Aprikosenblüten | Kälteeinbruch: Obstbauern fürchten um ihre Ernte (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance / CHROMORANGE | Weingartner-Foto)

Obstbauer aus Mainz-Drais berichtet

Kälteeinbruch: Obstbauern fürchten um ihre Ernte

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Claudia Deeg
Claudia Deeg (Foto: SWR)
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SWR1

Wenn es nachts kalt wird und Temperaturen um die Null Grad herrschen, stoßen viele Obst- und Weinbauern auf Probleme. Denn bei Kälteeinbrüchen steht die Ernte auf dem Spiel.

Einige Bauern haben Temperatursensoren an ihren Bäumen oder Reben angebracht. Lösen die Sensoren nachts Alarm aus, müssen die Bauern aufstehen und sogenannte Frostschutzkerzen aufstellen, um die Blüten zu wärmen. Oder aber sie nutzen die Frostschutzberegnung.

Rückblick: Die Frost-Situation am 23. April

Update: Die Frost-Situation am 26. April

Für Obstbauer Thomas Nickolaus bleibt die Lage weiterhin angespannt.

SWR1: Können Sie jetzt am Ende der Woche sagen, wie die Frostschäden ausgefallen sind, vor allem an den empfindlichen Aprikosenbäumen?

Thomas Nickolaus: Die Aprikosen haben wir relativ gut durchbekommen durch das Anzünden unserer Antifrost-Kerzen. Durch die Bank ist es eine gemischte Bilanz. Wir haben teils sehr hohe Schäden, gerade auch an Kirchen und Zwetschgen und teilweise gab es relativ geringe Schäden, je nach Lage. Die hohen Lagen haben es gut mitgemacht, die niedrigen Lagen eher nicht.

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SWR1: Jetzt wird das Wetter am Wochenende besser bei um die 20 Grad. Mitte kommender Woche werden es vielleicht sogar 25 Grad. Macht dieser Temperaturwechsel eigentlich etwas mit den Obstbäumen?

Nickolaus: Nein. Gut ist, dass die Temperatur steigt und die Bäume mal so richtig wieder ins Wachstum kommen. Dann wird man auch sehen, wie viele Früchte am Ende tatsächlich auch überlebt haben. Im Moment sind sie in einer Art Winterstarre, sodass relativ wenig zu sehen ist. Wir freuen uns auf warme Temperaturen und dann wieder auf einen richtigen Austrieb.

SWR1: Aber das heißt, die Anspannung fällt noch nicht so ganz ab und das Zittern geht weiter bis zu den Eisheiligen?

Nickolaus: Das geht weiter. Aber wir hatten heute Nacht nochmal einen leichten Frost. Deswegen bin ich aktuell auch ziemlich angespannt und das Zittern geht weiter.

SWR1: Das heißt, Sie sind heute Nacht schon wieder draußen gewesen?

Nickolaus: Nein, ich war nicht draußen. Ich wurde so ein bisschen kalt erwischt und es wurde kälter als gemeldet. Wir hatten heute Nacht minus 1 Grad und jetzt ist meine Aufgabe nochmal zu schauen, ob wir weitere Schäden hatten oder nicht.

SWR1: Können Sie am Wochenende den verlorenen Schlaf nachholen?

Nickolaus: Ich gebe mir Mühe. Man schaltet auf jeden Fall dann ab. Man weiß, es kommen die nächste Zeit erstmal keine weiteren Fröste und ist beruhigter. Dieses Wechselbad der Gefühle lässt dann nach und man wird einfach gechillter. Von daher kann man auch mal abschalten und entspannen.

Rückblick: Die Frost-Situation am 23. April

Frostschutzkerzen musste zuletzt auch Obstbauer Thomas Nickolaus aus Mainz-Drais aufstellen. Wie die Nacht verlief und welche Sorgen er hat, erzählt er im SWR1 Interview.

Frostschutzkerzen sollen Bäume warm halten

SWR1: Sind Sie nach dem Aufstehen heute Nacht nochmal ins Bett gegangen?

