Reportage

City of Music – Ein Besuch in Hamamatsu bei Yamaha und Kawai

Stand
Autor/in
Thomas Migge

Schon einmal etwas von Hamamatsu gehört? In den meisten Fällen sicherlich nicht. Nur Kennerinnen und Kenner von Klavierwettbewerben wird die japanische Stadt etwas sagen. Eine Stadt, die, und das macht sie so spannend, in Sachen Musikinstrumenten weit über Japan hinaus ein Unikum ist.

Ohne Tempel und ohne Burgen aber mit Wettbewerb

Ausländische Japanreisende kommen in der Regel nicht nach Hamamatsu. Warum auch? Im zweiten Weltkrieg nahezu vollständig zerstört gibt es in dieser Stadt mit rund 800 Tausend Einwohner weder bedeutende Tempel noch Burgen von Shogunen zu besichtigen. In Japan aber kennt fast jeder Hamamatsu.

Nicht nur wegen der in diesem November zum 12. Mal ausgeführten „Hamamatsu International Piano Competition“, die Musikfreunde aus ganz Japan anzieht. In diesem Jahr stand übrigens der 26-jährige Deutsche Jonas Aumiller in der Publikumsgunst ganz oben.

Jonas Aumiller beim 12. Hamamatsu International Piano Competition

Jonas AUMILLER Final Stage, the 12th Hamamatsu International Piano Competition

„City of Music“

Die Stadt zwischen Osaka und Tokyo, ungefähr in der Mitte des Inselstaates ist berühmt in Japan: ist sie doch die Hauptstadt der Musikinstrumentenindustrie. Aus diesem Grund erhielt Hamamatsu von der Weltkulturorganisation UNESCO den Titel „City of Musik“.

Eine Auszeichung aus gutem Grund, denn nirgendwo sonst weltweit findet sich eine so große Ansammlung international bekannter Unternehmen, die Musikinstrumente produzieren. Die Symbiose zwischen der Stadt Hamamatsu und der Herstellung von Musikinstrumenten begann Ende des 19. Jahrhunderts.

Die Geschichte begann 1887, als Torakosu Yamaha aus Hamamatsu Orgeln in Grundschulen reparierte, und die Idee zum Bau eigener Orgeln hatte, die weniger störanfällig waren. Sein Unternehmen gründete er 1889. Ein voller Erfolg. Schon im Jahr 1900 verkaufte Yamaha auch selbstentwickelte Klaviere und wurde zu einem der wichtigsten Unternehmen der japanischen Musikindustrie.

Arbeiter am Flügel in der Yamaha-Fabrik in Hamamatsu
Wer schon immer Einblicke in die Welt der Klavier-Fabriken gewinnen wollte, ist in Hamamatsu genau richtig. Yamaha und Kawai haben hier ihre Firmenhauptsitze. Hier ein Bild aus der Yamaha-Flügel-Fabrik. (2006)

Exportweltmeister der Klaviere

1927 gründete Koichi Kawai in Hamamatsu sein Unternehmen. Natürlich stellen die beiden lokalen Bigs die Konzertflügel für den dortigen Wettbewerb. Neben den beiden Riesen sind in Hamamatsu auch Suzuki Musical Instruments, Roland und Tokyo Guitars ansässig. Mehr als 90 Prozent aller klassisch europäisch-inspirierten Musikinstrumente, die in Japan hergestellt werden, kommen aus Hamamatsu.

Die hochmodernen und durchgestylten Firmensitze können besichtigt werden. Bei Kawai öffnet man die Fabrik für Konzertflügel für Besucher. Eine riesige Halle, in der zartrosa gekleidete Mitarbeiterinnen und zartgrün gekleidete Mitarbeiter die einzelnen Teile der Instrumente herstellen, zusammensetzen und ausprobieren.

Ein Klavier wird zum Esstisch

Yamaha präsentiert sich den Besuchern mit einem „Corporate Museum“, das den wohlklingenden Namen „Innovation Road“ trägt. Zu sehen ist unter anderem auch ein Prototyp mit dem Namen „Key between people“, es ist ein weißes Klavier, auf dem man nicht nur spielen, sondern auch essen kann, Klavier und Esstisch in einem.

Das Firmenmuseum präsentiert nicht nur hauseigene Musikinstrumente, von den Orgeln des Yamaha-Gründers bis bin zu selbstspielenden Musikinstrumenten, die künstliche Intelligenz nutzen, sondern auch Kuriositäten, wie etwa ein musikalisches Kleidungsstück: eine Jacke, die bei der Bewegung Töne produziert. Im Firmenmuseum erfährt man auch, dass Yamaha einst sogar Küchen und Badewannen für Babies herstellte.

Schulen für den Nachwuchs

Klar auch, dass die Stadt Hamamatsu über Japans reichstes Museum für Musikinstrumente verfügt.

Unsere Sammlung beschränkt sich nicht nur auf westliche Instrumente. Wir besitzen etwa 3.300 Musikinstrumente aus aller Welt. Wir organisieren regelmäßig Ausstellungen, die die Instrumente eines Landes oder Kontinents präsentieren.

Derzeit ist eine Instrumentenschau mit Wiener Fortepiani aus dem 19. Jahrhundert zu sehen. Im Museum wie in der ganzen Stadt wurde natürlich für die Piano Competition geworben – Japans wichtigsten Klavier-Wettbewerb. Das Event der Musikstadt Hamamatsu, das alle drei Jahre viele Einwohner in seinen Bann zieht.

Interessant ist zudem, dass die Konkurrenten Yamaha und Kawai auch didaktisch tätig sind – nicht nur in Japan – mit firmeneigenen Musikschulen. Die Kawai-Akademien richten sich an Nachwuchspianisten, die auch entsprechend gefördert werden. Weltweit unterhält das Unternehmen rund 4.400 Musikschulen mit zirka 110.000 Schülern. Klar, dass auch Konkurrent Yamaha international Musikschulen betreibt: rund 6.000 mit mehr als 600.000 Schülern.

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Thomas Migge