Eilverfahren vor dem Landgericht Stuttgart

Prostitution in Stuttgart: Laufhausbetreiber gewinnt im Rechtsstreit gegen Politikerin

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Kerstin Rudat
Kerstin Rudat

Der Stuttgarter Laufhausbetreiber John Heer hat vom Landgericht teilweise recht bekommen. Die SPD-Abgeordnete Leni Breymaier darf nicht behaupten, in seinem Laufhaus arbeiteten Frauen unfreiwillig.

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Leni Breymaier (Wahlkreis Aalen/Heidenheim) darf bestimmte Äußerungen zum Thema Prostitution im Zusammenhang mit dem Gewerbe des Stuttgarter Laufhausbetreibers John Heer nicht mehr machen. Das hat das Landgericht Stuttgart in einem Eilverfahren entschieden.

Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro droht

Ansonsten drohe Breymaier ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro, so das Landgericht. Hintergrund der Klage war eine Konfrontation beider Parteien in der SWR-Sendung "Zur Sache Baden-Württemberg" vergangenen November. In einer Diskussion über Prostitution und Rotlichtmilieu hatte Breymaier gesagt, dass Menschenhändler und Rockerbanden dem Prostitutionsgewerbe Frauen zuführten. Es gebe gar nicht genug Frauen, die da freiwillig arbeiten wollten, und dass das auch auf das Haus von Heer zuträfe. Dagegen hatte Heer wegen rechtswidriger Äußerungen vor dem Landgericht Stuttgart auf Unterlassung geklagt. Zuvor hatte er außergerichtlich die Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung verlangt, der Breymaier nicht im vorgegebenen Zeitraum nachgekommen sei. So kam es zum Eilverfahren. In diesem gab das Gericht Heer teilweise recht und untersagte Breymaier die Äußerungen.

Breymaier ist für ein Sexkaufverbot

Breymaier ist schon seit langem für ein Sexkaufverbot in Deutschland. Manche Frauen machten diese Arbeit freiwillig. Ihrer Meinung nach rechtfertigt das aber nicht das Leid der vielen anderen Frauen, "die gedemütigt, geschlagen, zerstört werden", so die Bundestagsabgeordnete im SWR im November 2023.

Die Leonhardstraße im Leonhardsviertel in Stuttgart. (Archivbild)
Die Leonhardstraße im Leonhardsviertel in Stuttgart. (Archivbild)

Die Mehrheit der Frauen im Stuttgarter Leonhardsviertel sei nicht krankenversichert und stamme aus Osteuropa, Südosteuropa, Afrika oder zunehmend auch aus China. Das seien doch keine selbstbestimmten Frauen, sagte sie. Es sei schlicht falsch, dass Unter-nehmen wie das von ihm betriebene "City-Eroscenter" nur betrieben werden könnten, wenn einem Menschenhändler oder Rockerbanden Frauen zuführten, so Heer. Daher seien seiner Auffassung nach die Äußerungen unwahre Tatsachenbehauptungen, die ihn in seinem Persönlichkeitsrecht verletzten.

Breymaier will nun prüfen, ob sie gegen das Urteil vorgeht und eine Überleitung in das Hauptsacheverfahren beantragt. "Bisher wurde ja lediglich im Eilverfahren entschieden, und hier konnten nur die Stellungnahmen von Herrn Heer und mir berücksichtigt werden. Eine förmliche Beweisaufnahme wurde, was dem Verfahren des Eilrechtsschutzes immanent ist, nicht durchgeführt", sagte sie dem SWR am Dienstag. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Heer: "Stellung als Bundestagsabgeordnete wird ausgenutzt"

Natürlich hätte Breymaier auch im Eilverfahren die Möglichkeit gehabt, Beweise vorzulegen, argumentiert John Heer. Für ihn ist das Urteil sehr wichtig. Denn Breymaier versuche, eine gesamte Branche an den öffentlichen Pranger zu stellen, indem sie ihre Stellung als Bundestagsabgeordnete gezielt nutze, so Heer. "Leni Breymaier führt seit langer Zeit eine ideologische Diskussion um ein Prostitutionsverbot in Deutschland", sagte Heer dem SWR.

Schon lange Streit um Aussagen zu Zwangsprostitution

Breymaier ist im Vorstand des Stuttgarter Vereins "Sisters", der für den Ausstieg aus der Prostitution kämpft. Heer hatte bereits 2021 zusammen mit anderen Betreibern von Laufhäusern aus ganz Deutschland gerichtlich erwirken wollen, dass Breymaier eine ähnliche Aussage wie die obige nicht mehr öffentlich treffen darf und auch schon mehrere andere Politikerinnen und Politiker wegen Verleumdung angezeigt.

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