Erstmals in Stuttgart

Von Bach verehrt: Bachchor Stuttgart führt Stölzels „Brockes-Passion“ auf

Stand

Von Autor/in Michael Rebhahn

Vor 300 Jahren erklang am Karfreitag erstmals Gottfried Heinrich Stölzels Oratorium „Der für die Sünde der Welt gemarterte und sterbende Jesus“, zu einem Text des damals international bekannten Dichters Barthold Heinrich Brockes. Lange Zeit war es verschollen, nun wird es am Karfreitag seine Stuttgarter Erstaufführung in der Lutherkirche Bad Cannstatt haben.

Erstmals aufgeführt wurde Gottfried Heinrich Stölzels Oratorium „Der für die Sünde der Welt gemarterte und sterbende Jesus“ am Karfreitag 1725 in der Kapelle von Schloss Friedenstein im thüringischen Gotha. Heute ist das Stück besser bekannt unter dem Namen seines Textdichters: Brockes-Passion.

Viele Zeitgenossen Stölzels vertonten den Text des Hamburger Dichters, unter ihnen Telemann (1716, überarbeitet 1722), Händel (1719) oder Johann Sebastian Bach, der Auszüge aus Brockes' Texten in seiner Johannes-Passion verwertete.

Erstmals in Stuttgart zum 300. Jubiläum

In Stuttgart wird nun Jörg-Hannes Hahn die Aufführung mit dem Bachchor und dem Bachorchester dirigieren. Er habe die Idee einer Stölzel-Aufführung schon lange im Kopf gehabt, so Hahn. Ein Student habe ihm schließlich eine Version der Passion vorgelegt, die ihn überzeugte, das Werk zur Aufführung zu bringen.

Dass diese nun ausgerechnet zum 300. Jubiläum der Uraufführung stattfindet, sei ein glücklicher Zufall, erzählt Hahn im Gespräch mit SWR Kultur.

Jörg-Hannes Hahn
Jörg-Hannes Hahn

Von Bach für seine Kompositionen verehrt

Die Musik von Stölzel sei ganz eigenständig, erklärt der Dirigent. Bach habe den Kollegen, der ab 1719 herzoglich-sächsischer Hofkapellmeister in Gotha war, verehrt. Man merke der Musik an, dass sie sehr fantasievoll und tief empfunden werde, so Hahn.

Die Arien seien wesentlich kürzer als in den Bach-Passionen, jedoch sehr farbenreich. Hahn erzählt von den berührenden Arien des Werks: Wenn etwa Maria mit Jesus singt „Soll mein Kind mir wirklich sterben“, getragen von Pizzicato der Streicher, dann, so Jörg-Hannes Hahn: „Das Herz stockt, wenn man das liest.“

Auch Jesus singt in Stölzels Passion nicht nur Bibel-Verse. Er hat auch eigene Arien. Dass der Komponist die Streicher in norddeutscher Besetzung spielen lasse – zwei Violinen, zwei Bratschen und Continuo – ergebe einen unheimlich schönen, seidigen Streicherklang.

Johannes-Passion und weitere Passionsmusik Klassik für die Karwoche in der ARD Mediathek

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Wiederentdeckung in einer Truhe hinter der Orgel

Viele Kompositionen von Gottfried Heinrich Stölzel sind über die Jahrhunderte verschollen. Die Passion ist heute nur dank einem Zufall überliefert: Eine Kopie wurde 1870 im Hoftheater Sonderhausen entdeckt, wo sie in einer Truhe hinter der Orgel verstaut und vergessen worden war.

Diese wurde vom deutschen Dirigenten und Cembalisten Ludger Rémy im 20. Jahrhundert neu vertont und 1997 vom Telemannischen Collegium Michaelstein eingespielt. In Stuttgart ist allerdings eine andere Vertonung zu hören.

Gottfried Heinrich Stölzel - Der Für Die Sünde Der Welt Gemarterte Und Sterbende Christus

5.1-Surround | Musik – LIVE Bachs Johannes-Passion

Johann Sebastian Bach:
Johannes-Passion BWV 245
Raphael Höhn (Evangelist)
Vox Luminis
Freiburger Barockorchester
Bariton und Leitung: Lionel Meunier
(Liveübertragung aus dem Konzerthaus Freiburg, Rolf-Böhme-Saal)

Musik – LIVE SWR Kultur

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Michael Rebhahn