Ausstellung

Stein, Reis und Blütenpollen: Die meditative Kunst von Wolfgang Laib im Kunstmuseum Stuttgart

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AUTOR/IN
Andreas Langen
Andreas Langen, Autor und Redakteur, SWR Kultur (Foto: Andreas Langen)

Der Biberacher Künstler Wolfgang Laib ist ein stiller Star: Mehrfacher documenta- sowie Biennale-Teilnehmer, Ausstellungen und Preise weltweit. Das Kunstmuseum Stuttgart zeigt jetzt eine große Schau mit Laibs Werken aus natürlichen Materialien wie Blütenstaub und Bienenwachs. „Es geht mir ums große Ganze“, sagt der Künstler, „um Sinn, Leben und Tod – und darum, wie uns die Kunst eine bessere Welt zumindest vorschlagen kann.“

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Wolfgang Laib. The Beginning of Something Else im Kunstmuseum Stuttgart (Foto: Pressestelle, Wolfgang Laib / Foto: Carolyn Laib)
Wolfgang Laib. Blütenstaub von Haselnuss (Detail), 2013. Haselnusspollen. Installationsansicht: Museum of Modern Art, Atrium, New York, 2013 Bild in Detailansicht öffnen
Wolfgang Laib. The Beginning of Something Else im Kunstmuseum Stuttgart (Foto: Pressestelle, Wolfgang Laib / Foto: Kunstmuseum Stuttgart)
Wolfgang Laib. Reishaus, 1988. Weißer Marmor, Reis. Kunstmuseum Stuttgart Bild in Detailansicht öffnen
Wolfgang Laib. The Beginning of Something Else im Kunstmuseum Stuttgart (Foto: Pressestelle, Wolfgang Laib / Foto: Carolyn Laib)
Wolfgang Laib. Blütenstaub von Haselnuss, 1992. Haselnusspollen. Installationsansicht: Centre Pompidou, Paris, 1992 Bild in Detailansicht öffnen
Wolfgang Laib. The Beginning of Something Else im Kunstmuseum Stuttgart (Foto: Pressestelle, Wolfgang Laib / Foto: A. Guermani)
Wolfgang Laib. Reisfeld (Detail), 2009. Reis, Blütenpollen. Installationsansicht: Fondazione Merz, Turin, 2009 Bild in Detailansicht öffnen
Wolfgang Laib. The Beginning of Something Else im Kunstmuseum Stuttgart (Foto: Pressestelle, Wolfgang Laib / Foto: A. Guermani)
Wolfgang Laib. Ohne Anfang und ohne Ende, 2009. Zikkurat mit Reisfeld. Installationsansicht: Fondazione Merz, Turin, 2009 Bild in Detailansicht öffnen
Wolfgang Laib. The Beginning of Something Else im Kunstmuseum Stuttgart (Foto: Pressestelle, Wolfgang Laib / Foto: Gustav Laib)
Wolfgang Laib. Arbeiten an einem Milchstein, um 1977 Bild in Detailansicht öffnen

Archaische Formen aus Bienenwachs, Holz, Stein, Reis und Blütenpollen

Wolfgang Laib ist ein sanfter Radikaler. Etwas mönchhaft Mildes umweht den 70-jährigen. Er spricht leise, lächelt höflich, kniet beim Arbeiten meist auf dem Boden und vertieft sich seit etwa einem halben Jahrhundert in die Herstellung der immer gleichen minimalistischen Objekte: Archaische Formen aus Bienenwachs, Holz, Stein, Reis und Blütenpollen. Doch schlicht und bescheiden ist hier nur das Äußere. Denn Wolfgang Laib, der Medizin studiert, aber zeitlebens Kunst praktiziert hat, zielt aufs große Ganze:

„Das hat sehr viel mit Heilung zu tun. Aber noch weit mehr geht es dabei um die Welt an sich - was die Welt ist, was unser Leben ist, was unsere Existenz ist, was Leben und Tod ist, alles dies.“  

Demut vor den Zyklen von Werden und Vergehen

Den ewigen Zyklen des Werdens und Vergehens ordnet sich Laib in aller Demut unter – etwa wenn er Jahre lang Blütenstaub sammelt. Doch in den Tempeln der Kunst entzieht Laib seine betörend schönen Naturstudien dann der Auflösung und dem Verfall. Im Kunstmuseum Stuttgart darf man sein großes Quadrat aus gesiebtem Blütenstaub nur von ferne bewundern; das „Reisfeld“, tausende kleine Häufchen aus Reiskörnern, nur ja nicht betreten.

Sensibel – oder auch heikel – ist schon der Umgang mit Wolfgang Laibs Rohstoffen. Sein Milchstein etwa – eine blendend weiße Marmorscheibe, auf der die Milch dank ihrer Oberflächenspannung eine hauchdünne Wölbung bildet, wird nur ein paar Tage tatsächlich mit dem wertvollen Lebensmittel begossen. Und so viel wie möglich in der Ausstellung wird recycelt, erklärt Museumsdirektorin Ulrike Groos.

Wolfgang Laib. The Beginning of Something Else im Kunstmuseum Stuttgart (Foto: Pressestelle, Wolfgang Laib / Foto: Carolyn Laib)
Wolfgang Laib. Blütenstaub von Haselnuss, 1992. Haselnusspollen. Installationsansicht: Centre Pompidou, Paris, 1992

Achtsamkeit im Umgang mit den Ressourcen

Achtsamkeit breitet sich um Laibs Werke aus. Dieser Respekt müsste ihm gefallen, denn der Künstler nimmt seine philosophischen Inspirationsquellen sehr ernst. Wolfgang Laib hat Sanskrit studiert, Asien intensiv bereist, er lebt und arbeitet einen Teil des Jahres in einem indischen Dorf.

„Das ist schon ein bisschen was anderes als der Yoga Club in Biberach“, sagt Laib, „das sind ganz einfache Leute dort, wo wir auf dem Land leben, die haben das Wort Yoga noch nie gehört. Aber der Mann, der auf unsere Kokosnußpalmen aufpasst, der steht da wie ein Yogi.“

Wolfgang Laib setzt sich der Wirklichkeit aus, um sie zu transformieren. Seine Kunst mag klösterlich und spirituell erscheinen – sie ist aber auch ein Kommentar zum gedankenlosen Umgang mit natürlichen Ressourcen, und damit potenziell ein Werkzeug der Weltverbesserung.

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