Das vorgelesene Buch erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Immer öfter erscheint zu einem auflagenstarken Buch bei der Erstveröffentlichung auch gleich eine Hörbuch-Version.
SWR Kultur stellt Hörbuch-Neuerscheinungen vor sowohl zu aktuellen Büchern, als auch zu Klassikern der Literaturgeschichte.
Hörbuch Mitreißend: Gabriele Blum liest „Gute Ratschläge“ von Jane Gardam
Eliza schreibt Briefe an ihre Nachbarin Joan, die einfach abgehauen ist. Eine Antwort bekommt sie nie, aber das hält sie nicht davon ab, immer weiterzuschreiben. Die Briefe werden zum Tagebuch – nach und nach erfahren wir immer mehr über Elizas Nachbarschaft, deren Geheimnisse und über das Innenleben der Briefeschreiberin, das längst nicht so stabil ist, wie es zunächst scheint. Gabriele Blum macht diese Briefe im wahrsten Sinn des Wortes lebendig und wechselt mit Leichtigkeit vom Plauderton zu ernsthaften Schilderungen und wieder zurück – ein Hörbuch, dem man sich einfach hingeben kann.
Hörbuch Königlich: Matthias Brandt liest „Reise nach Laredo“ von Arno Geiger
Seit er kein König mehr ist, ist Karl nur noch ein alter Mann mit Gicht, der seinen Gedanken nachhängt. Dann begibt er sich mit dem Jungen Géronimo auf eine ungewöhnliche Reise und erlebt, komprimiert auf wenige Wochen, vieles, was ihm bislang verwehrt geblieben ist. Matthias Brandt zeigt hier einmal mehr seine Gabe, die tieferliegende Bedeutung scheinbar schlichter Sätze freizulegen.
Hörbuch Beeindruckend - „Reichskanzlerplatz“ von Nora Bossong
Magda Goebbels gehört zu den bekanntesten Repräsentantinnen des Nationalsozialismus, eine Vorzeigemutter und – aus heutiger Sicht – skrupellose Fanatikerin.
Nora Bossong schildert nicht nur diese Perspektive, sondern darüber hinaus auch die Liebesgeschichte zwischen Magda und Hans. Eine Affäre aus der Zeit, bevor Magda Joseph Goebbels heiratete. Dadurch entsteht ein facettenreiches Bild der damaligen Ereignisse, das der Schauspieler Cédric Cavatore souverän hörbar macht.
Hörbuch Völlig losgelöst: Karen Köhler liest „Himmelwärts“
Toni hat die große Vermissung, wie sie es nennt, denn vor Kurzem ist ihre Mama an Krebs gestorben. Die Erwachsenen sagen, ihre Mama sei jetzt im Himmel, was Toni nur einen schwachen Trost findet und auch nicht so richtig glauben kann. Aber was, wenn doch? Gemeinsam mit ihrer gewitzten Freundin YumYum baut Toni ein kosmisches Radio – und bekommt tatsächlich eine Antwort! Zwar nicht von ihrer Mama, aber dafür von einer echten Astronautin. Karen Köhler hat ein zutiefst berührendes und dabei sehr kluges Buch über den Tod geschrieben. Die junge Ich-Erzählerin macht sie in ihrer Lesung sehr glaubhaft, mit aller Verzweiflung und Trauer, die den schönen Dingen im Leben, aber dennoch Raum lässt.
Aufgeweckt: Theresia Enzensberger liest „Schlafen“
Wir alle brauchen Schlaf. Theresia Enzensberger widmet diesem biologischen und doch reglementierten Bedürfnis politische Gedanken, geht Assoziationen nach und fragt nach seinem gesellschaftlichen Stellenwert. Dieser Essay bietet viele bedenkenswerte Aspekte und wird schließlich von einer Erzählung abgerundet, die eindrucksvoll zeigt, wie zart die Linie zwischen Wachsein und Schlaf, Traum und Albtraum sein kann.
Hörbuch Abenteuerlich: Uve Teschner liest „Pony“ von R.J. Palacio
USA, 1860: Der 12-jährige Silas lebt mit seinem Pa auf einer abgeschiedenen Farm – und mit seinem unsichtbaren Freund Mittenwool, der für ihn sehr real ist. Sein Pa kennt sich mit den frühen Formen der Fotografie aus und wird eines Abends von einigen zwielichtigen Typen gezwungen, ihnen zu folgen. Silas beschließt, ihn zu suchen. Mit Mittenwool an seiner Seite hat er doch nichts zu fürchten, oder? UveTeschner liest die spannende Geschichte mit großer Wandelbarkeit und Spielfreude – ein vergnügliches Abenteuer für alle Unerschrockenen, die die Geheimnisse einer Geschichte gerne mit der eigenen Fantasie füllen.
Hörbuch Lustig - Tilman Birr liest „Wie sind Sie hier reingekommen?“
Wolfgang zieht aus Westfalen nach Berlin, um dort Sozialwissenschaften zu studieren. Was wie die normalste und langweiligste Angelegenheit der Welt klingt, wird im Hörbuch von Tilman Birr zu einem Feuerwerk der Anekdoten, Milieustudien und Parodien. Der Text lebt von seiner Beobachtungsgabe und die Lesung von seiner Wandelbarkeit – herausgekommen ist ein sehr witziges Hörbuch und ein großer Lesebühnenabend fürs private Wohnzimmer.
Hörbuch Turbulent: Lydia Herms liest „Alles im Grünen oder Wie ich die Kette der Beschissenheit durchbrach“ von Filiz Penzkofer
Eine skurrile WG, die gemeinsam eine vermeintliche Leiche entsorgen muss: Das ist das Setting dieser Geschichte, die Lydia Herms mit viel Schwung liest. Ihre Stimme passt perfekt zu der jugendlichen Ich-Erzählerin, die nicht nur mit ihrer Angststörung klarkommen muss, sondern auch noch mit ihren beiden Mitbewohnern: Einer Möchtegern-Schamanin und einem geflüchteten Syrer, dessen Deutsch von charmant-verdrehten Redewendungen gespickt ist.
Hörbuch Glück im Unglück: Anne Kanis liest „Auf Erden“
Sunnys Leben war bislang eigentlich wie ihr Name: Glücklich. Doch dann kommt es dicke: Ihr Freund verlässt sie und ihr über alles geliebter Vater stirbt. Aber sie hat die vielen Erinnerungen an ihn und an ihre Jugendfreundinnen Jessi, Alma und Katharina, mit denen sie durch das Berlin der 90er Jahre gezogen ist. Anne Kanis verwebt in ihrem Text Sunnys Gegenwart und ihre Erinnerungen sehr geschickt. Ihre leichte Berliner Färbung passt perfekt zu der melancholischen Stimmung der Geschichte und zu ihrer reflektierenden Erzählweise. Das Glück kann schnell zu einer Erinnerung werden, aber dann schleicht es sich manchmal fast unmerklich wieder heran.