Im neuen Buch "Zieht euch warm an, es wird noch heißer!" des Meteorologen Sven Plöger geht es nicht um den nächsten heißen Sommer, sondern um den Klimawandel.
SWR1: Im Untertitel steht "Können wir den Klimawandel noch beherrschen?". Welche Antwort geben Sie?
Sven Plöger: Das kommt darauf an, wie wir uns als Gesellschaft weiterentwickeln. Im Moment, würde ich sagen, tun wir alles dafür, um nicht ausreichend zu tun. Wenn wir uns in Zukunft immer klarer werden, dass durch die Veränderung in der Atmosphäre und unser Handeln, die Welt in Zukunft nicht mehr "enkelfähig" sein wird, dann sind die Chancen da und wir könnten an ganz vielen Stellen umsteuern. Darauf will ich in dem Buch hinarbeiten, nicht die Hoffnung aufzugeben, sondern zu vermitteln.
Nicht weiter mit Klimaleugnern diskutieren
SWR1: Es gibt Menschen, die sehen keinen menschengemachten Klimawandel. Wie lassen sich wissenschaftliche Erkenntnisse vermitteln, wenn Menschen es einfach nicht glauben wollen?
Plöger: Der Anteil der Menschen, die das nicht glauben, ist gar nicht so groß. Es sind sehr viele Leute verunsichert, die nicht genau wissen, ob es sich um Klimawandel oder Zufall handelt. Schauen Sie sich mal die Sendung "Querschnitte" mit Hoimar von Ditfurth von 1978 an. Er erklärt da genau die Zusammenhänge.
Wir wissen heute sehr viel, handeln aber nicht danach. Wir haben kein Wissensproblem, wir haben ein Handlungsproblem. Die wissenschaftlichen Zusammenhänge kennen wir. Die Evolution hat uns vorgegeben, Energiesparer zu sein und wir sind deshalb Gewohnheitstiere. Alles, was keine Gewohnheitsprozesse sind, verbraucht Energie. Und das möchten wir nicht gerne, um Energie zu sparen.
Was wir jetzt brauchen, ist eine komplette Transformation dieser Welt, während alle Dinge weiterlaufen, um am Ende nachhaltig zu werden. Das haben die meisten Menschen längst begriffen. Der Anteil der Klimaforschungsleugner ist mit drei bis sechs Prozent überraschend gering. Ich war zehn Jahre immer wieder bereit, mit Leuten zu sprechen, die gesagt haben, das stimmt alles nicht – und bin nie vorangekommen.
Der sogenannte Klimatrend springt derzeit förmlich nach oben. Wenn man zum Beispiel in die Arktis schaut, ziehen sich die Gletscher doppelt so schnell zurück. Selbst die Forscher, die am wenigsten gemahnt haben, sind längst von der Realität überholt worden. Wir haben ein richtig großes Problem. Als Meteorologe sehe ich einen großen Tsunami auf uns zurollen. Und ich sehe auch, dass sehr viele Teile der Gesellschaft den noch nicht ausreichend sehen, sondern nur ein bisschen.
Auf andere zeigen hilft nicht
SWR1: Am Ende geht es um die Schlussfolgerungen, die wir ziehen müssen. Da kommen dann Sätze wie "Was macht das für einen Unterschied, wenn ich heute mit dem Zug fahre anstatt mit dem Auto, wenn sich in der Welt Millionen Menschen ganz anders verhalten?".
Plöger: Das ist eine reine Schutzbehauptung, damit man gedanklich keinen Widerspruch in sich hat und um selbst nichts tun zu müssen. Sollen doch die andern erstmal etwas tun. Wir sind acht Milliarden Menschen. Acht Milliarden mal ganz wenig, ergibt in der Summe ganz viel. Wenn wir immer auf China zeigen, ist das nicht zielführend. In Deutschland sind wir auf Platz 6 der Emissionen – 188 Länder von 194 sind hinter uns. Die können dann erst recht sagen, unser Anteil an den Emissionen ist noch geringer. Wir brauchen darum eine eigene Haltung und eine innere Einsicht, Möglichkeiten für eine Transformation zu nutzen. Wenn wir uns nur darauf beschränken, auf andere zu zeigen, wird es nicht genügen.
Ich bin sehr dagegen, frustriert aufzugeben bei einer Sache, wo die Wissenschaft klar sagt: Wir können das Ziel noch erreichen!
Das Gespräch führte SWR1 Moderatorin Claudia Deeg.