Video-Installation statt nationalistischer Grafik

Nach Regierungswechsel: Polens Kulturminister ändert Biennale-Beitrag 2024

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Ein Gemälde, das Vladimir Putin und Angela Merkel mit einem Hakenkreuz zeigt, hätte nach Plänen der ehemaligen polnischen Regierung zum Programm des polnischen Beitrags der Kunst-Biennale in Venedig gehört. Die neue pro-europäische Regierung unter Donald Tusk hat nun die Bilder des Künstlers Ignacy Czwartos zurückgezogen.

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Gravierende Umstrukturierungen nach Regierungswechsel

„Ignacy Czwartos ist als Künstler ganz eng mit dem nationalkonservativen Milieu verbunden“, sagt Martin Sander, Polenexperte und Korrespondent in Warschau. Eigentlich hätte er das Land bei der Kunstbiennale in Venedig repräsentieren sollen.

Der neue Kulturminister Bartłomiej Sienkiewicz hat nun seinen Beitrag zurückgezogen. Stattdessen wird das polnisch-ukrainische Kollektiv Open Group für Polen den Pavillon gestalten. Auch Janusz Janowski, der bisherige Leiter der Nationalgalerie für zeitgenössische Kunst, war unlängst von Sienkiewicz entlassen worden.

„Deutscher Schäferhund“ mit Leichenteilen von KZ-Insassen: Bild des nationalkonservativen Künstlers Ignacy Czwartos

Die Entscheidung des Kulturministers ist im Einklang mit dem Anliegen der neuen Regierung unter Donald Tusk, die Gleichschaltung von Kultur und Medien durch die PiS-geführte Vorgängerregierung wieder zurückzudrehen. Ende Dezember gab der Kulturminister die Auflösung der öffentlich-rechtlichen Medien zum Zweck der Umstrukturierung bekannt.

Eine Reaktion auch auf das Motto der Biennale 2024

„Repeat After Me“ heißt die Video-Installation, die nun statt Czwartos' Bildern in Venedig gezeigt werden soll. In ihr geht es um Geflüchtete des Kriegs in der Ukraine. „Das ist auf jeden Fall eine politische Reaktion“, erklärt Sander, auch auf das Motto der Biennale 2024: „Fremde überall“.

Polens Kulturminister Bartłomiej Sienkiewicz  (Foto: IMAGO, IMAGO / ZUMA Wire)
Von 2013 bis 2014 war Bartłomiej Sienkiewicz Innenminister, nun übernimmt er im Kabinett der neuen Tusk-Regierung den Posten des Kulturministers. Bereits in den ersten Wochen sorgte er mit der Auflösung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für internationale Schlagzeilen.

„Mit diesem Motto hat Czwartos sehr, sehr wenig zu tun“, meint der Polen-Korrespondent. Minister Sienkiewicz habe reagieren müssen, ist Sander überzeugt. Es sei eine unheimlich komplizierte Situation, in der sich die neue polnische aktuell befinde.

Dass die politische Kehrtwende auch die Kunstfreiheit in Polen beschädige, glaubt der Experte nicht. Ziel der neuen Regierung sei es, den Zustand der polnischen Kunstfreiheit vor der Machtübernahme der PiS wieder herzustellen.

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