Was wäre Ihnen lieber, eine kalte Wohnung im kommenden Winter oder der Verlust Ihres Arbeitsplatzes? Vor diese Wahl sieht uns der Arbeitgeberverband Südwestmetall gestellt, wenn wir auf russisches Erdgas verzichten müssten. Dass diese Situation tatsächlich eintreten kann, ist offensichtlich, seitdem Russland vor einigen Tagen den Gashahn für Lieferungen nach Polen und Bulgarien zugedreht hat.
Für den Fall, dass Deutschland das gleiche Schicksal droht und dann schlicht zu wenig Gas für zu viele Verbraucher verfügbar ist, gibt es staatliche Notfallpläne. Sie sehen vor, dass Privatverbraucher bevorzugt beliefert werden. Das Nachsehen hätte in diesem Fall die Industrie, was der verständlicherweise gar nicht gefällt. Deshalb fordert der Arbeitgeberverband Südwestmetall nun die Gleichbehandlung von privaten und industriellen Kunden, wenn das Gas knapp wird. Andernfalls wären "massive Arbeitsplatzverluste die Folge". Das ließe sich laut Verband allerdings verhindern, wenn wir, die Privatverbraucher, im Fall der Fälle "lieber die Heizung im kommenden Winter etwas zurückdrehen" würden.
Schöne Aussichten sind das nicht. Vor allem nicht für die Beschäftigten der Industrie. Die sitzen sowieso im Kalten, wenn man die Argumentation des Arbeitgeberverbands weiterdenkt. Beim "Verlust ihres Arbeitsplatzes" werden sie angesichts der Preisentwicklung für Energie kaum eine andere Wahl haben, als "die Heizung etwas zurückzudrehen". Das sind die praktischen Folgen der vielbeschworenen deutschen Abhängigkeit vom russischen Erdgas. Ein skrupelloser Potentat mit Großmachtfantasien im Kreml kann uns nach Belieben vor die Wahl "Pest oder Cholera" stellen, oder eben: kalte Wohnung und/oder arbeitslos.