Nickolaus: Nein, ich bin seit kurz nach 2 Uhr wach. Um 2:30 Uhr sind wir gestartet und haben unsere Antifrostkerzen angezündet. Das machen wir zum Beispiel in den Kulturaprikosen, die auch besonders schützenswert sind. Da haben wir die Kerzen heute Morgen angezündet und es war es schon knackig kalt.

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SWR1: Es darf dann aber auch mit den Kerzen nicht zu warm werden, oder?

Nickolaus: Wenn eine Kerze direkt unter dem Baum steht, dann wäre es natürlich ein bisschen blöd, dass da ein paar Früchte verbrennen könnten. Wir achten schon darauf, dass die Kerzen so positioniert werden, dass da nichts passiert.

Insgesamt geht es einfach um die Wärmeentwicklung in der Anlage und wenn da mal ein Blättchen verbrennt – so what? (zu Deutsch: Was solls? Anm. d. Red.) Entscheidend ist, dass die komplette Anlage geschützt wird. Das hat, so wie es aktuell aussieht, zumindest in der Kultur geklappt. In den anderen Kulturen müssen wir mal die nächsten Tage abwarten. Also wir erwarten schon enorme Schäden.

Ein Obstbauer kontrolliert Frostschutzkerzen | Kälteeinbruch: Obstbauern fürchten um ihre Ernte (Foto: picture-alliance / Reportdienste, dpa Bildfunk, picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Klaus-Dietmar Gabbert)
Wird es nachts kalt, nutzen Winzer und Obstbauern sogenannte Frostschutzkerzen, um Bäume und Blüten warm zu halten.

Kälteeinbruch sorgt für Existenzängste

SWR1: Was macht das jetzt mit Ihnen? Es wird ja erstmal so kalt bleiben.

Nickolaus: Es ist enorm belastend. Am Ende sind es existenzielle Ängste, die Sie die ganze Zeit durchstehen. Sie gucken die ganze Zeit jeden Wetterdienst, den Sie irgendwo greifen können und hoffen, dass es dann doch nicht so kommt, wie Sie es auf dem Bildschirm sehen.

Das ist sehr schwer zu beschreiben. Im Grunde können das nur die, die selbstständig sind, nachvollziehen, welche Ängste da in einem vorgehen und was das bedeutet. Letztendlich ist es die Ernte, die auf dem Spiel steht, und mit der Ernte unser komplettes Einkommen und auch die Löhne unserer Mitarbeiter. Da hängt sehr viel dran.

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Obstbauer Nickolaus rechnet mit hohen Schäden

SWR1: Stand jetzt können Sie noch nicht absehen, wie sich das entwickelt und wie groß die Schäden sein werden?

Nickolaus: Genau. Wir hatten am Montag den ersten nennenswerten Frost. Da war es so, dass wir bereits Schäden gesehen haben. Diese Nacht war nochmal härter und kälter und wir erwarten, dass die Schäden relativ hoch sein werden. Also es gibt immer hoch gelegene oder abschüssige Lagen, wo der Frost abfließen kann, da wird es ein bisschen besser sein und es wird garantiert Lagen geben, die Totalausfälle haben.

Es wird garantiert Lagen geben, die Totalausfälle haben.

SWR1: Befürchten Sie, dass das jetzt noch so weitergeht? Man hat früher schon immer gesagt, es ist heikel bis zu den Eisheiligen Mitte Mai.

Nickolaus: Nicht anders kennen wir das. Aber dieses Jahr hatten wir einen sehr milden Winter und einen sehr frühzeitigen Vegetationsstart. Das heißt, wir sind von unserer Entwicklung weiter als sonst. Dementsprechend sind die Kulturen auch ein Stück weit empfindlicher als sonst.

Normalerweise wären wir zu diesem Zeitpunkt in der beginnenden Apfelblüte und da ist die Blüte noch nicht so empfindlich wie jetzt die junge Frucht. Das Problem ist dieser milde Winter, der vorzeitige Austrieb und damit verbunden schon die vielen kleinen jungen Früchte, die wir an den Bäumen haben.

Das Gespräch führte SWR1 Moderatorin Claudia Deeg.

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