Aufwühlend und tröstend zugleich erzählt die Irin Sally Rooney in ihrem neuen Roman von zwei ungleichen Brüdern: eine Geschichte von Verlust, Schuld, Trauer und Liebe.
Sally Rooney ist ein echtes Phänomen: Drei Romane hat die 33-jährige Irin bislang geschrieben – alle Bestseller. Zwei wurden zu Fernsehserien, zwei mit dem Titel „Buch des Jahres“ in Irland ausgezeichnet. Die Autorin scheint – vor allem bei jungen Menschen weltweit – einen Nerv zu treffen. In einem ihrer wenigen Interviews erklärte Sally Rooney 2021 ihre Erzählweise so:
Zwei ungleiche Brüder trauern um ihren Vater
Diese Herangehensweise verleiht ihren Romanen echte Glaubhaftigkeit. Das setzt sich auch in „Intermezzo“ fort.
Sally Rooney erzählt von den Brüdern Peter und Ivan Koubek, die gerade ihren Vater beerdigt haben. Peter, der Ältere, Anfang dreißig, smart und weltgewandt, arbeitet als Anwalt. Ivan, fast zehn Jahre jünger, introvertiert mit einer Zahnspange, tingelt als spätes „Schach-Wunderkind“ durch Irland.
Flucht in die Liebe
Ivan lernt eines Abends Margaret kennen, die ein Kulturzentrum in der Provinz leitet, in dem er Schach spielt. Die beiden verbringen die Nacht miteinander und aus dem vermeintlichen one-night-stand entwickelt sich mehr, trotz aller Bedenken. Denn Margaret lebt von ihrem Ehemann getrennt und ist deutlich älter als Ivan. Als Peter von der Beziehung der beiden erfährt, ist er empört. Doch wer im Glashaus sitzt… Peter selbst führt eine Affäre mit der Studentin Naomi und hegt immer noch Gefühle für seine Ex-Freundin. Seine Trauer bekämpft er mit Sex, Drogen und Medikamenten:
Das ist die Grundkonstellation dieses Romans.
Wenig Handlung, viel Innenschau
Und dann? Wer handlungsgetriebene Bücher mag, würde sagen – es passiert nicht viel. Die Protagonisten kreisen in ihrem Kosmos, reden, philosophieren. Wer Sally Rooneys Bücher liebt, sieht hier genau darin die Stärke der Autorin: Die Innenschau, die psychologische Betrachtung ihrer Figuren. Eine Frage, die Rooney immer wieder beschäftigt:
Ganz klar: Sally Rooney kann wortgewaltig und intelligent erzählen. Ob das jedem Leser und jeder Leserin gefällt, ist eine andere Frage.
„Intermezzo“ ist mitunter etwas langatmig geraten. Aber darüber könnte man auch noch hinwegsehen, wenn nicht das überraschend süßliche Ende dieses Romans vollkommen aus dem Rahmen fallen würde. Schade!
weitere Bücher von Sally Rooney bei SWR Kultur
Buchkritik Sally Rooney – Schöne Welt, wo bist du
Alice Kelleher ist 29 Jahre alt und eine berühmte Schriftstellerin. Aber sie ist leider nur erfunden. Und zwar von Sally Rooney, dem Star der amerikanischen Literaturszene. Die hat mit der Heldin ihres neuen Romans einiges gemeinsam: Beide kommen aus Irland, beide haben zwei Bücher geschrieben, Millionen davon verkauft und stecken jetzt in einer Schreibblockade. Mit „Schöne Welt, wo bist du“ konnte Sally Rooney ihre Blockade brechen.
Rezension von Kristine Harthauer.
Aus dem Englischen übersetzt von Zoë Beck
Claasen Verlag, 352 Seiten, 20 Euro
ISBN: 9783546100502
Buchkritik Sally Rooney - Normale Menschen
Connell und Marianne wachsen in einer Kleinstadt im Westen Irlands auf. Die beiden Teenager führen eine ungewöhnliche Beziehung. Sie können nicht voneinander lassen, sie lieben sich, aber vor ihren Mitschülern halten sie ihre Liebe geheim. Später an der Universität verlieren sie sich aus den Augen und finden doch wieder zueinander. Eine intensive Liebesgeschichte, anders, besonders – genial! Rezension von Theresa Hübner. Aus dem Englischen von Zoë Beck Luchterhand Verlag ISBN 978-3-630-87542-2 320 Seiten 20 Euro
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Menage à quatre in Dublin: Ein Paar lässt sich mit zwei Studentinnen ein, was allerlei erotische und intellektuelle Dynamiken in Gang setzt. Ein Roman über akademisch gebildete Millenials, der den Nerv der Zeit trifft und schon jetzt ein Bestseller ist. Zu Recht.
Rezension von Claudia Fuchs.
Aus dem Englischen von Zoë Beck
Luchterhand Verlag
ISBN 978-3-630-87541-5
20 Euro