Linden-Museum Stuttgart

Rückgabe von kolonialem Raubgut an Kamerun verabredet

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Autor/in
Silke Arning
Moderatorin Silke Arning

Wie und an wen Kulturgüter aus Kamerun zurückgegeben werden könnten, darum geht bei einem dreitägigen Dialogtreffen zwischen Kamerun und Deutschland im Stuttgarter Linden-Museum. Für Baden-Württemberg stellt Wissenschaftsministerin Petra Olschowski die konkrete Rückgabe von 28 Objekten aus dem Bestand des Stuttgarter ethnologischen Museums in Aussicht.

Mehr kamerunische Kulturgüter in Deutschland als in Kamerun

Über 40.000 Objekte aus Kamerun liegen in bundesdeutschen Museen. Der größte Bestand weltweit. Das bedeutet: nicht einmal die staatlichen Sammlungen in Kameruns Nationalmuseum mit etwa 6.000 Objekten verfügen über so viele Kulturgüter, die das reichhaltige Erbe, die Traditionen, die Geschichte des Landes und seiner Regionen widerspiegeln.

Eine Überraschung, selbst für Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Petra Olschowski: „Natürlich war uns bewußt, gerade auch im Linden-Museum, dass wir eine sehr sehr große Sammlung mit Objekten aus Kamerun haben. Dass die Differenz aber so groß ist, dass wir in Deutschland so deutlich viel mehr Objekte haben. Das muss ich schon sagen, dass ich schon erschüttert war“, sagt sie.

Interview mit der Leiterin des Linden-Museums Inés de Castro bei SWR2:

40.000 Stücke aus Kamerun in Stuttgart

Mit ihren Forschungen zu kolonialem Raubgut hat die in Berlin lehrende Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy die Restitutionsdebatte maßgeblich begleitet.

In Stuttgart machte sie deutlich, wie groß der Verlust an Kameruns Kulturerbe tatsächlich ist: „Wir finden heute etwa 40.000 Stücke in den Regalen. Aber wenn wir uns die historischen Inventare anschauen, das, was wirklich reingekommen ist in die Museen – das war viel viel mehr. Im Zweiten Weltkrieg ist einiges zerstört worden und in die Sowjetunion gebracht worden und darüber wissen wir auch fast gar nichts. Und das, was kam und registriert wurde in öffentlichen Museen ist nur ein Bruchteil von dem, was überhaupt mitgenommen wurde. Vieles ist in den Handel gegangen, in Familien und dadurch auch verloren gegangen“, erklärt Savoy.

Viele Objekte haben spirituelle Bedeutung

Kameruns Kulturerbe in Deutschland schlummere zu fast 90 Prozent in den Depots, ergänzt Bénédicte Savoy, was dazu geführt habe, dass das Wissen um bestimmte Rituale und Traditionen in Kamerun verlorengegangen sei. Schwierig ist für die Kulturhistorikerin auch der Begriff „Objekte“. Denn Tatsache ist: Viele der sogenannten Objekte sind spirituell aufgeladen, sind heilig. So zum Beispiel der königliche Thron, erklärt Sylvie Njobati, Sprecherin der Nso-Gemeinschaft: „Der Thron ist die letzte Verbindung, die der König mit seinem Volk hat, wenn er stirbt. Er wird mit ins Grab genommen und wieder herausgeholt, wenn ein neuer Fon inthronisiert wird“, sagt sie.  

Dialogtreffen Restitution Deutschland - Kamerun im Linden-Museum
Eine zeremonielle Tanzmaske vom Hof eines Königreichs der Bamileke in Westkamerun in einer Vitrine des Linden-Museums.

28 Gegenstände aus dem Linden-Museum sollen zurückgegeben werden 

Für Baden-Württemberg kündigte Wissenschaftsministerin Petra Olschowski heute die Rückgabe von 28 Objekten aus dem Stuttgarter Linden-Museum an. Königliche Objekte wie Thronhocker, Zeremonialwedel oder Schwerter, die eindeutig der Community der Nso aus Kamerun zugeordnet werden konnten.

Im Rahmen des Dialogtreffens, das von Stuttgart über mehrere Stationen nach Hamburg führen wird, sollen vor allem die Modalitäten der Rückgabe geklärt werden. Keine leichte Aufgabe.

Unterschiedliche Vorstellungen von Restitution auch in Kamerun

In Stuttgart wurde deutlich, dass die Communities in den unterschiedlichen Regionen Kameruns ihre eigene Vorstellung von der Rückgabe der Kulturgüter haben, die aber nicht immer unbedingt mit den Ansichten der kamerunischen Regierung übereinstimmt. Dazu meint die Direktorin des Stuttgarter Linden-Museums Inés de Castro: „Auf der deutschen Seite haben wir auch nicht unbedingt eine klare Linie. Ich glaube, das ist ein komplexer Vorgang auf beiden Seiten, auf deutscher Seite wie auf kamerunischer Seite. Deshalb ist es auch gut, sich wirklich jetzt Zeit zu nehmen für einen geschützten Dialog und dann miteinander zu schauen, wie wir das weiter machen können.“

 

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Rezension von Jochen Rack.
C.H. Beck Verlag, 256 Seiten, mit 16 Abbildungen, 24 Euro
ISBN: 978-3-406-76696-1

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