Seit Ende August gibt es die neue Literaturzeitschrift „Delfi. Magazin für neue Literatur“. Sie will nichts weniger als „die relevantesten internationalen und deutschsprachigen Positionen aus Prosa, Dramatik, Lyrik, Essayistik und Comic vereinen“. „Uns interessiert, wie Texte miteinander ins Gespräch kommen“, sagt Mitherausgeberin Miryam Schellbach im SWR2 Gespräch.
Erste Ausgabe nimmt den Tempel in den Blick
Zweimal im Jahr erscheint das Magazin als Themenheft, solide finanziert durch den Ullstein-Verlag. Die erste Ausgabe befasst sich mit dem Thema „Tempel“. Beiträge kommen unter anderem von Olivia Wenzel, Maria Stepanova und Ocean Vuong, von Deniz Utlu, Senthuran Varatharajah und Lauren Groff, um nur einige zu nennen. Alle Texte in „Delfi“ sind Erstveröffentlichungen.
Gegenwärtige Tempel könnten zum Beispiel ein Fitness-Studio, der Körper oder ein Technoclub sein, sagt Miryam Schellbach, die auch Programmleiterin beim Claassen-Verlag ist. Mit diesem Thema hätten sich Schriftsteller*innen schon seit Jahren befasst. Die Idee für das erste Heft war es jetzt, all diese literarischen Positionen zusammen zu führen.
Bogen ins Digitale mitgedacht
„Man soll die Texte einer Literaturzeitschrift wie Delfi ja nicht nur online kurz durchklicken – sondern man soll sich in sie vertiefen“, sagt Miryam Schellbach. Den Bogen ins Digitale aber möchte sie trotzdem schlagen: „Wir wollen das Gespräch, das die Printzeitung beginnt, in den Sozialen Medien gern fortführen.“
Buchkritik Fatma Aydemir - Dschinns
Fatma Aydemir erzählt in ihrem zweiten Roman „Dschinns“ eine Familien- und Dämonengeschichte, die von der Migration einer kurdischen Familie nach Deutschland erzählt, von Sexismus, Rassismus und einem traurigen Geheimnis der Eltern, das auch das Leben der vier Kinder bestimmen wird. So eindringlich manche Szenen, so überladen wirkt die Gesamtkonstruktion des Romans. Die Sprache erinnert zuweilen an die Zeitungskolumnen der meinungsstarken Autorin, die Redakteurin bei der taz ist.
Rezension von Carsten Otte.
Hanser Verlag, 368 Seiten, 24 Euro
ISBN 978-3-446-26914-9
Gespräch Hengameh Yaghoobifarah – Habibitus
Unter dem Titel „Habibitus“ erscheinen Hengameh Yagoobifarahs Kolumnen, die die Medienlandschaft schon gehörig aufwirbelten, nun gesammelt in einem Band. Texte, die Aufreger oder Aha-Erlebnisse liefern?
Alexander Wasner im Gespräch mit Nina Wolf.
Blumenbar Verlag, 334 Seiten, 22 Euro
ISBN 978-3-351-05115-0
SWR2 lesenswert Feature Die neue Moral in der Literatur. Junge Autor*innen erzählen
Ihr seid alle so moralisch! Das schallt den Jüngeren im Moment oft entgegen, wenn sie sich zu Wort melden, auch im Literaturbetrieb. Texte bekommen Trigger-Warnungen, Romane werden auf Mikroaggressionen gegen Minderheiten geprüft. Die „woke“ Generation wolle den anderen ihre Vorstellungen für ein gesellschaftliches Miteinander aufdrücken, so der Vorwurf. Stimmt das? Und was wäre eigentlich falsch an einer neuen Moral, die auf mehr Gerechtigkeit setzt, auf die Anerkennung von Verschiedenheit, auf Gefühle und ein „nachbarschaftliches“ Weltbild?