Die CDU in Baden-Württemberg hat sich am Samstag zu einem eintägigen Landesparteitag getroffen. Die Delegierten kamen in Villingen-Schwenningen (Schwarzwald-Baar-Kreis) zusammen.
Strobl kritisiert Zaudern und Zögern der Bundesregierung
CDU-Landeschef Thomas Strobl warf der Bundesregierung Zaudern und Zögern bei der Bewältigung der Energiekrise vor und sprach von einer "Chaostruppe in Berlin". Um eine Energiekrise abzuwenden, müssten die Kernkraftwerke Neckarwestheim II, Isar II und Emsland über die nächsten beiden Winter hinweg weiterlaufen und die notwendigen Brennstäbe bestellt werden.
Der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz sagte vor den rund 300 Delegierten in Villingen-Schwenningen, ganz Europa schaue fassungslos auf die deutsche Debatte über die Laufzeitverlängerung. Den Auftritt von Merz vor den Delegierten bezeichnete CDU-Fraktionschef Manuel Hagel später als "Balsam für die Seele der Partei".
CDU in BW setzt als erster Landesverband Frauenquote um
Mehrheitlich beschlossen wurden auf dem Landesparteitag Reformvorschläge zur Erneuerung der Partei mit stärkerer Basisbeteiligung und mehr digitalen Veranstaltungen. Als erster Landesverband wird die CDU in Baden-Württemberg die Frauenquote umsetzen, die vor wenigen Wochen auf dem Bundesparteitag beschlossen wurde. Die Regelung sieht vor, bis 2025, beginnend bei Vorstandswahlen auf Kreisebene, schrittweise eine Frauenquote von bis zu 50 Prozent einzuführen.
CDU: Atomkraftwerke sollen über den Winter am Netz bleiben
Merz warnte in seiner Rede vor einer "Geiselhaft aus rein ideologischen Gründen" durch die Grünen. Diese hatten bei ihrem Bundesparteitag in Bonn für einen Reservebetrieb der beiden süddeutschen Atomkraftwerke gestimmt, weigern sich aber gegen den Weiterbetrieb des AKW Emsland in Niedersachsen sowie eine langfristige Atomkraftnutzung.
Mit Blick auf diese Beschlüsse sagte Merz, die Grünen würden einen vernünftigen Weg blockieren, "nur damit der Gründungsmythos dieser Partei unbeschädigt diesen Parteitag überlebt". Die ganze Welt schaue fassungslos auf die Debatte, die man in diesem Land führe.
Krieg gegen Ukraine: Merz kritisiert Nazi-Vergleich von Kanzleramtschef
Als "Unsinn" kritisierte Merz am Samstag in Villingen-Schwenningen eine Äußerung von Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt zu Waffenlieferungen an die Ukraine. Schmidt hatte am Donnerstag bei einer Diskussionsveranstaltung die Regierungsposition verteidigt, der Ukraine keine Kampfpanzer zu liefern.
Die Rufe nach deutschen Leopard-2-Panzern verglich er mit der Hoffnung, die in Nazi-Deutschland in die von der Propaganda als "Wunderwaffe" bezeichnete V2-Rakete gesetzt wurde. Solche Äußerungen schürten Zweifel in Europa und der ganzen Welt an der Klarheit und Zuverlässigkeit der deutschen Politik, sagte Merz.
Strobl-Affäre nicht auf Tagesordnung
Nicht auf der Tagesordnung stand die Affäre um CDU-Landeschef Strobl. Der Vize-Regierungschef steht derzeit politisch unter Druck, weil er ein Anwaltsschreiben des suspendierten Inspekteurs der Polizei an einen Journalisten weitergegeben hatte. Die Opposition wirft Strobl Geheimnisverrat und einen Verstoß gegen den Datenschutz vor, die Staatsanwaltschaft ermittelt. Strobl muss sich auch in einem Untersuchungsausschuss des Landtags rechtfertigen. Am Freitag soll er erneut befragt werden.
Die Ergebnisse der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Strobl werden mit Spannung erwartet. Im Falle eines Strafbefehls steht auch seine politische Zukunft auf dem Spiel. Gegen den Inspekteur der Polizei wird wegen sexueller Belästigung ermittelt.
Vorwürfe um sexuelle Belästigung bei der Polizei U-Ausschuss zur Polizeiaffäre: Strobl bleibt Antworten schuldig
Bis tief in die Nacht hat Innenminister Thomas Strobl (CDU) hunderte Fragen zur Polizeiaffäre beantwortet. Fast 15 Stunden lang dauerte die Marathonsitzung des U-Ausschusses.