Ausstellung

„Herbert Oehm. Entropie und Ordnung” in der Kunsthalle Weishaupt

Stand

Von Autor/in Katja Stolle-Kranz

Bei Herbert Oehm trifft Zufall auf geometrische Strenge. Der ehemalige Schüler der berühmten Hochschule für Gestaltung in Ulm liebt das Spiel mit Gegensätzen. Die Kunsthalle Weishaupt zeigt einen Querschnitt durch Herbert Oehms Werk, dessen ungeheure Schaffenskraft bis heute anhält.

Geometrische Strenge trifft Zufall

Wer in die obere Galerie der Kunsthalle Weishaupt kommt, kann nicht anders als hinschauen: auf ein Raster mit unzähligen goldfarbenen Quadraten auf purpurrotem Grund. 1,5 mal 1,5 Meter groß. Von weitem wirkt es äußerst linienpräzise. 

Doch wer näher kommt sieht die ausgefransten Ränder des aufgebrachten Blattgolds: „Herbert Oehm legt hier ein ganz strenges geometrisches Raster an, das aber tatsächlich durch dieses Flattern und Flirren der Blattgold-Blättchen immer zufällig erscheint“, sagt die Co-Kuratorin der Ausstellung Laura Försch.

Ein Oehm'sches Prinzip, das fast allen seinen Werken zu Grunde liege.

Herbert Oehm: Goldraster, 1976
Goldraster, 1976: Herbet Oehm spielt in seinen Werken mit Gegensätzen.

Das Spiel mit Gegensätzen

Herbert Oehm spielt mit Gegensätzen, zieht akribische Linien, aber lässt an anderer Stelle den verwendeten Materialien am liebsten freien Lauf – wie etwa Sand.

„An der Akademie stand in der Ecke ein Sandsack und der war kaputt und ich dachte im Vorbeigehen: Das ist ein wunderbares Material, das nimmst du dir mal mit“, erzählt der 90- jährige Oehm, der in München Kunst studierte. „Damit habe ich mein erstes Sandbild gemacht. Monochrom, keine Komposition. Nur strukturiert, sandgestreut, weiß übermalt.“

Herbert Oehm (*1935) im Atelier, 1960
Herbert Oehm (*1935) in seinem Atelier, 1960.

 Experimente mit Sand und Leinwand

Oehm experimentiert gerne. Dabei entdeckt er immer neue Techniken: „Zum Beispiel den Sandstrahl über einer Art Trichter ganz oben fein ansetzen und der breitet sich dann über die Schräge der Leinwand aus – Vorgänge, die ich in mir habe. Ich finde Bilder. Sie sind da.“

Fontänenartig breitet sich so ein regelrechter „Sandregen” auf Leinwand aus, ein Werk von 1974.

Kunst aus Toilettenpapier

Oehm macht auch großflächige Raster aus Toilettenpapier – dessen Ecken sich, dem Zahn der Zeit geschuldet, bereits vergilbt einrollen. Damals fühlte sich der Künstler der bekannten ZERO Gruppe in Düsseldorf verbunden.

„Auch bei dieser Arbeit ist nicht vorherzusagen, wie sich die Ecken mit der Zeit falten“, sagt Laura Försch. „Es ist typisch für alle Überlegungen der Künstlergruppe ZERO, die nach dem zweiten Weltkrieg die Kunst neu beginnen wollte, bei Null anfangen wollte, Licht, Bewegung mit einbezogen hat.“

Herbert Oehm: Tissues Hakle Super Vlaush 1972
Herbert Oehm: Tissues Hakle Super Vlaush 1972.

Von Ulm nach Düsseldorf

Weg von jeglicher Überfrachtung der Kunst ist die Devise. Um näher am Geschehen der Kunstmetropole zu sein, sei er später nach Düsseldorf gewechselt, erzählt Herbert Oehm, der heute auf den Kanaren lebt.

Geprägt haben ihn auf seinem Weg aber auch Menschen wie Max Bill, Mitbegründer der Ulmer Hochschule für Gestaltung, wo er kurze Zeit Schüler war, und der Kunstsammler Kurt Fried, der einst in seinem  Wohnzimmer im sogenannten „Studio f” in Ulm Ausstellungen organisierte. Zeitungsartikel, sogar ein Bewerbungsschreiben aus dieser Zeit, sind jetzt in einer Vitrine zu sehen.

Oehm war ursprünglich Plakatmaler

Ein besonderer Hingucker sind Oehms großformatige sogenannten Swingbilder mit Wellenartigen bunten Farbläufen. Hier spürt man auch, dass er mal Plakatmaler gelernt hat, findet Laura Försch: „Man sieht das deutlich an den additiven Farbabläufen: dieser ganz grade Pinselstrich und dieses Großflächige mit Knallfarben.”

Herbert Oehm: Additiver Farbablauf 1968-1972
Herbert Oehm: Additiver Farbablauf 1968-1972.

Der Kunsthalle Weishaupt ist mit der Ausstellung ein schöner Querschnitt in die Werkschau des Herbert Oehm gelungen – dessen ungeheure Schaffenskraft bis heute anhält und beim Betrachten der Schau spürbar ist.

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