In den Landkreisen Calw und Enzkreis werden bald neue Windkraftanlagen gebaut  (Foto: picture alliance/dpa | Daniel Vogl)

Aufbruch zwischen Schwarzwald und Rhein

Der Wind hat sich für die Windkraft gedreht - neue Pläne für Energiewende

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Susann Bühler
Ein Bild von Susann Bühler (Foto: SWR, Patricia Neligan)

Atomausstieg, Energiekrise und Klimawandel machen es möglich: In der Region zwischen Calw, Bruchsal, Rastatt und Achern gibt es neue Projekte für Windkraft.

Bisher war die Rheinebene schlicht ein weißer Fleck, was die Windkraft angeht. Doch jetzt macht sich Aufbruchstimmung breit. Einige neue Windkraft-Projekte sind in der Planung. Das heißt, bald könnten sich - je nach Verfahrensdauer - auch in Bühl, Achern, Ottersweier, Durmersheim, Muggensturm und Rheinstetten die ersten Windräder drehen.

14 konkrete Projekte für Windkraft in der Region

Aktuell berichtet die Stabsstelle des Regierungspräsidiums Karlsruhe von 14 konkreten Windkraft-Projekten in den Landkreisen Calw, Karlsruhe, Rastatt und dem Enzkreis.

Windkraft in Mittelbaden: 100 neue Anlagen pro Jahr

Das heißt: Auch in der Region Mittelbaden nimmt die Windkraftplanung langsam Fahrt auf. Zum einen ist es klarer politischer Wille der Landesregierung in Baden-Württemberg den Windkraftausbau vor dem Hintergrund von Energiekrise und Klimakrise schneller voranzubringen. Mit dem erklärten Ziel, 100 neue Anlagen pro Jahr zu bauen. Auch viele Bürgermeister in den Kommunen sind inzwischen durchaus offen für die Windkraft. Davon ist Sebastian Oser im Landratsamt Rastatt fest überzeugt.

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"Wir wollen das Thema Windkraft voranbringen. Auch in der Rheinebene machen Windräder Sinn - dank technologischem Fortschritt."

Windkraft im Kreis Rastatt

"Auch in der Rheinebene ist einiges in der Pipeline", so der Dezernent für Bauen und Umwelt im Landkreis Rastatt, der auch die zuständige Genehmigungsbehörde für neue Windkraftanlagen leitet. "Durmersheim ist hier am weitesten, der Gemeinderat hat hier pro Windkraft abgestimmt und die Kommune hat schon Flächen im Hardtwald bereitgestellt", so Oser weiter.

Durmersheim: Sieben Anlagen geplant

In Durmersheim hat die Gemeinde bereits geeignete Windkraftflächen im Hardtwald ausgewählt und frühzeitig einen Bürgerdialog gestartet. Der Gemeinderat hatte sich im Januar einstimmig für die Windkraft ausgesprochen und eine "Bürgerenergiegenossenschaft" mit ins Boot geholt. Die Firma Alterec als Projektträger bereitet die nötigen Voruntersuchungen für ein Genehmigungsverfahren vor, das 2024 starten soll. Bis zu sieben Anlagen sind geplant, sie könnten ab 2027 grünen Strom erzeugen.

Bürgerinformation in Muggensturm

Auch in Muggensturm gibt es Pläne. Hier verfolgt die EnBW ein Projekt mit fünf bis sieben Windrädern. Und in Forbach hat die Gemeinde mögliche Flächen für Windkraftstandorte definiert, dort könnten zwei bis drei Windräder entstehen.

Die Windkraftpläne in Muggensturm sind in der Bevölkerung heiß umstritten: Am 22. Mai um 18 Uhr gibt es eine Bürgerinfo-Veranstaltung. Dabei will der Vorhabenträger EnBW seine Windkraftpläne für bis zu sieben Anlagen vorstellen. Auch Vertreter von zwei Bürgerinitiativen sind eingeladen, sowie die Energieagentur Mittelbaden, wo bereits Investoren konkrete Windkraftpläne verfolgen.

