Die britisch-amerikanische Künstlerin Sarah Morris ist bekannt für ihre großformatigen, abstrakten Gemälde in denen sie sich mit dem Versagen von Systemen auseinandersetzt. Inspiriert von Regierungsgebäuden und Konzernzentralen in Metropolen wie New York, Miami oder Rio de Janeiro, gestaltet sie sehr farbige, schrille Hochhausansichten, bei denen sich die Fassaden auflösen. Das Kunstmuseum Stuttgart widmet Sarah Morris jetzt eine Ausstellung.
Fasziniert von Stadtansichten amerikanischer Großstädte
„Liar“ – Lügner, ist da zu lesen in großen orangenen Lettern, „Dead End“ – Sackgasse und „Guilty“ – schuldig, in schwarz auf grauem Grund oder „No Loitering“ – kein Herumlungern – in kräftig gelben Buchstaben. Einwortbilder über Alltagsbeobachtungen inspiriert von Leuchtreklamen, Magazinen oder Boulevardblättern. Frühe Arbeiten von Sarah Morris vom Anfang der 90er in Jahre in New York als ihre Karriere Fahrt aufnahm.
In ihren Feldforschungen spiegelt sich das urbane Treiben in der Metropole wider. Dem gegenübergestellt: Stadtansichten von New York, Los Angeles Miami oder Rio de Janeiro. Dabei haben Sarah Morris die Hochglanzfassaden von Regierungsgebäuden oder Konzernzentralen besonders interessiert. Denn sie stehen für die Künstlerin auch für das Versagen von Systemen. Daher auch der Titel der Ausstellung: „All Sytems fail“.
„Versagen ist etwas, worüber jeder nachdenken sollte, besonders jetzt“, sagt Sarah Morris. „Künstler machen das sowieso die ganze Zeit, weil das ständig passiert. Und normalerweise findet man im Versagen immer etwas, das auch mit einer Lösung zu tun hat.“
Architekturen und Spinnennetze
Ihre subtile Gesellschafts- und Systemkritik bringt sie zum Ausdruck in großformatigen, bunten und leuchtenden Bildern. Mal sind die Fenster der Fassaden geometrisch präzise wie ein Raster angeordnet, mal zerschneiden diagonale Linien die klare Struktur und erzeugen räumliche Tiefe und mal sieht das Ganze aus wie das wirre Durcheinander der Bahnlinien eines Subway-Planes.
Doch es sind nicht nur Architekturen, in den sich Morris in bunten Farben mit der Fragilität von Systemen auseinandersetzt. Die Leiterin des Kunstmuseums Ulrike Groos weist zum Beispiel auf ihre Spiderweb-Serie hin, bei der man sehen kann, wie sehr Spinnennetze die Künstlerin faszinieren.
Eine riesige Wandmalerei für das Kunstmuseum Stuttgart
Typisch für ihre Malweise: Morris arbeitet weitgehend mit Malerkrepp zum Abkleben der Linien und für ihre farbigen Bildwelten verwendet sie handelsüblichem Lack. So auch bei einer riesigen Wandmalerei, die sie eigens für das Kunstmuseum angefertigt hat.
„Wir hatten sie angefragt, ob sie sich das vorstellen kann“, erzählt Ulrike Groos, „sie macht nicht an jedem Ort eine Wandmalerei“. Sarah Morris habe sich den Raum angeschaut, und die Möglichkeiten durch die Doppelstöckigkeit des Gebäudes und die neun Meter hohen Wände hätten sie sofort fasziniert. „Da waren wir sehr glücklich und haben ein bisschen Geld gesammelt, um diese Wandmalerei dann auch möglich zu machen“, so Ulrike Groos.
Künstlerische Blicke auf das Versagen von Systemen in der modernen Welt
Neben dem malerischen spielt aber auch das filmische Werk von Sarah Morris eine große Rolle in der Ausstellung. Zu sehen etwa der Film „1972“, eine Montage aus Interviews, Archivfotos und Bildern von Überwachungskameras von den Olympischen Spielen in München. Hier porträtiert sie einen Polizeipsychologen, der im Vorfeld der Spiele mögliche Gefahrensituationen konstruierte - eine traf zu: die Geiselnahme von israelischen Sportlern durch palästinensische Terroristen.
Gezeigt wird erstmals in Europa der Film „ETC“, der die Psychologie, Architektur, Wirtschaft und Kultur Hongkongs im digitalen Zeitalter dokumentiert. Auch dies ein beeindruckender, abstrakter und assoziativer Blick der Künstlerin auf das Versagen von Systemen in der modernen Welt.
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