Hans-Thoma-Preis

Umbenennung des Hans-Thoma-Preises? Preisträger van Eeden belegt Antisemitismus des Schwarzwald-Malers

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AUTOR/IN
Marie-Dominique Wetzel

Als Marcel van Eeden Ende 2022 den Hans-Thoma-Preis des Landes Baden-Württemberg zugesprochen bekam, begann er über den Maler aus Bernau im Schwarzwald zu recherchieren. Briefe belegen dessen antisemitische und völkisch-nationale Einstellung, später ist er von den Nationalsozialisten vereinnahmt worden. Hans Thoma, bekannt durch seine idyllischen Schwarzwald-Gemälde, galt Ende des 19. Jahrhunderts als Lieblingsmaler der Deutschen.

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Freundschaft mit dem antisemitischen Kulturkritiker Julius Langbehn

Bei seinen Recherchen stieß van Eeden auf den Briefwechsel von Hans Thoma mit dem Kulturkritiker Julius Langbehn. Dieser hatte 1890 in seinem Bestseller „Rembrandt als Erzieher“ kulturpessimistische Ansichten und auch antisemitischen Ressentiments publiziert.

Thoma freundete sich mit Langbehn an und zwischen den beiden entstand ein intensiver und vertrauter Gedankenaustauch. Die Kunsthistorikerin der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, Leonie Beiersdorf, unterstütze Marcel van Eeden und recherchierte unter anderem auch in Hamburg

„Selbstbildnis vor Birkenwald“ des Maler Hans Thoma von 1899 im Städel Museum Frankfurt. Das Städel besitzt fast 90 Gemälde und mehrere Hundert Arbeiten auf Papier von Thoma.  (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Roland Holschneider)
„Selbstbildnis vor Birkenwald“ des Maler Hans Thoma von 1899 im Städel Museum Frankfurt. Das Städel besitzt fast 90 Gemälde und mehrere Hundert Arbeiten auf Papier von Thoma.

Thoma war Anhänger völkisch-nationalem Denkens

Die weitverbreitete Meinung, dass Hans Thoma, der 1924 verstarb, später von den Nazis „vereinnahmt“ worden sei, also selbst kein Antisemit und Anhänger völkisch-nationalem Denkens gewesen sei, lässt sich nach ihren Erkenntnissen nicht aufrechterhalten, betonen sowohl Leonie Beiersdorf als auch Marcel van Eeden. Für den Künstler stellte sich deswegen zunächst die Frage, ob er diesen Preis überhaupt annehmen solle.

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Preisträger-Ausstellung in Bernau zeigt auch van Eedens Recherchen

Und so werden jetzt in der Preisträger-Ausstellung in Bernau nicht nur seine neusten Fotografien im Gummidruckverfahren gezeigt, die er auf der Reise durch die Niederlande auf den Spuren von Hans Thoma gemacht hat. Sondern Marcel van Eeden hängt neben diese Fotografien auch Zitate aus Aufzeichnungen und aus Briefen an und von Hans Thoma, die seine Geisteshaltung und die seiner Freunde zeigen.

Die Ausstellung könnte also der Anstoß zu einer längst fälligen, kritischen Auseinandersetzung mit Hans Thoma werden.

Kunstministerium beauftragte bereits 2018 eine kritische Studie

Erstaunlich ist, dass das baden-württembergische Kunstministerium bereits 2018 eine wissenschaftliche Aufarbeitung in Auftrag gegeben hat, die durchaus kritisch ausfiel, dann aber, nach deren Publikation, keine Konsequenzen gezogen wurden.

In seinem Grußwort im Ausstellungsbegleitheft schreibt Kunststaatssekretär Arne Braun immerhin, dass die Ausstellung „wichtige Hinweise geben (werde), ob eine Neubewertung des Hans-Thoma-Preises notwendig ist“.

Umbenennung des Hans-Thoma-Preises steht im Raum

Auf Nachfrage von SWR2 hieß es aus dem Kunstministerium, zu einer möglichen Umbenennung des Hans Thoma Preises könne und wolle mal zum jetzigen Zeitpunkt noch nichts sagen. Die Kunsthistorikerin Leonie Beiersdorf von der Kunsthalle Karlsruhe sieht auf jeden Fall Handlungsbedarf, zumal Hans Thoma in Karlsruhe nicht nur als Professor an der Großherzoglichen Kunstschule wirkte, sondern von 1899 bis 1920 auch Direktor der Kunsthalle Karlsruhe war.

Marcel van Eeden

Der 1965 in Den Haag geborene Künstler studierte von 1989 bis 1993 an der Koninklijke Academie van Beeldende Kunsten seiner Heimatstadt. Als freischaffender Künstler lebte van Eeden lange in Berlin, folgte jedoch einem Ruf nach Karlsruhe: Seit 2014 ist Marcel van Eeden Professor für Malerei/Grafik an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe, die er seit dem 1. Oktober 2021 auch leitet. Er lebt und arbeitet in Karlsruhe, Zürich und Den Haag.

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