Neue Handprothese wird mit Magneten gesteuert

Medizin

Neue Handprothese wird mit Magneten gesteuert

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Pascal Kiss
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Martina Janning
Martina Janning, Redaktion SWR Wissen aktuell

Italienische Forschende haben eine Handprothese entwickelt, die mit Magneten gesteuert wird. Sie soll verlässlicher als andere Ansätze sein. Beim ersten Testnutzer scheint die Prothese gut zu funktionieren.

Es ist die erste Handprothese, die magnetisch gesteuert wird, sagt ein italienisches Forschungsteam über ihre neu entwickelte Handprothese. Die Prothese soll besonders verlässlich arbeiten und Betroffenen helfen, ihre fehlende Hand wieder ein Stück weit spüren zu können. Ein erster Freiwilliger durfte die Hightech-Prothese im Rahmen einer Studie testen, die nun im Fachmagazin Science Robotics erschienen ist.

Implantierte Magnete in den Muskeln des Restarm

"Es fühlt sich an, als würde ich meine eigene Hand bewegen", sagt der erste Testnutzer der neuen Handprothese mit magnetischer Steuerung. Der 34-jährige Italiener hat seine Hand verloren, besitzt aber noch einen Teil seines Unterarms. Und genau an diesem Restarm setzt das italienische Forschungsteam des BioRobotics Institute der Universität Sculoa Superiore Sant’Anna in Pisa an. Das Forschungsteam spricht von einer neuen Schnittstelle. Dabei werden wenige Millimeter große Magnete an den verbliebenen Muskeln des Restarms befestigt.

"Unsere Idee ist, dass wir Magnete in die verbleibenden Muskeln des Restarms implantieren. Wir nutzen dabei Muskelkontraktionen, um die Finger an der Roboterhand zu öffnen oder zu schließen", sagt der Studienleiter Prof. Christian Cipriani in einem Video der italienischen Hochschule in Pisa und spricht von der ersten Handprothese mit magnetischer Steuerung

In diesem Video kann der Testnutzer wieder Wasser in einen Becher gießen, ein Marmeladenglas öffnen, einen Schraubenzieher mit der Handprothese verwenden oder einen Reißverschluss öffnen. Bei dem ersten und bisher einzigen Testnutzer scheint die Prothese gut zu funktionieren.

Der erste Testnutzer kann mit der neuen Handprothese ein Marmeladenglas öffnen und einen Schraubenzieher mit der benutzen. Die Prothese, die mit Magneten gesteuert wird, scheint bei dem bisher einzigen Testnutzer gut zu funktionieren.
Der erste Testnutzer kann mit der neuen Handprothese ein Marmeladenglas öffnen und einen Schraubenzieher mit der benutzen. Die Prothese, die mit Magneten gesteuert wird, scheint bei dem bisher einzigen Testnutzer gut zu funktionieren.

Paul Čvančara: Magnete haben Vorteile gegenüber Elektroden

"Der erste Patient oder die erste Patientin ist immer hochmotiviert", sagt Dr. Paul Čvančara, Experte für biomedizinische Mikrotechnik an der Universität Freiburg. Sie bekämen viel Aufmerksamkeit und möchten, dass es funktioniert. "Das funktioniert auch meistens ziemlich gut. Spannend wird es natürlich dann sein, wie es bei anderen Leuten funktioniert."

Paul Čvančara arbeitet selbst an innovativen Lösungen für neue Prothesen und verwendet hier wie die meisten Forschungsteams Elektroden, um kleine elektrische Signale in den Nervenbahnen nutzen zu können.

Čvančara sieht Vorteile im neuen Ansatz mit Magneten. "Bei Magneten haben sie einen bestimmten Magnet an einer bestimmten Position und entweder der ruckelt oder der ruckelt nicht", erklärt der Forscher. Dieses Bewegen des Magneten ließe sich sehr einfach mit Sensoren detektieren. Es sei ein bisschen wie eine Art digitale Schaltung. "Entweder er bewegt sich oder bewegt sich nicht. Das ist, glaube ich, der ganz große Vorteil davon."

Paul Čvančara denkt, dass die Magneten zuverlässiger arbeiten als viele Lösungen mit Oberflächenelektroden, bei denen schon ein starkes Schwitzen unter der Prothese zu ganz anderen Messungen und Störungen führen kann. Die Magnete hingegen messen kleinste Muskelbewegungen.

