brief, den der baden-württembergische Landesverband des Marburger Bunds an die Landesregierung verschickt hat und der dem SWR vorliegt.

"Für uns besteht konkret die Angst, dass wir in überfüllten Notaufnahmen und ohne Aufnahmekapazitäten auf den Stationen die falschen Kinder nach Hause schicken, mit unter Umständen fatalen Konsequenzen - dass eines dieser Kinder morgens nicht mehr aufwacht", heißt es in dem Schreiben, das auch an Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Gesundheitsminister Manfred Lucha und Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (alle Grüne) gerichtet ist.

Wie angespannt die Situation in manchen Kliniken im Land ist, zeigt dieser SWR-Beitrag vom 1. Dezember 2022.

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Kinder-Krankenhaus: "System seit Jahren kaputtgespart"

Die stationäre Kinder- und Jugendmedizin sei im aktuellen System nicht in der Lage, die Vielzahl an akut und chronisch kranken Kinder zu behandeln. Allerdings komme das nicht überraschend, schließlich sei das System seit Jahren "kaputtgespart" worden, schreiben die Kinderkliniken.

Da sich mit dem System der erlös- und gewinnorientierten Fallpauschalen in der Pädiatrie kein Geld verdienen lasse, würden Ausgaben gekürzt. In der Praxis führe das dann dazu, dass dringende kinderchirurgische Eingriffe verschoben werden und Kinder auf eine benötigte Therapie warten müssten.

Lucha beraumt "Fachgipfel Kindergesundheit" an

Gesundheitsminister Lucha reagierte auf den Hilferuf: Er kündigte an, noch vor Weihnachten mit den Kinderärztinnen und -ärzten und den Kliniken die Lage zu erörtern - auf einem "Fachgipfel Kindergesundheit". Dabei sollen Möglichkeiten sondiert werden, wo die Landesregierung entsprechend gegensteuern könne, heißt es in einer Mittelung des Ministeriums.

Der Termin steht noch nicht fest, aller Voraussicht noch werde der Gipfel aber am Donnerstag vor Heiligabend stattfinden. Außerdem liefen Gespräche mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss, in dem unter anderem die Krankenkassen und die Krankenhausgesellschaft vertreten sind, heißt es weiter.

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CDU will pragmatische Vorschläge

Auch der Koaltionspartner, die CDU, meldete sich zu Wort. Der Fraktionsvorsitzende Manuel Hagel teilte mit: "Offensichtlich sind die Maßnahmen, die bislang ergriffen wurden, um die stationäre Versorgung von Kindern und Jugendlichen gerade in Zeiten eines ungewöhnlich starken Infektionsgeschehens sicherzustellen, nicht ausreichend." Der Hilferuf von Ärztinnen und Ärzten müsse alarmieren, so Hagel. Daher brauche es nun pragmatische Vorschläge, die die Situation vor Ort verbessern.

Drei zentrale Forderungen: Betten, Pflege, Reform

Diese haben die Kinderkliniken in ihrem offenen Brief bereits skizziert. Konkret fordern die Kinderärzte und -ärztinnen von der Landesregierung vor allem drei Dinge: Stärkung der Pflege, Ende des Bettenabbaus und eine Reform des Vergütungssystems.

Gleichzeitig fordert auch eine Petition des Förderkreises krebskranker Kinder aus Stuttgart von der Bundesregierung die Stärkung der Kinderheilkunde. Es brauche eine ausreichende Finanzierung. Der Petition hat sich bereits das Klinikum Stuttgart angeschlossen. Man habe eine gefährliche Unterversorgung, so der Vorstandsvorsitzende des Klinikums, Jan-Steffen Jürgensen.

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