Das vorgelesene Buch erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Immer öfter erscheint zu einem auflagenstarken Buch bei der Erstveröffentlichung auch gleich eine Hörbuch-Version.
SWR Kultur stellt Hörbuch-Neuerscheinungen vor sowohl zu aktuellen Büchern, als auch zu Klassikern der Literaturgeschichte.
Hörbuch Virtuos: Stefan Kaminski liest „Tahara“ von Emanuel Bergmann
Der Filmkritiker Marcel Klein trifft beim Festival in Cannes auf die schöne Héloïse. Diese Begegnung nimmt ihm jegliche Konzentration, sodass er schon bald einen Skandal an der Backe hat, und auch Héloïse alles andere als sorgenfrei ist. Sie versuchen, sich gegenseitig zu helfen. Ein aussichtsloses Unterfangen. Emanuel Bergmann hat eine Geschichte geschrieben, die genauso leidenschaftlich ist wie die Liebe zum Kino. Stefan Kaminski glänzt auch als deutschsprechende Französin ebenso wie bei allen anderen Gelegenheiten, die ihm Text und Dialoge bieten: Wandelbar und souverän.
Hörbuch Erschütternd: Jörg Schüttauf liest „Maifliegenzeit“ von Matthias Jügler
Hans und Katrin freuen sich auf ihr gemeinsames Kind, doch kurz nach der Geburt erhalten sie die erschütternde Nachricht, ihr Neugeborenes sei verstorben. Während Hans sich in seiner Trauer zurückzieht, hat Katrin unauslöschliche Zweifel. Daran wird ihre Beziehung zerbrechen. Über vierzig Jahre später, auch Katrin ist inzwischen verstorben, bekommt Hans Hinweise, dass sie doch Recht gehabt haben könnte. Matthias Jüglers Roman basiert auf wahren Begebenheiten. In der Lesung von Jörg Schüttauf bekommt die Geschichte noch mehr Tiefe, da in seiner Stimme sowohl schmerzhafte Erinnerung mitschwingt als auch der Mut, sich seine eigenen Fehler einzugestehen.
Hörbuch Beruhigend: Alex Capus liest „Das kleine Haus am Sonnenhang“
In den 90er Jahren bewohnte Alex Capus ein kleines Steinhaus im Piemont, jedes Jahr vom Frühjahr bis zum ersten Schnee. Hier brütete er über seinem ersten Roman und schrieb dessen erste Fassung. Seine Erinnerungen daran verquickt er mit Beobachtungen über das Leben und das Schreiben damals und liest, wie der Bach auf dem Grundstück dahinplätschert: Stetig, rhythmisch und immer unterhaltsam.
Hörbuch Allwissend: Jens Wawrczeck liest „How to Hitchcock. Meine Reise durch das Hitchcock-Universum“
Seit er mit 12 Jahren seinen ersten Alfred Hitchcock-Film gesehen hat, ist der Schauspieler und Sprecher Jens Wawrczeck fasziniert. Im Lauf der Jahre hat er die Filme des britischen Regisseurs nicht nur unzählige Male gesehen, sondern sich ein enormes Wissen angeeignet. Jens Wawrczeck als sprechendes Filmlexikon, das im besten Sinne belehrt – unterhaltsam, gespickt mit persönlichen Erfahrungen, Anekdoten und Querverweisen.
Hörbuch Dramatisch: „Das kleine Haus am Fluss“ von Selma Noort
Juss hat eine große Familie: Gemeinsam mit seinen Eltern, der aus Syrien geflüchteten Zaza und dem löwenstarken Walter, wohnt er in direkter Nachbarschaft mit Onkeln, Tanten und Großeltern. Seine gleichaltrige Cousine Amber ist seine beste Freundin. Mit ihr kann er viel Unfug treiben und die größten Abenteuer bestehen. Doch eines Tages wird diese Idylle von einem großen Unglück erschüttert. Die Schauspielerin Sascha Icks liest die Geschichte mit so viel Feingefühl, dass sie trotz aller Dramatik ganz zart daherkommt.
Hörbuch Wütend: Lili Zahavi und Jaron Löwenberg lesen „Gewässer im Ziplock“ von Dana Vowinckel
Margarita ist 15 und als ob das nicht schon Herausforderung genug wäre, kommt noch Einiges dazu: Ihr jüdisches Leben in Berlin bei ihrem alleinerziehenden Vater, ihre Ferien bei den Großeltern in den USA, die unverhofft zu einem Aufenthalt bei ihrer Mutter in Israel werden. Denn Margarita soll ihre Mutter, die die Familie vor langem verlassen hat, besser kennenlernen. Dana Vowinckel erzählt die Geschichte einer zerrissenen Familie aus zwei Perspektiven, die im Hörbuch jeweils eigene Stimmen bekommen: Lili Zahavi ist eine sehr glaubwürdig pubertierende Margarita, und Jaron Löwenberg verkörpert den Vater Avi, der trotz all seines Strauchelns eine souveräne Figur abgibt. Ein nicht nur mehrstimmiges, sondern auch inhaltlich vielschichtiges Hörerlebnis, das zum Nachdenken anregt und manchmal auch zum Widerspruch.
Hörbuch Fantastisch: Marc-Uwe Kling liest „Der Spurenfinder“ von Marc-Uwe, Johanna und Luise Kling
Eigentlich hat sich der berühmte Spurenfinder Elos von Bergen zur Ruhe gesetzt, vor allem zum Schutz seiner Zwillinge Ada und Naru. Denn bei seinen bisherigen Abenteuern hat er sich nicht nur Freunde gemacht. Doch dann geschieht ausgerechnet im beschaulichen Friedhofen ein Mord: Ein Fall für Elos von Bergen und diesmal sind seine Kinder mit von der Partie. Marc-Uwe Kling hat mit seinen beiden Töchtern eine fantastische Welt kreiert, von der sie locker und lustig erzählen, auch wenn es zwischendurch sehr gefährlich und spannend wird. Der Fall ist so komplex, dass man ihn danach gleich nochmal hören will, um selbst Spuren zu suchen – nein, zu finden.
Hörbuch Altersweise: Urs Remond liest „Baumgartner“ von Paul Auster
Baumgartner sitzt immer noch fast jeden Tag an seinem Schreibtisch, obwohl er schon über 70 Jahre alt ist und als Professor emeritiert. Er ist allein, seit seine große Liebe Anna vor zehn Jahren bei einem Badeunfall ums Leben kam. Die Erinnerung an sie ist noch sehr lebendig, genauso wie die an seine Eltern oder kurze Szenen, die plötzlich wieder vor seinem inneren Auge auftauchen. Urs Remond liest die anspruchsvoll verschachtelten Sätze Paul Austers souverän und verleiht den Erinnerungen Baumgartners mit seiner markanten Stimme eine angenehme Atmosphäre.
Hörbuch Erschütternd: Nina Kunzendorf liest „Gebranntes Kind sucht das Feuer“ von Cordelia Edvardson
Eine Tochter, die unter die Rassengesetze der Nationalsozialisten fällt. Eine Mutter, die sie nicht schützt. Die Lebenserinnerungen von Cordelia Edvardson, der Tochter der Alzeyer Schriftstellerin Elisabeth Langgässer, gehören zu den erschütterndsten Zeugnissen des Holocausts. Nina Kunzendorf nimmt den lakonischen Ton des Textes auf, und vermag dennoch, das überall lauernde Grauen mitschwingen zu lassen. Das Unfassbare, das eigentlich sprachlos macht, wird hier hörbar.