Gehirn spielt eine große Rolle bei Handprothesen

Im Unterarm zum Beispiel gibt es rund 20 Muskeln, von denen viele die Bewegungen der Hand steuern. Menschen mit einer amputierten Hand haben oft das Gefühl, dass ihre Hand noch da ist. Das Gehirn sendet Signale an die verbliebenen Unterarmmuskeln. Die neue Prothese nutzt diese Signale. Durch die winzigen Magnete und deren Magnetfeld können kleinste Muskelbewegungen im Restarm wahrgenommen werden.

Diese Muskelkontraktionen im verbliebenen Unterarm werden dann in Befehle für die künstliche Hand umgesetzt. Und ein bisschen fühlt sich die Prothese dann auch an wie die eigene Hand.

Dafür sorgt vor allem das Gehirn. Hauptsächlich sei ein visueller Reiz wichtig und körperliche Reize durch das Spüren der Prothese. "Das Gehirn ist extrem adaptiv, das heißt, es kann sich schnell an neue Situationen anpassen, damit arbeiten", erläutert Paul Čvančara von der Universität Freiburg.

Bei einer amputierten Hand sendet das Gehirn Signale an die verbliebenen Unterarmmuskeln. Die neuartige Handprothese des italienischen Forschungsteams nutzt diese Signale. Sie wird mit Magneten gesteuert.
Bei einer amputierten Hand sendet das Gehirn Signale an die verbliebenen Unterarmmuskeln. Die neuartige Handprothese des italienischen Forschungsteams nutzt diese Signale. Sie wird mit Magneten gesteuert.

Neue Handprothesen sollten technische Entwicklungen kombinieren

Die Prothese empfängt aber nur Steuersignale, sie gibt kein Feedback, wie sich die berührten Gegenstände tatsächlich anfühlen. Das heißt: Die Steuerung ist bei der neuen Handprothese durchaus innovativ, aber beim Thema Fühlen sind andere Forschungsprojekte schon weiter, bei denen zum Beispiel Nervenbahnen stimuliert werden.

Es gibt auch den Ansatz, das Wärme- und Druckgefühl des Restarms durch kleine Metallplättchen auf der Hautoberfläche des Restarms zu simulieren. Das bedeutet: Berührt die Prothese eine heiße Tasse, erwärmt sich die Metallplatte direkt am Restarm. Viele Forschungsteams haben zuletzt in ihren Spezialgebieten Fortschritte gemacht. Diese müssen nun zusammengeführt und gemeinsam in neue Prothesen kombiniert werden:

"Alle Systeme zusammenzubringen, das ist oftmals ein ganz großes Problem. Den implantieren Stimulator, die Elektrode, dazu weitere Elektroden, die irgendwelche anderen Dinge noch messen und so weiter", sagt Paul Čvančara. Das sei extrem teuer.

Neben der Prothese, die mit Magneten gesteuert wird, gibt es auch Handprothesen, die das Wärme- und Druckgefühl des Restarms durch kleine Metallplättchen auf der Hautoberfläche des Restarms simulieren. Viele Forschungsteams haben zuletzt in ihren Spezialgebieten Fortschritte gemacht.
Neben der Prothese, die mit Magneten gesteuert wird, gibt es auch Handprothesen, die das Wärme- und Druckgefühl des Restarms durch kleine Metallplättchen auf der Hautoberfläche des Restarms simulieren. Viele Forschungsteams haben zuletzt in ihren Spezialgebieten Fortschritte gemacht.

Preis für neuartige Prothesen wird entscheidend sein

Viel wird davon abhängen, zu welchem Preis die Prothesen in Zukunft angeboten werden können. Vor allem in Ländern mit gutem Gesundheitssystem wird geforscht. Aber gerade in diesen Ländern nimmt die Quote von Amputationen immer weiter ab.

"Diejenigen, die stark davon betroffen sind, leben in Regionen, wo Bürgerkriege herrschen, wo Armut herrscht, wo dann solche Prothesen natürlich schwieriger zu bekommen sind. Das ist dann auch schon eine moralische, ethische Frage, in die man dann ganz schnell reinkommt", sagt Paul Čvančara.

Dies zeigt einmal mehr, wie wichtig letztlich der Preis der Prothesen sein wird. Was die technischen Innovationen angeht, scheint in Zukunft jedenfalls vieles möglich zu sein. So könnte sich eine Handprothese in Zukunft fast wie eine echte Hand anfühlen. Die Grundlagen für eine solche Hightech-Hand sind in vielen Bereichen bereits vorhanden. Sie müssen nur noch weiterentwickelt und zusammengesetzt werden.

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