Die Tiefengeothermie ist im Kreis Karlsruhe schon lange ein Thema. Für die Geothermieanlage in Graben-Neudorf haben erste erfolgreiche Bohrungen stattgefunden. Nun fand im Kreis Karlsruhe auch der erste Tiefengeothermie-Gipfel Oberrhein statt. Dazu treffen sich regionale Politikerinnen und Politiker sowie Branchenvertreter am Dienstag in der Stadthalle in Ettlingen.
Gemischte Gefühle: Kommunen wollen mehr Mitspracherecht bei Bohrprojekten
Zum Tiefengeothermie-Gipfel in Ettlingen kamen vor allem Bürgermeister, Landräte, aber auch Bundestags- und Landtagsabgeordnete aus allen Regionen entlang des Oberrheins. Für die Landesregierung reiste Umweltstaatsekretär Andre Baumann aus Stuttgart an.
Die Kommunalpolitiker in Baden wünschen sich mehr Mitspracherecht bei Bohrprojekten gleich von Beginn an. Einer von ihnen ist der Bürgermeister von Graben-Neudorf Christian Eheim (SPD). Er sieht das Geothermie-Projekt mit gemischten Gefühlen.
Außerdem fordern viele Gemeindevertreter von der Landesregierung eine Bürgschaft für den Fall von Bohrschäden. Dadurch könne die Akzeptanz bei den Einwohnern vor Ort erhöht werden, meint Bürgermeister Christian Eheim.
Diese Meinung vertritt auch der Waghäusler Oberbürgermeister Thomas Deuschle (CDU). In seiner Stadt wurde eine Probebohrung auf einem städtischen Grundstück per Bürgerentscheid abgelehnt. Hätte es da schon eine Landesbürgschaft gegeben, so Deuschle, wäre die Entscheidung vielleicht anders ausgefallen.
Der Landrat des Landkreises Karlsruhe, Christoph Schnaudigel (CDU), sprach sich beim Tiefengeothermie-Gipfel in Ettlingen dafür aus, Lösungen für die Weiterentwicklung der Tiefengeothermie zu finden. "Wir haben hier in der Region ein Riesenpotenzial", sagt er. "Und um dieses Potenzial zu nutzen brauchen wir noch viele Antworten auf viele Fragen."
Als Beispiel nennt er das Thema Schadensabwicklung. "Ich glaube, wenn man für den unwahrscheinlichen Fall ausreichende, schnelle und auch sichere Schadensabwicklungsmöglichkeiten gibt, wird die Akzeptanz für Tiefengeothermie steigen", findet auch Schnaudigel. Dazu fordert er Bund und Land auf, Lösungen für noch bestehende Probleme zu finden.
Landesbürgschaft steht im Fokus
Das Thema Landesbürgschaft für eventuelle Geothermieschäden wird in allen vier badischen Regionen vom Hochrhein bis nach Mannheim diskutiert. Umweltstaatssekretär Andre Baumann kündigte ein Gutachten dazu an, dass bereits im Juli vorliegen soll. Baumann verwies aber auch auf die besonderen Sicherheitsvorschriften, die in Baden-Württemberg für den Betrieb einer Tiefengeothermieanlage gelten.
So dürfe nicht in den massiven, kristallinen Untergrund gebohrt werden, um Erdbeben zu vermeiden. Damit sinke die Chance, dass es seismische Aktivitäten gebe, auf nahe Null. Man gehe hier auf Nummer sicher und arbeite "mit Gürtel und Hosenträger", so Baumann. Bevor ein Projekt genehmigt werde, sei eine umfangreiche 3D-Seismik nötig.
Während der Bohrungen und später während des Betriebes seien permanente seismische Kontrollen erforderlich. In Bruchsal beispielsweise werde jeder Laster auf der A5 aufgezeichnet. Damit könne man beinahe das Sonntagsfahrverbot überprüfen, meinte der Staatssekretär scherzhaft. Schließlich und endlich müsse jedes Unternehmen eine zusätzliche Haftpflichtversicherung abschließen. So etwas gebe es in Deutschland sonst nirgends.
Erste Geothermie-Bohrung in Graben-Neudorf startete 2022
Bei der Tiefengeothermie wird heißes Thermal-Wasser aus mehreren Kilometern Tiefe zur Energiegewinnung an die Oberfläche gefördert. Gerade der Oberrheingraben bietet in dieser Tiefe an vielen Stellen bis zu 100 Grad heißes Wasser.
Seit Sommer 2022 wurde bei einer ersten Bohrung in Graben-Neudorf erstmals heißes Wasser aus rund vier Kilometern Tiefe gefördert. Das war noch heißer als erwartet, nämlich rund 200 Grad. Doch die hohen Temperaturen bereiteten der Technik anfangs auch Schwierigkeiten. Die sind mittlerweile gelöst. Wegen der hohen Temperaturen mussten zum Beispiel Maschinenteile ausgetauscht werden.
In Graben Neudorf soll noch in diesem Jahr ein sogenannter Injektionstest durchgeführt werden. Dabei werden erstmals rund 4.000 Kubikmeter Wasser zurück in die Tiefe gepumpt. Damit will das Unternehmen Deutsche Erdwärme die Durchlässigkeit des Gesteins in rund 3.500 Metern Tiefe prüfen. Außerdem will man sicherstellen, dass beim künftigen Produktionsprozess keine Erdbeben auftreten können. Nach dem Injektionstest folgt im kommenden Jahr im Sommer die zweite Tiefenbohrung. Sie ist nötig, um das Kraftwerk betreiben zu können.
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Sorge von Anwohnern: Geothermie-Bohrungen hatten für Schäden gesorgt
Geothermie-Bohrungen werden oft von Bürgerinitiativen bekämpft, die Erdbeben und Schäden an Häusern befürchten. Dennoch beantragen derzeit viele Unternehmen Bodenuntersuchungen, um geeignete Standorte zu finden.
In der Vergangenheit kam es bei Geothermiebohrungen zu Erdbeben und Schäden. Zum Beispiel im Raum Basel und in Landau. Ein Millionenschaden entstand im südbadischen Staufen: Dort hob sich nach einer Bohrung über mehrere Jahre der Boden in der Altstadt und verursachte Risse in Gebäuden. Dabei handelte es sich in Staufen allerdings nicht um Tiefengeothermie, sondern um oberflächennahe Geothermie.