Windkraftpläne an der Schwarzwaldhochstraße

Auch in Bühl und Ottersweier im südlichen Landkreis Rastatt könnten sich bis in ein paar Jahren ebenfalls sechs Windräder drehen, vier auf Bühler und zwei auf Ottersweierer Gemarkung. Derzeit laufen Windmessungen an einem möglichen Standort am "Wiedig" unterhalb der B500 bei Unterstmatt. Dies berichtete der Bühler Oberbürgermeister Hubert Schnurr (Freie Wähler) auf SWR-Anfrage.

Ein Windrad dreht sich über den Baumwipfeln. Im Schwarzwald und in der Rheinebene gibt es viele neue Pläne für Windkraft (Foto: picture alliance/dpa | Daniel Vogl)
Im Schwarzwald und in der Rheinebene gibt es viele Windkraftpläne

Neue Windrad-Dimension in Achern

Und weiter südlich in Achern im Ortenaukreis will der Automobilzulieferer "Fischer Group" in der Nähe des Firmensitzes im Acherner Gewerbegebiet zwei hochmoderne Windkraftanlagen installieren, um damit grünen Strom für die Herstellung von Wasserstoff und damit für die eigene Energieversorgung zu produzieren. Die Windräder sollen die bisher üblichen Maßstäbe sprengen: 172 Meter Nabenhöhe sind geplant. Damit will Fischer Group nach eigener Aussage rund 60 Prozent des eigenen Strombedarfs decken. Sollte das Projekt vom Landratsamt Ortenaukreis im Genehmigungsverfahren grünes Licht bekommen, könnten die beiden Mega-Windräder im Jahr 2026 in Betrieb gehen. Die Stadt Achern als Standortgemeinde hat schon signalisiert, dass sie das Projekt unterstützen will.

Windkraft im Landkreis Karlsruhe

In Bruchsal wurde die öffentliche Diskussion um mögliche Windkraftstandorte in der größten Stadt im Landkreis Karlsruhe gerade erst eröffnet. Die Stadtverwaltung will die Möglichkeiten erneuerbarer Energien im gemeinsamen Dialog mit Bürgern und Experten ausloten. Die Windkraft soll dabei auch eine Rolle spielen. Nach der Sommerpause soll der Regionalverband Mittlerer Oberrhein mögliche Standorte für die Windkraft ausweisen. Elf Standorte verteilt zwischen Heidelsheim, Helmsheim und Obergrombach sind dabei in der engeren Wahl, doch unumstritten sind sie nicht. Kritiker fürchten um Fledermäuse und den Rotmilan und um den Wald als Naherholungsbebiet.

Rheinstetten: Per Bürgerentscheid zum Windpark

Die Stadt Rheinstetten hatte sich nach einem positiven Bürgerentscheid 2021 im Herbst 2022 für einen Projektentwickler entschieden: Die Prokon eG plant drei bis vier Windräder am Stiftäcker und hat fachliche Gutachten in Auftrag gegeben. Ende Februar gab es einen sogenannten Scoping-Termin mit allen Beteiligten, um wichtige Fragen beim Arten- und Naturschutz zu klären. Mit dem Start des Genehmigungsverfahrens wird im nächsten Jahr gerechnet. Auch über Bürgerbeteiligungsmodelle wird im Rathaus nachgedacht.

Viele Windpark-Projekte im Nordschwarzwald

Im Gegensatz zur Rheinebene sind weiter oben auf den Schwarzwaldhöhen schon seit längerem einige konkrete Windpark-Projekte am Start. Viele stehen kurz vor der Genehmigung, andere sind bereits im Bau. So rechnet die EnBW zum Beispiel in Bad Wildbad im Kreis Calw noch in diesem Frühsommer mit einer Genehmigung des Windparks "Auf dem Kälbling". Im Herbst könnten die Rodungsarbeiten beginnen und ab 2024 werden sich hier zwei neue Windräder drehen.

