In Krippen und Kindergärten in Baden-Württemberg wird der Platz- und Personalmangel immer dramatischer. Es fehlen rund 60.000 Plätze für Kinderbetreuung und rund 15.000 Betreuungskräfte, so das Ergebnis einer am Dienstag erschienenen Studie der Bertelsmann-Stiftung. Auch in Biberach habe man zuletzt 130 Kinder abweisen müssen, sagt Verena Fürgut, die Leiterin des Amtes für Bildung, Betreuung und Sport bei der Stadt Biberach. Es gebe immer mehr junge Familien, die nach Biberach zögen. Zusätzlich beobachte man zwei Phänomene, die das Angebot weiter verknappten. Immer mehr Kinder unter drei Jahren kämen in die Kitas und ein veränderter Einschulungsstichtag.
Besonders fehlt Personal in Biberacher Kitas
Rund 1.500 Kinder werden laut einer Stadtsprecherin aktuell in den 28 städtischen Kindertageseinrichtungen betreut. Etwa 130 hätten dieses Jahr abgewiesen werden müssen. Verantwortlich dafür sei vor allem der Personalmangel. Deswegen könnten nicht alle in den Tagesstätten zur Verfügung stehenden Betreuungsplätze vergeben werden. Nach Biberach zögen wegen der großen Unternehmen am Ort viele junge Familien. Außerdem seien Geflüchtete mit Kindern da. Daher bleibe der Bedarf in Biberach besonders hoch, so die Sprecherin.
Zudem verschärften zwei Trends die Situation: Es würden immer mehr Kinder unter drei Jahren angemeldet. Laut Betreuungsschlüssel binden sie mehr Kapazitäten und belegen somit mehr Plätze. Der von 30. September auf 30. Juni vorverlegte Stichtag für die Einschulung sorge dafür, dass etwa die Eltern der Hälfte aller potenziell schulpflichtigen Kinder diese lieber noch ein Jahr länger im Kindergarten ließen.
Neue Bertelsmann-Studie Kita-Krise in BW verschärft sich - Kretschmann sieht darin auch Problem für die Wirtschaft
Bei Eltern-Demos ist von "Kitastrophe" die Rede. Tatsächlich wird in Krippen und Kindergärten in BW der Platz- und Personalmangel dramatischer. Experten machen einen brisanten Lösungsvorschlag.
Geringere Betreuungsdauer um mehr Kinder zu betreuen
Um möglichst viele Kinder betreuen zu können, hat die Stadt Biberach einige Maßnahmen beschlossen. So wurde die maximale Betreuungsdauer von 55 auf 45 Stunden reduziert. Im Gegenzug wurde in einer Einrichtung eine Spielgruppe geschaffen, die außerhalb des regulären Betriebes ein pädagogisches Angebot durch einen externen Betreiber bietet. Dieses bis zu zehnstündige Angebot soll die Verkürzung auffangen.
Hausmeister und Sprachlehrer sorgen dafür, dass sich das Fachpersonal auf die Betreuung der Kinder konzentrieren kann und sich nicht durch technische Angelegenheiten oder sprachliche Unterstützungen kümmern muss. Eine weitere Kindertageseinrichtung geht nächstes Jahr in Betrieb, weitere sind in Planung. Deren Standorte sind die neu entstehenden Wohngebiete.
Mit einer Ausbildungskampagne und intensiver Social-Media-Kampagne hat man für die Arbeit in den Biberacher Kindertagesstätten geworben und ist auch hier verhalten optimistisch für die Zukunft. Stichwort Bezahlung: Gruppenleiterinnen und deren Stellvertreterinnen erhalten ein übertarifliches Gehalt.