Buchkritik

Salman Rushdies Buch „Knife“ über den Messerangriff: Plädoyer für die Freiheit

Stand
AUTOR/IN
Thomas Kretschmer

Auf den Hass hat er mit Liebe geantwortet und ihn durch sie überwunden. In seinem neuen Essay „Knife“ verarbeitet der Autor Salman Rushdie die beinahe tödlichen Verletzungen, die ihm ein islamistischer Attentäter 2022 zufügte. Das Buch bringt alles mit für einen Bestseller, meint Thomas Kretschmer.

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Das Leben dank seiner Familie festgehalten

Aus seinem neuen Buch erfahren wir, wie Salman Rushdie selbst den Angriff erlebt hat: Die Ohnmacht, die Ängste, die Schmerzen macht der Autor mit all seinem Können erfahrbar. Wie entsetzlich es sich anfühlt, beatmet zu werden, nicht mehr schreiben zu können, ein Auge zu verlieren. Und gleichzeitig macht er klar, dass er ohne seine Frau und seine Familie das Leben nicht hätte festhalten können.

Die Sprache ist sein Messer

Vor dem 12. August 2022, schreibt Rushdie, habe er das Leben als gewöhnlicher New Yorker geführt. „Dann kam das Messer und zerschnitt dieses Leben.“

Er habe sich aber zu wehren gewusst: Für ihn sei die Sprache sein Messer gewesen. „Sie könnte auch das Werkzeug sein, mit dem ich meine Welt wieder errichten und wieder einfordern konnte, sie könnte den Rahmen formen, mit dem ich mein Bild von der Welt wieder an die Wand zu hängen vermochte.“

Drastisch detailreich, aber auch erstaunlich humorvoll

Salman Rushdie weiß noch immer wie nur wenige mit Sprache umzugehen. Und so bräuchte dieser Text zwei Trigger-Warnungen: einerseits vor den drastischen Details der Notfall-Medizin – andererseits vor dem Humor des Autors, den er schon wenige Wochen nach dem Attentat wieder gefunden hat.

Rushdie hat den Hass seines Attentäters überwunden – und dem Publikum ein packendes Plädoyer für die Freiheit geschenkt.

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Salman Rushdie ist einer der populärsten Autoren der Welt. Und er lebt gefährlich, seit 1989 gegen ihn eine Fatwa verhängt wurde. Erst im August letzten Jahres wurde er von einem Attentäter schwer verletzt. Nun bekommt er den Friedenspreis des Deustchen Buchhandels. Ganz besonders freut das seinen Freund Günter Walraff, der ihm in den Neunzigern Unterschlupf in Deutschland bot. Wir haben mit Wallraff gesprochen.
"Lästig" sei Rushdie vielen gewesen, erinnert sich Günter Wallraff im Gespräch mit SWR2. 1993 kam der Autor bei ihm in Köln unter, fand Unterschlupf und Schutz. Rushdie musste um sein Leben fürchten, seit der iranische Ajatollah eine Fatwa gegen ihn verhängt hatte. Und dennoch: Man tat sich schwer mit dem Verfasser der "Satanischen Verse". "Kohl ließ mehrfach ausrichten, er sähe sich aus politischen Gründen nicht imstande, ihn zu empfangen", erzählt Wallraff. Und auch in Großbritannien, habe man "einen Bogen um ihn gemacht". Auf Drängen der britsichen regierung distanzierte sich Rushdie damals sogar von seinem Buch. Gebracht hat es nichts. Verfolgt wurde er trotzdem. Und das bis heute, wie das Attentat im August 2022 zeigt, bei dem Rushdie sein rechtes Augenlicht verlor.
Einen "Weltbürger" nennt Walllraff seinen Freund, und einen "meisterhaften Satiriker". Bewundert habe er schon in den Neunzigern außerdem seine Unerschrockenheit. Verkleiden wollte sich Rushdie in Köln nicht. "Das wäre für ihn eine Selbstaufgabe gewesen", erzählt Wallraff, "denn die Mullahs haben damals verbreitet, sie wollten dafür sorgen, dass er wie eine 'Ratte' aus seinem 'Rattenloch' nie mehr herauskäme." Rushdie habe immer versucht, so normal wie möglich zu leben. Jetzt freue er sich darauf, ihn in Oktober bei der Verleihung des Friedenspreises endlich wiederzusehen.

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