Windkraft im Kreis Calw

In Bad Wildbad läuft aktuell die letzte naturschutzrechtliche Prüfung des geplanten Windparks, den die EnBW seit fast sieben Jahren in der Planung hat. Mit einer Genehmigung des Antrags wird laut Regierungspräsidium Karlsruhe bis Juni dieses Jahres gerechnet. Daneben gibt es weitere Pläne für einen Windpark auf der Langenbrander Höhe zwischen Schömberg und Langenbrand. Dort wird noch in diesem Jahr mit einem Antrag für vier Windkraftanlagen gerechnet. Außerdem plant die Firma Boysen im Energiepark Simmersfeld im Kreis Calw ein "Repowering" des bereits bestehenden Windparks "Altenstein" mit neuen, leistungsfähigen Anlagen.

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Windkraft im Enzkreis

Im Enzkreis laufen im Hintergrund bereits Sondierungen der Firma Statkraft, diese will bei Neuenbürg im Bereich Horntann-Heuberg bis zu zwölf neue Windkraftanlagen errichten. Da gebe es aber noch viel Abstimmungsbedarf, so das Landratsamt Enzkreis.

Ein anderes Genehmigungsverfahren zum geplanten Windpark "Am Sauberg" in Engelsbrand ruht derzeit, weil durch eine Änderung des Teilflächennutzungsplans der geplante Windkraftstandort nicht mehr zur Verfügung steht. Dagegen will der Projektträger, die Juwi AG, vor Gericht ziehen. Beim bereits vor einem Jahr vom Landratsamt Enzkreis genehmigten Windpark "Langenbrander Höhe Hirschgarten" geht es demnächst mit dem Bau los, derzeit laufen dort letzte Vorbereitungs- und Fundamentarbeiten der Baywa.

"Die Bürger interessieren sich heute für die Windkraft. Die Akzeptanz ist heute höher als früher."

Blick von unten auf die Rotorblätter eines großen Windrads in der Nähe von Pforzheim (Foto: SWR, SWR, Peter Lauber)
Windkraftanlage von Langenbrand im Enzkreis

Akzeptanz für Windkraft in der Bevölkerung steigt

Auch in der Öffentlichkeit vollzieht sich offenbar ein Wandel, was die Akzeptanz von Windkraft in der Region betrifft. So berichtet Nina Grimaldi von der Stabsstelle Windenergie beim Regierungspräsidium Karlsruhe von einer "steigenden Akzeptanz in der Bevölkerung. Viele Bürger interessieren sich für Windenergie, vor allem, wenn auch noch finanzielle Beteiligungsmodelle damit verbunden sind."

Zudem macht es auch der technische Fortschritt heute möglich, Windkraftanlagen auch dort zu planen und zu bauen, wo es früher schier undenkbar schien: Zum Beispiel in der eher windärmeren flachen Rheinebene. So berichtet Sebastian Oser, Dezernent für Bauen und Umwelt beim Landratsamt Rastatt, daß "in der Rheinebene viele Projekte in der Pipeline sind".

Lange Genehmigungsverfahren für Windräder

Doch die Wege und Planungszeiten für Windkraft sind nach wie vor lang. Von der Planung über die Antragstellung und das Genehmigungs-Verfahren bis zum Baubeginn dauert es derzeit häufig noch zwischen sechs und sieben Jahre oder länger. Beim aktuell im Bau befindlichen Windpark Langenbrander Höhe/Hirschgarten sind zwölf Jahre Planungszeit vorangegangen. Und für den geplanten Windpark "Kälbling" in Bad Wildbad wird bis zum Sommer mit einer Genehmigung gerechnet - nach fast sieben Jahren Verfahrensdauer.

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