Gespräch

„Ich habe was zu erzählen“ – Die Schriftstellerin Barbara Honigmann erhält den Goethepreis

Stand
INTERVIEW
Frauke Oppenberg

„Der Goethepreis ist eine Klasse für sich“, freut sich die Schriftstellerin Barbara Honigmann, die den Preis dieses Jahr erhält. Die Stadt Frankfurt verleiht den mit 50.000 Euro dotieren Preis alle drei Jahre.

Audio herunterladen (6,5 MB | MP3)

Die Jury nennt Honigmanns Werk eine Chronik des 20. Jahrhunderts, „die das Judentum auf berührende und eindrückliche Weise näherbringt“. Die kommissarische Oberbürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg (Grüne) betonte, Honigmanns Werke seien „Zeugnisse des Gefühlslebens der zweiten Generation von Schoah-Überlebenden“.

Geprägt von ihrer familiären Geschichte

Es sei schon so, dass generationale Traumata vermittelt werden, sagt Honigmann. Ihre Eltern sind beide jüdisch und flohen während des 2. Weltkrieges ins Exil nach England. Von dort kamen sie in die DDR.

Honigmann habe nie ganz verstanden, warum ihre Eltern zurück nach Deutschland gegangen sind: „Sie werden ihre Gründe gehabt haben. Das eine hat das andere nicht verhindert, die jüdische Zugehörigkeit und die politische Orientierung.“

Vorliebe für autobiographische Texte

Nicht nur über ihre Eltern, auch über ihre Beziehungen und ihre Nachbarschaft in Straßburg, wo sie mit ihrem Mann lebt, hat Barbara Honigmann geschrieben. Sie müsse sich nichts künstlich ausdenken, sagt Honigmann: „Wenn ich aus meiner Herkunft und meiner Straße so viele Erzählungen finde, das ist mir nahe. Abgesehen davon glaube ich, dass alle Literatur autobiografisch ist, mehr oder weniger versteckt.“

Zu ihren Büchern zählen „Roman von einem Kinde. Erzählungen“ (1986), „Soharas Reise“ (1996), „Chronik meiner Straße“ (2015) und „Georg“ (2019). Ihre Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Sie ist Autorin von Essays und Hörspielen sowie Theaterstücken. Ihren Vorlass hat sie im Januar dem Deutschen Literaturarchiv Marbach übergeben.

Bücher von Barbara Honigmann

Buchkritik Barbara Honigmann - Unverschämt jüdisch

Was bedeutet jüdische Identität in Deutschland und Europa im 21. Jahrhundert? Dieser Frage geht die Autorin Barbara Honigmann klug und gewitzt in ihren gesammelten Preisreden nach.
Rezension von Andrea Gnam.
Carl Hanser Verlag, 156 Seiten, 20 Euro
ISBN 978-3-44627-077-0

SWR2 lesenswert Kritik SWR2