Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) (Foto: picture-alliance / Reportdienste, dpa Bildfunk, Marijan Murat)

ZdK-Präsidentin nennt Alt-Erzbischof Heuchler

Meinung: Das Schweigen der Politiker

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Martin Rupps
Martin Rupps (Foto: SWR, SWR/Kristina Schäfer)

ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp findet den Umgang von Alt-Erzbischof Robert Zollitsch mit kirchlichem Missbrauch heuchlerisch. Die Politik hält sich mit Kritik an Zollitsch vornehm zurück, meint Martin Rupps.

Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, hat den Freiburger Alt-Erzbischof Robert Zollitsch einen Heuchler genannt, "der bei der Aufarbeitung von Missbrauch das Kirchenrecht komplett ignoriert, die Öffentlichkeit belogen und Missbrauchstäter geschützt" habe. Die Präsidentin nimmt damit Stellung zum kürzlich im Erzbistum vorgelegten Missbrauchsbericht. Das Zentralkomitee ist der wichtigste Verband von Laien in der katholischen Kirche.

Martin Rupps (Foto: SWR, SWR/Kristina Schäfer)
Die Meinung von Martin Rupps

Kretschmann verbreitet Pressestellen-Deutsch

Ich frage mich, weshalb Verantwortliche in der Bundes- und Landespolitik nicht so klare Worte finden wie Irme Stetter-Karp. Die meisten äußern sich nur, wenn es unvermeidlich ist. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ließ nach Veröffentlichung des Missbrauchsberichtes mitteilen, "die Ergebnisse schockieren mich". Der Prozess der Aufarbeitung müsse mit aller Konsequenz und Nachdruck fortgeführt werden. Das nenne ich Pressestellen-Deutsch.

Gleichwohl sagt Kretschmann mehr als nichts. Die meisten Angehörigen seiner Zunft hüllen sich in lautstarkes Schweigen.

Eine mögliche Erklärung dafür verdanke ich der journalistischen Kollegin Christiane Florin. Im SWR1-Leute-Gespräch weist sie auf die enge Zusammenarbeit zwischen Staat und Kirchen in Deutschland hin – im sozialen Bereich, bei der Gesundheit oder Bildung. Vor diesem Hintergrund wollten Politikerinnen und Politiker nicht auf Konfrontationskurs mit den Kirchen gehen. Das lohne sich politisch nicht, bekommt sie von ihnen häufig zu hören, "Missbrauch ist kein Gewinnerthema". Ein weiteres Motiv sei die Angst um Wählerinnen - die Kirchen hätten noch immer viele Unterstützer.

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Die Kritik an Alt-Erzbischof Zollitsch reißt nach den Enthüllungen über vertuschten Missbrauch in der Kirche nicht ab. Die jüngste Reaktion fällt besonders scharf aus.

SWR4 BW am Nachmittag SWR4 Baden-Württemberg

ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp verband ihre Kritik an Robert Zollitsch mit der Forderung, dass der Deutsche Bundestag eine Wahrheitskommission einsetzt. Das wäre doch mal eine Maßnahme!

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