Werner Eckert aus der SWR Umweltredaktion ist in Dubai mit dabei und wird die Konferenz beobachten.
SWR1: Sie waren schon bei vielen Klimakonferenzen als Journalist dabei. Mit welchen Erwartungen reisen Sie nach Dubai?
Werner Eckert: Mittlerweile mit moderaten Erwartungen – und da bin ich sehr entspannt. Ich weiß, dass diese Klimakonferenzen das Klima nicht in einem Jahr retten und auch nicht in zehn, sondern dass sie über lange Sicht Erfolge haben. Aber die sind pro Jahr eben sehr schwer vermittelbar.
SWR1: 197 Staaten werden teilnehmen, deren Vertreter bis zum 12. Dezember zusammensitzen. Was sind die dringenden Fragen?
Eckert: Ganz entschieden, wie wir schnell mehr Klimaschutz bekommen aus Sicht der Entwicklungsländer. Außerdem, wie wir mehr Geld in diesen Prozess hineinkriegen, damit sie sich sauber entwickeln können. Das sind die beiden Hauptpunkte.
Man hat bei dem legendären Abkommen 2015 in Paris gesagt, ab 2023 gucken wir uns alle fünf Jahre tief in die Augen, ob wir auf einem guten Weg sind beim Klimaschutz, um die Temperaturerhöhung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen.
Die Antwort steht schon fest und ist in einer Analyse festgehalten: Wir sind weit entfernt davon, dieses Ziel zu erreichen. Diese Konferenz muss irgendeine politische Antwort auf dieses Dilemma geben, dass wir nicht schaffen, was wir uns vorgenommen haben.
SWR1: Schnell ist bisher gar nichts gegangen. Wie soll das funktionieren?
Eckert: Absolut, das ist richtig. Und es wird auch nicht schnell im Sinne von schnell passieren, sondern es wird schnell im Sinne einer UN-Verhandlung passieren. Das bedeutet, man hofft, dass man zum ersten Mal die fossilen Energien – Kohle, Öl und Gas – allesamt benennt und sagt: Wir müssen da raus! Das ist noch nie so explizit gesagt worden, obwohl allen klar ist, dass das die Stellschraube ist. Nur wenn wir dran gehen, die Erneuerbaren aufzubauen und gleichzeitig Kohle, Öl und Gas zu verdrängen, dann kann es was werden.
Man kann hoffen, dass so etwas im Abschlussprotokoll steht wie: Wir einigen uns darauf, die fossilen Energien langsam herunterzufahren. Das wäre wahrscheinlich schon ein sehr gutes Ergebnis dieser Konferenz. Man muss immer sehen, dass am Ende alle zustimmen müssen. Zum Beispiel auch die Ölstaaten, die noch gerne, lange Öl verkaufen wollen.
SWR1: Der Sommer 2023 hat Rekorde gebrochen, was die Temperaturen angeht. Leider gab es auch zu viele Naturkatastrophen. Bringt das die Klimakonferenz-Teilnehmer dazu, schneller an den Stellschrauben zu drehen?
Eckert: Ich glaube, das bringt die Nationen dazu, schneller zu handeln. Und man sammelt bei diesen Verhandlungen nationale, freiwillige Zusagen ein. Je mehr Menschen das spüren und je mehr in immer mehr Ländern die Folgen spürbar werden, desto größer der Druck auf die Regierungen, hier auch zu handeln. Das trifft Demokratien, aber das trifft natürlich auch autoritäre Staaten. Auch die haben Probleme, wenn sie ihre Menschen nicht ernähren können. Oder wenn es durch Folgen von klimabedingten Extremwetterereignissen Tote und enorme Schäden gibt. Und die sammeln sich in letzter Zeit an.
Aber wir wissen auch unmittelbar: Jetzt ist vielen Menschen der Klimaschutz zu teuer, weil es einfach diese Anstrengung erfordert, umzusteuern aus den fossilen Energien, raus in Richtung Erneuerbare. Und das schafft vielen Staaten wiederum Druck von der anderen Seite her, nämlich dass die Menschen sagen: Lasst uns mal ein bisschen warten mit Klimaschutz.
Wir haben gerade gesehen, die deutsche Industrie steht auch wieder auf der Bremse und sagt: Belastet uns nicht noch mehr. Das ist ein Ringen zwischen kurzfristigen und großen Krisenbewältigung, gegen das größte, weltweite Problem, nämlich den Klimawandel.
SWR1: Ganz Europa ist betroffen vom Klimawandel. Gehen die europäischen Länder mit ihren Zielen geschlossen in diese Konferenz?
Eckert: Sie haben gemeinsame Ziele, aber sie haben momentan natürlich auch Probleme, diese Ziele umzusetzen. Es gibt eine "Erfüllungslücke" beim Klimaschutz. Es wird mehr versprochen, als man halten kann. Das gilt auch für Deutschland. Und das wird jetzt nicht besser, wenn das Geld im Haushalt fehlt.
Das Interview führte SWR1 Moderator Michael Lueg.
Die gekürzte Version des Interviews können Sie als Audio nachhören.